Dahoam am Land: Die Familienkolumne von Andreas Reichelt, Folge 4
Schule, Tests und endlich Notenschluss
Er ist das endgültige Ende eines monatelangen Dramas, die in Zahlen gefasste Wertung des eigenen Lernfortschritts: Der Notenschluss. Während die meisten Schüler aufatmen, steht für andere fest, dass sie im nächsten Schuljahr nochmal die gleichen Unterrichtseinheiten hören dürfen.
Ich kann mich noch gut an meine Schulzeit erinnern. 13 Jahre lang quälte ich mich mit Fächern herum, die ich hasste. Allem voran Französisch. Bitte nicht falsch verstehen, es mag sich dabei ja um eine schöne Ausdrucksform europäischer Linguistik handeln, zweifelsohne. Und Frankreich ist ganz bestimmt ein schönes Land.
Aber ich war unabhängig vom individuellen Lernaufwand schlichtweg grausam schlecht in diesem Fach. Allein die Sprache zu hören, schüttet mir heute noch das „Krauthaferl“ aus. Dass ich es trotz meiner Abneigung irgendwie geschafft habe, zum Schulabschluss zu kommen, kann ich mir selbst nicht erklären.
Ich weiß aber noch sehr gut, wie ich mich fühlte, wenn im Französischunterricht der Notenschluss um war. Rituelles Verbrennen der Unterrichtsnotizen samt generalisierter Unaufmerksamkeit war die Folge. Wegen mir hätten die Ferien auch direkt nach Notenschluss beginnen können, ich war von da an ohnehin nur noch physisch anwesend.
In obiger Schilderung tausche man getrost „Französisch“ durch „Mathematik“, das Ergebnis wäre das gleiche. Ganz zu schweigen von dem Irrsinn, Buchstaben in Rechnungen einzubinden, und dieser Schnapsidee den Namen „Variablen“ zu geben!
Da mich mein Urlaub bislang nicht nach Frankreich führte und ich als Journalist meine Interviews nicht ausrechnen muss, habe ich all den Stoff auch nie wieder gebraucht. Wie ich allerdings nun meinen Töchtern erklären soll, dass sie bitte auch nach Notenschluss noch Mathe oder Latein - Französisch konnte ich ihnen Gott sei Dank ausreden - pauken sollen, ist mir schleierhaft.
„Latein ist toll, das brauchst du irgendwann bestimmt“, wird über meine Lippen nicht kommen. „Du musst die Terme auflösen können“, oder „Kurvendiskussion ist wichtig“, ebensowenig.
Denn irgendwann kommen sie an meinen Punkt im Leben: Latein wird in Fußnoten am unteren Ende der Asterix-Hefte übersetzt, so etwas wie Therme bedeutet für mich ein Warmbad zuliebe des Bewegungsapparats und Kurvendiskussionen führe ich beim Formel-1-Kucken. Mein letzter Notenschluss war 1998, kurz vor dem Abi. Und meine Güte, bin ich froh, keine „Schuxen“ und „Exen“ mehr zu schreiben.
Also beschränke ich mich meinen Kindern gegenüber lieber auf die Bedeutsamkeit des Lernstoffs für das Erreichen des Klassenziels. Denn das ist wichtig. Wie ich das aber nach dem Notenschluss nächste Woche noch rüberbringen soll, kann ich mir jetzt auch nicht ausrechnen. Oder ableiten. Oder übersetzen.
Mist, hätte ich wohl doch besser aufpassen sollen!
ar