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„Dahoam am Land“ - die Familienkolumne von Andreas Reichelt, Folge 25

Mir fehlt die Schulzeit: Als Vater nach 30 Jahren zurück im Klassenzimmer des GymPan

„Dahoam am Land“ - die Familienkolumne von Andreas Reichelt, Folge 25
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„Dahoam am Land“ - die Familienkolumne von Andreas Reichelt, Folge 25

Ich stehe nach weit über zwei Jahrzehnten wieder in meiner alten Schule und warte auf den Schulleiter. Nein, ich habe nichts angestellt. Zumindest nicht heute. Ich habe einen Termin. Doch schlagartig fallen mir so viele Geschichten ein, dass ich glasige Augen bekommen. Erwachsenwerden ist halt ein Falle. Ich schreibe mir das alles auf, nur für mich. Und für Dich natürlich.

Dahoam - Die Krux am Landleben ist, dass es von jeder Schule nur ein Exemplar gibt, das vom ÖPNV angesteuert wird. Wer also bei uns in Neuhofen lebt, der geht automatisch nach Pfarrkirchen aufs Gymnasium. Auf meine alte Schule. Dahin also, wo ich früher mein Unwesen trieb. Und wo ich mein gesamtes Leben danach gern wieder meinen Alltag bestreiten würde. Wenigstens gibt es Elternsprechtage, -abende und Tage der offenen Tür. Und natürlich den Elternbeirat. So komme ich ab und an in meinen Sehnsuchtsort zurück.

Nostalgie, so bezeichnet man gemeinhin das Heimweh nach früher. Das untrügliche Wissen, dass es nach dem Schulabschluss nur noch bergab geht, und man daher am besten immer Kind, immer Schüler bleiben sollte. Das war übrigens der einzige Grund dafür, dass ich Jahrgangsstufe 9 gleich zweimal absolviert habe. Na ja, fast.

„Blast from the past“ - Wenn die Erinnerung vorbeischaut

Nun stehe ich also hier vor dem Sekretariat, das übrigens früher das Lehrezimmer war, wenn ich mich recht entsinne. Ich warte auf die Rezertifizierungsprüfung des Berufswahlsiegels, die ich als Elternvertreter absolvieren soll. Doch eigentlich bin ich gar nicht als Elternteil hier. Eher fühlt es sich an, als sei ich - kurz nachrechnen - zum 30. Mal in der 9. Klasse.

Innerlich warte ich auf meine Kumpels, um die Disketten für VGA Planets zu tauschen. Rundenbasierte Sci-Fi, bei der man auf den Zug des Mitspielers warten musst, bis er einem diesen auf Diskette gespeichert zurückgab. Ich kann die Seiten des Katalogs für CDs und Kassetten in Händen spüren, der einmal durch die Klasse wanderte, bis alle die neuesten Alben von Pearl Jam oder den Stone Temple Pilots bestellt hatten. Mit der Postkarte. Und auf deren Auslieferung man dann sechs bis acht Wochen warten musste.

Hach, die gute alte Zeit

Ich suche nach den Jungs, die als Räuber vor den Gendarmen flüchtend vorbeilaufen, aber alle starren nur auf ihre Handys oder schreiten in gemächlichem Tempo durch die Flure, sprechen über Lehrer, die sie gernhaben. Ernsthaft? Nun, vielleicht bin ich versehentlich in einem Paralleluniversum gelandet? Ich sehe auch keine Punks, keine Skater, nicht einmal eine Gruppe langhaariger Metalheads läuft vorbei. Irgendwie sehen sie alle gleich aus. Und viel zu brav.

Die Treppe vor mir ist mir wohlbekannt. Manchmal bin ich am Geländer runtergerutscht, an anderen Tagen nahm ich die letzten sechs Stufen mit einem Satz. Ginge heute auch, allerdings bräuchte ich dann ein Taxi mit Blaulicht. Liegendtransport. Man soll mit Schenkelhalsfrakturen nicht spaßen. Im Klassenzimmer neben mir habe ich mal im gespielten Schaukampf meinen besten Freund gegen die Gipskarton-Wand gezimmert. Ja, das waren noch Zeiten. Keine Klage auf Schadensersatz oder Schmerzensgeld, sondern ein Schulterklopfer und ein „Wieder gut?“, gefolgt von einem obligatorischen „Fralli!“

Von Schuxen und dem Tafeldienst

Neben mir trudelt ein weiterer Teilnehmer am Audit ein, der auch von den Bemühungen der Schule berichten soll, den Kindern bei der Berufswahl zu helfen. „Wirst du auch ausgefragt? Hast du wenigstens gelernt?“, kann ich mir leider nicht verkneifen. Ah, so eine gepflegte „Schux“ wäre doch jetzt auch mal wieder was. Tafeldienst, Tageslichtprojektor, Hausi vergessen, im Unterricht ratschen. Ach, die Schule war schon toll, oder?

Meine Tochter kommt vorbei und grüßt per Ghetto-Fist. Sich cool zu geben, ist also noch in. Obwohl: Eigentlich habe ich meine Faust zuerst hingestreckt. Sie wollte mich bestimmt bloß nicht hängenlassen. Trotzdem cool. Auch wenn es heute bestimmt anders heißt. Slay. Fresh. Ehrenvoll. Irgend so etwas wahrscheinlich. Aber egal, meine Kids scheinen sich hier wohlzufühlen und machen sich blendend. Upps, ich werde aufgerufen. Und Mist, ich habe wirklich nicht gelernt. Was die wohl fragen? Na toll, jetzt bin ich nervös.

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