Teil 1 über den „Hellseher“ aus Freilassing
„Rätsel um Alois Irlmaier“: So wurde 1949 im OVB berichtet
BGLand24.de wirft wieder einmal einen Blick ins Zeitungsarchiv, diesmal allerdings zu einem speziellen Thema: Wie wurde über den „Hellseher“ aus Freilassing, Alois Irlmaier berichtet? Wir betrachten die zeitgenössische Berichterstattung in Schlaglichtern, diesmal das Jahr 1949:
Freilassing/Rosenheim - „Der Amtsrichter in Laufen lächelte spöttisch, als ihm der Freilassinger Brunnenbauer Alois Irlmaier vorgeführt wurde, ‚Sie können also hellsehen? Sehr schön! Das Beste wäre, Sie gäben uns einen Beweis dafür!‘ Der magere, grauhaarige Mann blieb ernst. ‚Ihre Frau ist daheim. Ein rotes Kleid hat sie an und ein fremder Herr ist bei Ihr. Lassen‘s nachschauen, obs stimmt!‘ Es stimmte und die Zeugenaussagen bestätigten noch mehr“, so heißt es im ersten im Oberbayerischen Volksblatt (OVB) am 13. Oktober 1949 unter der Überschrift „Rätsel um Alois Irlmaier - Ein Freilassinger Brunnenbauer kann hellsehen“ erschienen Bericht.
Irlmaier wurde 1894 in Scharam zwischen Siegsdorf und Eisenärzt geboren und lebte später als Brunnenbauer in Freilassing. Einen Namen machte er sich als Rutengänger und „Wahrsager“, in den 1940er- und 1950er-Jahren wurde er auch von Weitgereisten nach seinen Visionen gefragt. Noch heute ist Irlmaier für seinen Ruf bekannt, das Internet ist voll mit angeblichen Vorahnungen Irlmaiers. „Alois Irlmaier war mit Sicherheit zu vielschichtig, um ihm mit wenigen Sätzen gerecht zu werden. Er war ein Mann aus dem Volke, bäuerlicher Abstammung, mit einer außergewöhnlichen Begabung, Wasseradern und -quellen zu finden. Mit dieser irgendwie doch etwas übernatürlichen Fähigkeit sicherte er seine Existenz und gewann dann das Vertrauen der Menschen für sein eigentliches Metier – die Hellseherei“, erklärte der Berchtesgadener Autor Stephan Berndt, der seit drei Jahrzehnten über Irlmaier forscht und dessen Vorträge in Berchtesgaden stets ausverkauft sind.
Alois Irlmaier: So berichtete das OVB über sein Wirken in den 1940er-Jahren
Der Bericht im OVB bezieht sich auf einen Prozess gegen Irlmaier Ende der 1940er Jahre, in dem er von einem Pfarrer wegen Betrugs und Gaukelei angezeigt worden war, was nach dem bayerischen Polizeistrafgesetzbuch bis 1957 als Straftat galt. Der Bericht geht weiter: „‘Hallo Herr Irlmaier‘. Zögernd kommt der Alte heraus, ‚Was wollen‘s denn? I sag nix mehr!‘ Es kommt aber doch eine spärliche Unterhaltung über den Zaun zustande.“ Dabei bekennt er sich zum Rutengehen, äußert sich aber nicht mehr zum Thema Hellsehen. „Die Freilassinger schwören auf ihren Irlmaier und es ist nicht zu bestreiten, dass er mindestens das Gegenwärtige, die Zukunft eines Jahres etwa inbegriffen hellsieht, soweit es sich um einzelne Menschen oder einen ihm nahestenden Kreis von Personen handelt.“
Einige Zeit später, am 6. Dezember 1949 dann berichtet das OVB: „Da eine von dem bekannten Freilassinger Hellseher Irlmaier schon vor Monaten gemachte Prophezeiung von verschiedenen ‚Heimatzeitungen‘ jetzt immer sensationeller aufgemacht wird, geben wir unseren Lesern im Folgenden das wieder, was Irlmaier damals sagte: Es gibt wieder einen großen Krieg, wenn das Getreide reif ist, aber das Jahr kann ich leider nicht sagen. Das ganze Gebiet östlich von Linz wird eine einzige Wüste werden, aber hier im Süden und Westen ist nichts zu befürchten. Dieser Krieg wird nur vier Monate dauern, aber der schrecklichste der Weltgeschichte sein. Budapest und Prag werden dabei vernichtet werden. In diesem Ringen werden Waffen zur Anwendung kommen, dass die Panzer noch weiterrollen, wenn die Männer, die in ihnen sitzen, schon tot sind.“
1950: Irlmaier wiederruft Prophezeiung
Diese Prophezeiung dürfte einen Nerv getroffen haben. Es sind gerade einmal vier Jahre seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs. Die Weltlage ist auch nicht unbedingt stabil, überall toben weiterhin Kriege, Bürgerkriege und andere Konflikte. Der Kalte Krieg ist in vollem Gange. Etwa zum Jahreswechsel von 1948 auf 1949 wünschten sich Leser des OVB vor allem eines: Eine Rückkehr zu Normalität. Das findet sich etwa so in einer Reportage: „Lisbeth Zörr ist Kellnerin. Sie möchte im neuen Jahr ihren Gästen für weniger Marken und Geld fett- und fleischreichere Speisen servieren können. Den alten Stammgästen im Jahre 1949 wieder wie früher ordentliche Schweinshaxen mit Kraut auf den Tisch bringen zu können, ist ihr sehnlichster Wunsch.“
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„Dem Parapsychologen Prof. Dr. Kritzinger erklärte der Freilassinger Brunnenbauer Irlmaier, dass die Zuverlässigkeit seiner ANgaben bedenklich gesunken sei“, meldet am zweiten März 1950 dann das OVB, „Von den Presseberichten über seine Visionen zu einem dritten Weltkrieg rückt Irlmaier weit ab. Ein echter prophetischer Charakter der Visionen ist nach Prof. Kitzinger bei Irlmaier nicht zu begründen.“
Soweit aus den ersten Jahren der Berichterstattung zu Irlmaier. Demnächst folgen weitere Teile darüber, wie die lokalen Zeitungen in der Folge über ihn berichteten
hs