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Essay: Erinnerung an den Schnaitseer Uropa

Zeugnis: Welche Noten zählen wirklich?

In Uropas Zeugnis gab es noch Noten wir „Betragen“ und „Fleiss“.
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In Uropas Zeugnis gab es noch Noten wir „Betragen“ und „Fleiss“.

Zeugnistag. Während meine Kinder in der Schule auf gute Zensuren hoffend das papiergewordene Notenblatt erwarten, erinnere ich mich an meine Schulzeit. Und an die von unserem verstorbenen Uropa. Kurzerhand krame ich noch einmal sein Zeugnis heraus, das ich aus seinem Nachlass aufbewahre. Es berührt mich einfach sehr. Doch dazu gleich mehr.

Während meiner gesamten Gymnasialzeit waren die Noten ein Graus für mich. Obwohl, ich muss das relativieren. In Kunst und Sport setzte es gemeinhin eine „1“. Aber damit war es dann auch schon vorbei, meine restlichen Leistungen waren überwiegend durchschnittlich. Meine Kinder hingegen sind gut in der Schule. „Von mir haben sie das nicht“, denke ich noch. Doch dann fällt mein Blick wieder auf das Zeugnis unseres Uropas.

Ausgestellt von der Staatlichen Berufsschule Pfarrkirchen enthält es teils dramatische, teils wunderschöne Aspekte. Geboren in „Schnaitsee“, steht dort. Wunderschöner Ort, bezaubernde Gegend. Doch dann werden die Informationen ergänzt durch einen Vater, der als „vermisst“ eingetragen ist. Doch ein Satz trifft mich besonders in Mark und Bein: „Schuljahr 1945-46 wegen Kriegsereignisse kein Unterricht.“

Der Zweite Weltkrieg betraf auch den Unterricht an Schulen.

Ein kurzer Satz und doch so bedeutsam. Sein Großvater, bei dem er aufwuchs, war kein Befürworter der Nazis, was so einige Repressalien für den Enkel zur Folge hatte. Schlechte Noten zum Beispiel, weil er zuweilen das unsägliche „Heil Hitler!“ mit einem wohlgemeinten „Moing!“ beantwortete. Die Frau vom Lehrer hat ihm sogar mal eine Ohrfeige dafür gegeben, wie er mir vor seinem Tod mehrmals erzählt hatte. Wie es wohl war, in der Zeit des Kriegs aufzuwachsen? Ich mag es mir nicht ausmalen.

Doch es gibt auch etwas, das mich an dem Zeugnis begeistert. Zwei benotete „Fächer“ sind in Großbuchstaben ausgewiesen: „FLEISS“ und „BETRAGEN“. Man hat diesen Attributen wohl mehr Bedeutung beigemessen. Zwei mal ist daneben „sehr gut“ zu lesen. Ich bin ein bisschen stolz auf unseren Uropa. Ein fleißiger, folgsamer Schüler, der sich dennoch einem der schlimmsten Unrechtsregime der Menscheitsgeschichte nicht gebeugt hatte. Ein braver Mann, arbeitsam und freundlich. Das ist auch genau das Bild, das ich von den gemeinsamen Jahren geblieben ist. Genau so war er zweifelsohne. Und ist das nicht viel wichtiger als irgendwelche Zensuren?

Ich denke an die Bemerkungen in meinem Zeugnissen. „Andreas war um angemessenes Verhalten bemüht.“ Tja, klingt zwar nett, aber mit meiner Klassleiterin habe ich mich wohl nicht recht verstanden. Und ich habe so einen Verdacht, dass es eher an meiner Pubertät als an ihrer Lehrfähigkeit gelegen haben könnte. Übrigens auch untypisch, heutzutage sind ja meist die Lehrer schuld, zumindest so lange es nach den Eltern geht. Kann ja nicht sein, dass der Spross verzogen ist, gell. Aber das ist ein anderes Thema. 

Ich lege das Zeugnis von Uropa wieder weg und schreibe dieses Essay. Ob meinen Kindern wohl klar ist, dass mir ihr „Betragen“ und „Fleiss“ ebenso viel wichtiger sind, als dass sie Rechnungen lösen können, in die der Lehrer vorsätzlich Buchstaben reingewürfelt hat? Sicherheitshalber muss ich ihnen das nachher mal noch gleich noch einmal sagen, wenn sie mir ihre Zeugnisse zeigen.

ar

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