Der „Rosenheimer Anzeiger“ und der „Wendelstein“ vom 27. Januar 1899
Der „Anzeiger“ ist im Kaiser-Geburtstags-Fieber und findet Schlittenfahren vom Brünnstein echt gut
Wieder einmal schauen wir an diesem Samstag ins Zeitungsarchiv: Was berichteten unsere Kollegen im Jahr 1899? Blickt mit uns in die Ausgaben des „Rosenheimer Anzeiger“ und des „Wendelstein“ vom 27. Januar 1899:
Rosenheim - „Vergangene Woche wurde von dem Jagdpächter Herrn Franz Bischof, Privatier aus München, in seiner Jagd in der Nähe von Gars ein Wilderer aufgegriffen, gerade in dem Augenblicke, als derselbe die Schlingen wieder aufrichten wollte“, berichtet der „Wendelstein“, „Der Wilderer hat dieses seine Handwerk schon längere Zeit betrieben, ohne das man ihn erwischen konnte, nun wird ihm aber das unbefugte Jagdausüben wohl für längere Zeit eingestellt werden.“
Titelthema allerdings sind die Zustände in den damaligen deutschen Kolonien in Afrika, konkret fragwürdige Hinrichtungen die „zu Volksbelustigungen“ geworden seien. Man darf vermuten, dass dies auch geschieht, da der katholische „Wendelstein“ eine eher reichskritische Haltung vertritt. Demgegenüber titelt der „Anzeiger“ mit einer fast ganzseitigen Geschichte über den 41. Geburtstag von Kaiser Wilhelm II.. Weiter hinten im Blatt findet sich dann noch ein dem Anlass gewidmetes Gedicht. Schon, als dieser im Jahr zuvor einen wenige Minuten dauernden Aufenthalt mit seinem Sonderzug auf dem Rückweg von seiner Palästinareise in Rosenheim hatte, war dies dem „Anzeiger“ neben einer Titelgeschichte auch noch mehrere Sonderberichte wert.
Der „Rosenheimer Anzeiger“ und der „Wendelstein“ vom 27. Januar 1899: Der „Anzeiger“ ist im Kaiser-Geburtstags-Fieber und findet Schlittenfahren vom Brünnstein echt gut
Aber auch bayerischer Patriotismus findet an diesem Tag im „Anzeiger“ seinen Platz, in Form der Wiedergabe einer Kriegsanekdote eines „langjährigen Lesers“ aus dem Deutsch-Französischen Krieg von 1870/71. Zusammengefasst geht es darum, wie Prinz Leopold von Bayern, damals noch Batteriechef einer Artillerie-Kompanie, der es später bis zum Generalfeldmarschall schaffte, inspirierend auf seine Truppen einwirkte. Einer der Veteranen sei davon so beeindruckt gewesen, dass er bei einer späteren Audienz gefragt: „Was wünschen Sie?“ nur geantwortet habe: „Nur meinen Hauptmann wiederzusehen, Königliche Hoheit!“
Der „Wendelstein zu seinem Teil berichtet aus der jüngsten Sitzung des Stadtrats von Rosenheim. Konkret beispielsweise, dass eine ganze Reihe von Gastronomiebetrieben und Vereinen „Tanzmusikerlaubnisse“ für ihre Faschingsveranstaltungen erhalten hätten. Daneben listet er eine Reihe von Urteilen des Königlichen Amtsgerichts in Aibling auf. Unter anderem wurde der Tagelöhner Josef Althammer wegen Körperverletzung zu einer Freiheitsstrafe von zehn Monaten verurteilt.
Weiter Einladungen zu Faschingsveranstaltungen
Unter „Letzte Telegramme“ erfahren wir Im „Anzeiger“, dass die Schlittenfahrt vom Brünnsteinhaus „eine ganz vorzügliche“ sei. „Bis Wahl ist eine prächtige Schlittenbahn. Der Aufstieg ist sehr bequem und für die Unterhaltungsverhältnisse ist auf das Beste gesorgt.“ Der Wetterbericht im „Anzeiger“ verspricht für den Tag „Bei leichtem Froste im Norden Bayerns Aufklären, im Süden wolkiges Wetter.“
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Werfen wir zum Abschluss noch einen Blick in den Anzeigenteil: „!!Wer sparen will!!“, schreit uns eine Annonce im Anzeiger entgegen, solle sich „Traunsteiner Feigenkaffee von L. Bitter, welcher wegen seiner Echtheit und Herstellung aus italienischen Feigen, Prima Qualität, am ausgiebigsten ist“ kaufen. Der „Pfeifen-Club Rosenheim“ lädt außerdem zum „Maskierten Tanzkränzchen“. Im „Wendelstein“ wiederum inserier der Kaufmännische Verein Rosenheim für seine „Carnevals-Unterhaltung“ im Hofbräusaal.
hs