Dahoam am Land - Die Familienkolumne von Andreas Reichelt
Aprilwetter im Mai: Von Gummistiefeln und Sumpfgärten
Das Vorhaus ist allgemein ein für Familien wichtiger Ort. Hier können Kinderhosen entsandet, Schuhe wüst durcheinandergewürfelt und Hundepfoten geputzt werden. Gewissermaßen also bildet dieser Raum hinter der Haustür eine Sauberlaufzone für ländliche Lebensräume. Doch wenn es wochenlang nicht Frühling werden will und die Kinder eigentlich nur mit Gummistiefeln durch den Sumpf des Vorgartens stampfen, kommt auch diese Dreck-Schleuse an ihre Grenzen.
Es knirscht unter meinen Hausschuhen. Eigentlich sollte sich hier feinstes Gestein aus dem Sandkasten befinden, doch dieser ist noch abgedeckt und wahrscheinlich schon mit Pilzen zugewachsen. Gut möglich, dass dort mittlerweile Amphibien leben. Denn bislang hat es den Familienfrühling fast komplett verregnet.
Die Kolumne gibt es hier auch zum Anhören:
Ja, in diesem Jahr ist alles anders. Was unter meinen Füßen knirscht, ist diesmal der getrocknete Morast, der von den Gummistiefeln der Kinder abgebröckelt ist. Erinnerungen an eine Wattwanderung werden wach. Dabei sehnen wir uns alle nach kurzen Hosen, Flip Flops und Sonnenbrillen.
Ich trete durch die Haustür, um den Himmel nach der Sonne abzusuchen. Doch statt eines wärmenden Gefühls auf der Haut stolpere ich über einen Regenschirm, springe in der Not über eine ersoffene Topfpflanze in den Rasen und bleibe bis über die Knöchel mit meinen Hausschuhen im aufgeweichten Boden stecken. Unsere Hündin „Kaylee“ schaut aus ihrer Hütte, blinzelt, weil sie Nieselregen im Gesicht trifft, seufzt lautstark und legt sich dann wieder auf die trockene Matratze in ihrer Hütte. Ich spreche zwar nur bruchstückhaft „hündisch“, aber dies sollte wohl „Sauwetter“ heißen.
Ich befreie meine nun nassen Füße aus dem Morast - die Hausschuhe lasse ich einfach stecken - und gehe wieder ins Haus. Wie ein Schnitzel mit dem getrockneten Lehm aus dem Vorhaus paniert, ziehen meine Füße nun eine Dreckspur Richtung Küche.
Sollten 2023 doch noch wieder Erwarten Sonnenstrahlen meine bleiche Haut treffen, wird es hektisch werden. Hängematte, Pool, Trampolin und Fahrräder, alles muss am besten gleichzeitig einsatzbereit gemacht werden. Zudem müssen die ganzen Tomatenpflanzen und ausgetriebenen Kartoffeln endlich ihren Weg in den Gemüsegarten finden. Doch jetzt wärme ich mir erst einmal die Hände an einem Haferl Kaffee - Mitte Mai wohlgemerkt - und wecke dann die Kinder aus dem „Winterschlaf“.
Sauwetter, wirklich. Kaylee hatte recht!