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„Rosenheimer Anzeiger“ und „Wendelstein“ vom 20. Januar 1899

Der „Wendelstein“ bekommt wegen Kaffee-Werbung einen Rappel und Tod nach dem „Drischlbier“

Wieder einmal schauen wir an diesem Samstag ins Zeitungsarchiv: Was berichteten unsere Kollegen im Jahr 1899? Blickt mit uns in die Ausgaben des „Rosenheimer Anzeiger“ und des „Wendelstein“ vom 20. Januar 1899:
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Wieder einmal schauen wir an diesem Samstag ins Zeitungsarchiv: Was berichteten unsere Kollegen im Jahr 1899? Blickt mit uns in die Ausgaben des „Rosenheimer Anzeiger“ und des „Wendelstein“ vom 20. Januar 1899:

Wieder einmal schauen wir an diesem Samstag ins Zeitungsarchiv: Was berichteten unsere Kollegen im Jahr 1899? Blickt mit uns in die Ausgaben des „Rosenheimer Anzeiger“ und des „Wendelstein“ vom 20. Januar 1899:

Rosenheim – „In der ‚Warnung‘ vor der Zugabe zum Feigenkaffee der Firma Pasing, dem ‚Kanzler von Tyrol‘, findet sich ein sinnstörender Druckfehler. Der Verfasser lässt nämlich (Seite 79) den Kanzler sagen: Ewigkeit, Licht und Ruhm, ihr seid eines - das ist nichts. Also auch die Ewigkeit ist dem Kanzler beziehungsweise dem Verfasser des famosen Sudelwerkes ein NICHTS!“, verkündet der „Wendelstein“ unter der Rubrik „Vermischte Nachrichten“ an diesem Tag. Was ist da nur los, mag man sich fragen?

Erst einmal: Was ist Feigenkaffee? Schlicht und ergreifen, Kaffee-Ersatz aus Feigen. Er hat seinen Ursprung vermutlich Mitte des 18. Jahrhunderts in Oberitalien. Worum geht es nun aber konkret? Der erste Teil der Antwort darauf wiederum findet sich in Form einer ganzseitigen und somit vermutlich für das werbende Unternehmen nicht billigen Anzeige auf Seite fünf des „Rosenheimer Anzeigers“ an jenem Tag: „Bekanntmachung. Erschienen ist nunmehr die historische Geschichte: ,Der Kanzler von Tyrol‘“, heißt es in deren Text, „Jeder Käufer des ‚echten Tyroler Kanzler Feigen-Kaffee‘ erhält bei Einkauf von einem Pfund ein Exemplar dieser historischen Erzählung.“ Verantwortlich zeichnet „Bruno Stäblein, Feigencaffeefabrik Pasing.“

Der „Wendelstein“ bekommt wegen Kaffee-Werbung einen Rappel und Tod nach dem „Drischlbier“

Weiterhin gilt es, einen Blick in den „Wendelstein“ vom 17. Januar zu werfen. „Warnung! Die Feigenkaffee-Fabrik Pasing gibt, wie in einer Reihe von Blättern annonciert wurde, jedem Käufer bei Einkauf von ein Pfund Feigenkaffee ein Exemplar der ‚historischen‘ Geschichte: ‚Der Kanzler von Tirol‘ als Gratisbeigabe. Diese angebliche ‚historische‘ Erzählung ist aber ein SCHUNDROMAN der ALLERSCHLECHTESTEN SORTE, vor dem auf das eindringlichste GEWARNT WERDEN muss.“ Denn darin würde der Jesuitenorden „auf das gröblichste beleidigt. Es sei zudem versetzt mit Grammatik- und Rechtschreibfehlern und insgesamt „eine BELEIDIGUNG FÜR JEDEN KATHOLIKEN“.

Bei dem den Zorn des „Wendelstein“ erregenden Werk handelt sich um einen historischen Roman von Herrmann von Schmid, in dem es um die Geschichte Wilhelm Bieners, eines österreichischen Juristen und Tiroler Kanzlers geht. Auf rund 600 Seiten geht es dabei zu einem wesentlichen Teil um den Konflikt zwischen der durch die Jesuiten repräsentierte katholische Kirche und die freien Tiroler Stände, was gleichzeitig als Konflikt zwischen „welschen“ und „deutschen“ Gesinnungen dargestellt wird. Erst 13 Jahre zuvor war der „Kulturkampf“ zu Ende gegangen, der offene Konflikt zwischen Preußen und dann dem Deutschen Kaiserreich und der Katholischen Kirche. Sichtlich schwelt dieser Konflikt noch immer nach und „Der Wendelstein“ als „Katholisches Volksblatt für das bayerische Oberland“ wurde entsprechend durch diesen Roman provoziert. Erst im Dezember des vorherigen Jahres hatte er sich einen wüsten Schlagabtausch mit einer anderen Zeitung geliefert, nachdem diese wiederum ihn derbe beleidigt und als Marionette der Kirche bezeichnet hatte.

Fasching bestimmt weiter den Alltag, Tod nach dem „Drischlbier“

Was beschäftigt unterdessen den „Anzeiger“? Zum Beispiel der Fasching, wie man einem Bericht über den „Ehrenabend im Wilden Casino“, der zwei Tage zuvor stattgefunden hatte, entnehmen kann. „Es waren köstliche Stunden frohen Beisammenseins“, schwärmt der Autor. Auch weiter hinten, im Anzeigenteil der Ausgabe findet sich noch reichlich Werbung, beispielsweise für das „Carnevals-Kränzchen“ der Alpenvereins-Sektion Rosenheim. „Alles erscheint im Berg- oder Touristen-Anzug.“ Oder für die „Maskierte Carnevalsunterhaltung“ des „Velocipid-Club Rosenheim.“

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Der „Wendelstein“ wiederum berichtete aus Altmühldorf, dass der beim Drischlbier „ohnmächtig gehauene“ Tagelöhner Franz Rödl nun seinen Verletzungen erlegen sei. Das „Drischlbier“ wurde nach verrichteter Arbeit den Dreschern gereicht wurde, wie die Bayerische Akademie der Wissenschaften im „Bayerischen Wörterbuch“ erklärt. Der „Anzeiger“ wiederum berichtet von einem üblen Unfall bei Kufstein: Ein Dienstknecht sei von dem nach Rosenheim abfahrenden Zug überfahren worden, nachdem er trotz Warnungen des Wechselwärters die Gleise überschritt. Er sei seinen schweren Verletzungen erlegen. Noch ein Blick in die Anzeigen zum Schluss: Im „Wendelstein“ sucht die „Hamburg-Amerika-Linie“ nach Agenten. Allerdings für ihre Schiffahrtslinie von Genua nach New York, die zu diesem Zeitpunkt die verhätlnismäßig leichter zu erreichende für Menschen aus der Region gewesen sein dürfte. Dabei muss man bedenken, dass zu diesem Zeitpunkt noch die letzte größere Welle der Auswanderung in die USA stattfand. „VIel zu billig!“ sei sein Kaffee, verlautbart wiederum „Carl Stemplinger, im Hotel König Otto“ im „Anzeiger“.

hs

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