Das Oberbayerische Volksblatt (OVB) vom 13. April 1974
Verfolgungsjagd auf der B15, Übler Unfall auf der A8 und Ärger um fehlende Klos für Touristen
Wieder einmal schauen wir an diesem Samstag ins Zeitungsarchiv: Was berichteten unsere Kollegen vor 50 Jahren? Blickt mit uns in die Ausgabe des Oberbayerischen Volksblatts (OVB) vom 13. April 1974:
Rosenheim - „Nach einer längeren Verfolgungsjagd auf der Bundesstraße 15 nahm die Besatzung eines Streifenfahrzeuges der Landespolizeistation Brannenburg einen Mann fest, der in Flintsbach an einem Verkehrsunfall beteiligt war. Nachdem der Flüchtige, der versucht hatte, der Polizei mit seinem Wagen zu entkommen, einen zweiten Unfall verursacht hatte, setzte er seine Flucht zu Fuss fort. Aber schon nach kurzer Zeit konnte der Mann im Gelände des Papierwerks in Redenfelden gestellt werden“, berichtet die Zeitung an jenem Tag.
„Fünf Schwerverletzte und 7000 Mark Schaden, das ist die Bilanz eines Unfalls auf der Autobahn München-Salzburg. Nach Mitteilung des Rosenheimer Verkehrszuges geriet am Irschenberg ein mit fünf Jugoslawen im Alter zwischen 20 und 39 Jahren besetzter Ford infolge zu hoher Geschwindigkeit ins Schleudern, stellte sich quer und stürzte nach rechts über die Böschung, wo das Auto auf der linken Seite liegenblieb. Alle Insassen mußten in das Krankenhaus Bad Aibling gebracht werden“, heitß es in einem weiteren Bericht, illustriert mit einem Foto des komplett demolierten Fahrzeugs.
Das Oberbayerische Volksblatt (OVB) vom 13. April 1974: Verfolgungsjagd auf der B15, Übler Unfall auf der A8 und Ärger um fehlende Klos für Touristen
„Die Liebesaffäre ihrer Tochter mit einem Beamten brachte einen 40-jährigen jugoslawischen Gastwirt aus Rosenheim und seine Frau so in Rage, daß sich das Ehepaar dieser Tage wegen Kindsmißhandlung vor dem Rosenheimer Amtsgericht verantworten mußte.“ Die Tochter war bereits 18 Jahre, allerdings muss man bedenken, dass erst im Folgejahr 1975 die Volljährigkeit von 21 auf 18 angepasst wurde. Der Richter habe auf vier Monate Gefängnis, die zur Bewährung ausgesetzt wurden erkannt. Außerdem trug der Jugoslawe die Kosten des Verfahrens und musste 2000 Mark an das Bayerische Rote Kreuz in Rosenheim zahlen. „Die Misshandlungen, die der Angeklagte dem Mädchen verabreichte [....] haben mit erzieherischen Maßnahmen nichts mehr zu tun, sondern waren sinnlose und gröbste Quälereien, was das Mädchen an Hand von Bildmaterial einwandfrei belegen konnte. Die Mutter dagegen wurde freigesprochen, da sie nach Meinung des Richters nicht in der Lage war, ihrem gewalttätigen Gatten in den Arm zu fallen und dessen Ausschreitungen zu verhindern.“
Doch es gibt auch gute Nachrichten: „Die Deutschen finden wieder Spaß daran, in Deutschland Urlaub zu machen. Dies geht aus einer Umfrage hervor, die wir in Fremdenverkehrsorten zwischen Bad Feilnbach und Ruhpolding, Amerang und Aschau im Chiemgau hielten. Im vergangenen Jahr wurde in fast allen Gemeinden ein Rekord an Übernachtungszahlen ermittelt. Dieser erfreuliche Tatbestand wird allgemein auf steigende Kosten im Ausland und die Preiserhöhungen bei Flugreisen zurückgeführt.“
„Spiel ohne Grenzen“ wirft seine Schatten voraus
Doch das habe auch eine Kehrseite: „Viel Kopfzerbrechen bereitet den oberbayerischen Vermietern ein anderes Problem: das immer noch an den Bedürlnissen der ersten Nachkriegszeit ausgerichtete Angebot. Rund 80 Prozent aller Privatzimmer verlügen über keinen Komiort (Dusche, Bad, WC). Der Tourist aber ist vom Ausland her anderes gewöhnt. Im Urlaub erwartet er zumindest den gleichen Komfort, den er zu Hause als selbstverständlich erachtet. Der allgemeine Wohlstand trägt ein übriges dazu bei, daß sich der Tourist nicht mehr mit einem Zimmer mit Waschbecken zufriedengibt — auch wenn es von der reizvollsten Landschalt umrahmt wird.“, so die Zeitung weiter.
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Kommen wir, wie immer, zur Werbung: Mit am prominentesten sticht eine Anzeige für den „Stimmungs-Gaudi-Sonderzug“ hervor, der bereits in der Ausgabe von einer Woche zuvor großes Thema war. Neben dem „Eurovision Song Contest“ gab es einst noch einen anderen europaweiten Wettbewerb: Das „Spiel ohne Grenzen“, bei dem ausgewählte Städte mit ihren Mannschaften im nationalen und danach im internationalen Vergleich gegeneinander antraten. 1974 war dann die Stunde Rosenheims dabei und die heimische Mannschaft sorgte für Begeisterung.
hs