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„Der Wendelstein“ und der „Rosenheimer Anzeiger“ vom 30. Dezember 1898

Wüster Zeitungs-Streit, Panik in Priener Pfarrkirche und Erbauliches zu Weihnachten

Blickt mit uns in die Ausgabe des „Rosenheimer Anzeiger“ und des „Wendelstein“ vom 30. Dezember 1898.
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Blickt mit uns in die Ausgabe des „Rosenheimer Anzeiger“ und des „Wendelstein“ vom 30. Dezember 1898.

Wieder einmal schauen wir an diesem Samstag ins Zeitungsarchiv: Was berichteten unsere Kollegen zwischen Weihnachten und Neujahr im Jahr 1898? Blickt mit uns in die Ausgabe des „Rosenheimer Anzeiger“ und des „Wendelstein“ vom 30. Dezember 1898:

Rosenheim - „Die scham- und sittenlose ‚Neue freie Volkszeitung‘ schreibt angeblich: Aus Rosenheim: ‚Der Rosenheimer sogenannte Nachttopf, fälschlich auch Wendelstein genannt, welcher mit Vorliebe die Excremente der journalistischen Zentrumsbanditen aufnimmt, wurde am Weihnachtssonntag wieder entleert. Es kam hierbei wieder so viel Gemeinheit, Lüge, Verleumdung und bloßer Brotneid zu Tage, dass es uns anekelt, näher darauf einzugehen“, schreibt „Der Wendelstein“ gleich in einer seiner ersten Titelgeschichten dieser Ausgabe In diesem Tonfall geht es weiter. Auch der „Wendelstein“ selbst schießt zurück und bezeichnet seine Gegner, unter anderem, als dumm.

Solch ein rauer Ton, in Zeiten vor unserer heutigen Kommentar-Kultur im Internet? Oh ja. Erst zwölf Jahre zuvor war der „Kulturkampf“ zu Ende gegangen, der offene Konflikt zwischen Preußen und dann dem Deutschen Kaiserreich und der Katholischen Kirche. Sichtlich schwelt dieser Konflikt noch immer nach, während sich „Der Wendelstein“ als „Katholisches Volksblatt für das bayerische Oberland“ verortet ist die „Volkszeitung“ der Regierung in Berlin nahestehender. Zuvor hatte sich „Der Wendelstein“ auch mit seinem lokalen Konkurrenten, dem „Rosenheimer Anzeiger“ hatte sich das Blatt während des Konflikts Schlagabtäusche geliefert.

„Der Wendelstein“ und der „Rosenheimer Anzeiger“ vom 30. Dezember 1898: Wüster Zeitungs-Streit, Panik in Priener Pfarrkirche und Erbauliches zu Weihnachten

Dieser schrieb in einem Bericht aus dem September 1871, bei einem Feuerwehreinsatz in der Stadt habe eine dem „Wendelstein“ nahestehende Person plötzlich angefangen, den Berichterstatter des „Anzeigers“ verbal anzugehen. „Aber morgen müsst‘s den Wendelstein lesen, der haut den Rosenheimer Anzeiger bis zum Watzmann“, habe er mit „wie uns dünkt schwäbischem Dialekt“ verkündet. In seiner Replik teilt dann damals der Anzeiger wiederum gegen den „Wendelstein“ aus und wirft diesem, unter anderem,. vor, ständig nur bei anderen Blättern abzuschreiben..

Diese Blicke ins Zeitungsarchiv gab es schon:

Inflation und Mord-Drama am Waginger See: Das bewegte die Region vor 100 Jahren

Preußen-Bashing durch den „Kini“, Ehrungen und „Siegestropfen“: Die Zeitung vor 150 Jahren

150 Jahre alte Flachwitze, alles wird teurer und die Rinderpest rollt an

Der Kaiser dampft durch Rosenheim und ein grässlicher Unfall in Wasserburg

Post für den „Anzeiger“, Warnung vor Brasilien und drakonische Strafen für Landstreicher

Hoher Besuch auf der Weihnachtsdult, der Schmuggel blüht und „Krautwasserwurst“-Verbot

Marktverbot wegen Seuche, ein heftiger Sturm und zwei üble Verbrecher vor Gericht

„Der Wendelstein“ mag „Fischer-Franzl“ nicht, ein Hochstapler in Mühldorf und Altötting wird Stadt

Kommunisten-Sperlinge, Baustellenverzögerungen bei der Bahn und Streitaustragung per Anzeige

Aber zurück ins Jahr 1898: „Panik in der Pfarrkirche“, berichtet der „Anzeiger“ aus Prien: „Während der Christmesse hatte Herr Pfarrer angeordnet, dass zwei brennende Christbäume rechts und links bei dem Hochaltare aufgestellt werden sollten. Im Verlauf der Christmesse fingen die Äste zu brennen an und das Publikum fing an Unruhe zu zeigen, welche sich jedoch bald legte. Die Kirche war dicht mit Andächtigen gefüllt. Als Ursache des glücklich verlaufenen Vorkomnisses ist die Unvorsichtigkeit zu bezeichnen, welche bei der Stellung der Christbäume verursacht wurde.“

Wohltätigkeit bringt Weinachtsfreuden

„Aus Pfarrkirchen wird gemeldet: Gestern Nacht gegen halb 10 Uhr hat das übliche Weihnachtsausschießen wieder einmal ein junges Menschenleben gefordert“, berichtet wiederum „Der Wendelstein“, „Eine Frauensperson machte sich das Vergnügen mit einem Revolver durch das Dachfenster in die Nacht hinauszuschießen.“ Beim Nachladen sei es dann zum Unglück gekommen: „Plötzlich krachte ein Schuss und der ihr gegenüber auf einem Stuhle sitzende Lehrling Albert Mühlbauer stürzte, ins Herz getroffen, zu Boden. Die sofort herbeigeholten Ärzte konnten nur noch den Tod des jungen Menschen konstatieren.“

Der „Anzeiger“ hat schließlich noch eine erbauliche Geschichte zu berichten: „Der Wohltätigkeitssinn hiesiger Kreise bewährte sich auch heuer, wo durch das Brandunglück in der Spinnerei vermehrter Anlass gegeben war, Weihnachtsfreude an Stelle der Sorge, unter den mitbetroffenen Arbeitern zu schaffen.“ Ende November jenen Jahres war es zu einem verheerenden Brand in dem Betrieb in Kolbermoor gekommen „Am 1. Weihnachtsfeiertag wurden unter den Mitgliedern der Gesellschaft Concordia eine Reihe von freigiebiger Hand gespendete Geschenke unentgeltlich zur Auslosung gebracht:“ Außerdem habe der Verein für Freiwillige Armenpflege eine Christbaumfeier für bedürftige Schulkinder abgehalten, „Auch hier hat die Privatwohltätigkeit Einzelner noch viele Freude bereitet und manche Träne getrocknet.“

hs

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