Familienkolumne „Dahoam am Land“, Folge 18
Bayern und seine Hofnamen: „Reichelt“, von Hofs wegen „Schmidlehner“
Bayern hat so seine eigenen Regeln. „Mia san Mia“, sagt man. Doch immer wieder stoße ich als Städter, der nun auf dem Land lebt, auf unerwartete Kuriositäten. Damit meine ich nicht irgendwelche jungen Menschen, die mit dem Traktor durch die Gegend tuckern. Selbst die unerwartete Ansprache mitten im Dorf, wenn man nicht erkannt wird, habe ich mittlerweile einzusortieren verstanden.
Dahoam - Als wir beim Dorfladen Brezeln abholten, die wir tags zuvor reserviert hatten, stieß ich auf eine Eigenheit, die mich zugegebenermaßen verwirrte. „Ah, Karin. Deine Brez‘n“, sprach die Verkäuferin zu meiner Frau und überreichte einen Papiertüte mit dem begehrten Bäckergut. Darauf mit einem Edding geschrieben: „Schmidlehner Karin“.
Meine Frau lachte. Ich nicht. Wer ist dieser Schmidlehner? Erst jetzt wurde ich informiert, dass unser ehemaliger Bauernhof und jetziger Familienwohnsitz einen Hofnamen besitzt. Die Familie meiner Frau ist seit mehreren Generationen Eigentümer des Hofs. Der Familienname meiner Frau hatte es jedoch nicht mit dem Schmidlehner-Hof aufnehmen können. Auch die Heirat vor fast 23 Jahren und der damit verbundenen Namenswechsel hatte es nicht geschafft, den „Reichelt“ zu etablieren.
Doch was bedeutet das jetzt. Bin ich nun auch ein „Schmidlehner“ mit Mädchennamen Reichelt? Oder soll ich mich lieber „Schmidlehner-Reichelt“ benennen? „Reichelt, von Hofs wegen Schmidlehner?“ Die Optionen scheinen mannigfaltig.
Ich setze mich an den Laptop und recherchiere. Tatsächlich gibt es die werten Straßennamen mit Hausnummer noch gar nicht so lang. Erst im 18. Jahrhundert scheint sich diese - nennen wir sie Bürokratisierung - durchgesetzt zu haben. Davor war das mündliche transportieren des Wohnorts via Hofnamen sinnvoller. Und weil der Postbote auch nicht wie heute „nahezu stündlich“ wechselte, wusste dieser auch so, wohin er einen Brief zuzustellen hatte.
„Schmidlehner“ also. Doch woher stammt dann der Name? Weitere Recherchen legen nahe, dass wohl eine Schmiede oder ein Schmied im Spiel war. Zudem hatte er ein Lehen, also einen nach dem alten Einteilungssystem der Hofgrößen Viertelhof. Oder zumindest einen Lehnsherren. Ob daraus auch die bayerische Frage resultiert: „Wem gehörst denn du?“
Ich muss hellauf lachen, als ich mich an meine Tochter erinnere. Als sie noch ganz klein war, fragte sie eine ältere Dame am Dorfplatz, wie sie heißt. „Hanna“, antwortete sie wahrheitsgemäß. „Und wie schreibst Dich?“, hakte die Dame nach. „H - A - N - N - A“, antwortete meine Tochter. Ja, Namen können doch für einige Verwirrung sorgen. Zumindest im ländlichen Bayern.
ar