Das Oberbayerische Volksblatt (OVB) vom 4. Mai 1974
Jagd auf Badewannen-Mörder, Linken-Panik bei CSU und „Internationaler Striptease“ in Waldkraiburg
Wieder einmal schauen wir an diesem Samstag ins Zeitungsarchiv: Was berichteten unsere Kollegen vor 50 Jahren? Blickt mit uns in die Ausgabe des Oberbayerischen Volksblatts (OVB) vom 04. Mai 1974:
Rosenheim - „Die Kriminalpolizei jagt derzeit den Täter, der Maria W. aus Ampfing in ihrer Badewanne ertränkt hat. Seit gestern nachmittag bestehen für die Kripo kaum mehr Zweifel darüber, daß der 60-jährige Techniker Heinrich W. aus München für die Tat in Frage kommt. Er soll auch die 7000 Mark gestohlen haben, mit denen [sie] einen Urlaub bei ihrem Sohn in England verbringen wollte“, berichtet die Zeitung an jenem Tag. „Als sicher gilt bereits, daß es sich bei Heinrich W. um jenen Unbekannten handelt, der vom 22. bis 26. April, dem Todestag der 58-Jährigen, bei [ihr] zu Besuch war. Auf die Spur führte die Mühldorfer Polizei ein blauer VW 411, der von [ihm] in München unterschlagen worden war und der vom 22. bis 26. April vor der Wohnung von Maria Wilson stand. Der Wagen wurde von der Kriminalpolizei in Landshut aufgefunden.“
Der zuvor verschollene Zwegpudel des Opfers sei zwischenzeitlich wieder aufgetaucht. „ Das Tier wurde ausgerechnet von einer Ampfingerin an der Bundesstraße 15 zwischen Taufkirchen an der Vils und Landshut gesehen. Der völlig verschüchterte Pudel ließ sich von der Frau nicht einfangen. Ebenfalls zwischen Taufkirchen an der Vils und Landshut wurden am Straßenrand das Hundekörbchen sowie mehrere Kleidungsstücke gefunden, die die Mühldorfer Kripo auf die Spur von Heinrich W. brachten, der der Polizei kein Unbekannter mehr ist.“ Die Tat sollte die Region noch eine ganze Weile im Bann halten, als sich W. schließlich für die Tat vor Gericht verantworten musste, fiel seine Verteidigung bizarr aus.
Das Oberbayerische Volksblatt (OVB) vom 4. Mai 1974: Jagd auf Badewannen-Mörder, Linken-Panik bei CSU und „Internationaler Striptease“ in Waldkraiburg
„Wir haben in der Verwaltung tagelang dagesessen und uns den Kopf zerbrochen. Ein Abteilungsleiter ging tränenden Auges aus den Sitzungen, weil seine berechtigten Wünsche nicht erfüllt werden konnten“, zitiert die Zeitung in einem Beitrag über die Kreishaushalts-Debatte Regierungsdirektor Dr. Euler. „Der erhöhte Hebesatz sieht aus der Kreisumlage für den Kreishaushalt 1974 eine Einnahmensteigerung von 19,3 auf 24,3 Millionen Mark vor bei einem Gesamtvolumen des Etats von 99 Millionen Mark. In der letzten Sitzung des Kreisausschusses verteidigte Landrat Knott die Notwendigkeit dieser Mehreinnahmen, während SPD-Fraktionssprecher Rasp mitteilte, daß seine Fraktion beschlossen hat, den Entwurf des Kreishaushaltes 1974 in dieser Form abzulehnen.“
Die Gefahr durch Linksextremisten treibt schließlich die Kreis-CSU damals um: „In seiner letzten Sitzung befaßte sich der Vorstand des Kreisverbandes Rosenheim-Stadt der CSU [....] auch mit der ständig zunehmenden politischen und gesellschaftlichen Radikalisierung. [....] Es bleibe die vornehmste Aufgabe des CSU-Kreisverbandes und aller seiner Mitglieder, der Bevölkerung auf jede nur mögliche Weise die systemverändernden Taktiken des radikalen SPD-Flügels nahe zu bringen. [...] Kreisvorsitzender Dr. Stöcker begrüßte die in Rosenheim geplante Ausstellung der Hans-Seidel-Stiftung über linksradikale Umtriebe in der BRD. Dort werde [....] die radikale Linke — zum Teil eng mit Randgruppen der SPD verbunden — schonungslos enttarnt.“ Dabei sollte es übrigens nicht bleiben. Auch wenn es damals nie zu einer solchen Aktion kam, erfasste nur wenig später die Konservativen im Kreis Rosenheim die Sorge vor Hausbesetzern.
Einkaufszentrum in Rosenheim wirbt mit Paul Breitner, Club in Waldkraiburg mit Stripperinnen
Doch es gibt auch gute Nachrichten: „2070 Mark für einen guten Zweck übergab Geschältslührer Günther Wiesmeier vom Rosenheimer Tanzlokal Pub 1800 in Vertretung seines Chefs Josef Oberberger dem Zweiten Bürgermeister der Stadt Rosenheim, Dr. Michael Stöcker. Das Geld ist für die behinderten Kinder des Christopherheimes in Brannenburg bestimmt und setzt sich aus dem Erlös einer Tombola und der Versteigerung eines von den Spielern des FC Bayern signierten Fußballs zusammen“, so die Zeitung in einem weiteren Beitrag.
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Und zum Schluss: Die Werbung. „Es stimmt schon, im ‚dez‘ ist immer was los!“, wirbt das gleichnamige Einkaufszentrum und weißt auf das „2. Rosenheimer Volksradfahren“ und eine Autogrammstunde mit Paul Breitner als Attraktionen der kommenden Tage hin. Andernorts bewirbt man eine andere Art der Unterhaltung. Der „Horse Club“ Waldkraiburg wirbt unterdessen für sein „Internationales Striptease-Programm mit der charmanten Vloletta Blondy, der bildschönen rassigen Spanierin Carmen Silva und dem farbigen Star Miss Baker“.
hs