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Nach Tourismus-Studie: Immobilien-Experte ordnet Lage ein

Mehrere Neubauprojekte im Berchtesgadener Talkessel: Wann bessert sich der Wohnungsmarkt?

Ein Blick auf die Gemeinde Berchtesgaden, im Hintergrund sind die Berge der Alpen zu sehen. Die Sparkasse baut auf dem Areal der ehemaligen Kurdirektion Wohnungen für Mitarbeiter anderer Firmen und Unternehmen.
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Nicht nur in Berchtesgaden, sondern auch in den anderen vier Gemeinden im Talkessel gibt es einige Neubauprojekte, um mehr Wohnraum zu schaffen. So baut die Sparkasse beispielsweise auf dem Gelände der ehemaligen Kurdirektion.

Wohnraum im Berchtesgadener Talkessel ist ein knappes Gut. Vor allem die Einheimischen beklagen das, wie bei der Tourismusakzeptanz-Studie deutlich wurde. Auf Nachfrage stellen die fünf Talkessel-Gemeinden dar, an welchen Neubauprojekten zur Schaffung von Wohnraum sie aktuell arbeiten. Doch: Reicht das aus? Immobilienexperte Armin Nowak hat eine klare Meinung - auch beim Tourismus.

Berchtesgaden - Mehr Wohnraum für Einheimische: Das war eines der Hauptanliegen von den Teilnehmern der Tourismusakzeptanz-Studie vom Zweckverband Bergerlebnis Berchtesgaden. Doch in der Kommunalpolitik gehen die Meinungen auseinander, nicht alle können die Kritikpunkte nachvollziehen. Auch die Bürgermeister aus dem Talkessel schildern, welche Neubauprojekte aktuell geplant und Stück für Stück umgesetzt werden. Fakt ist: In den kommenden Jahren entstehen, wenn alles glattläuft, hunderte neue Wohnungen.

Berchtesgadens Bürgermeister Franz Rasp verweist unter anderem auf das große Projekt in der Salzburger Straße. „Aktuell läuft das Bebauungsplanverfahren“, so Rasp. Bei der geplanten Umnutzung der Mittelschule gebe es eine Bauvoranfrage. Und zum Projekt der Sparkasse Berchtesgadener Land, auf dem Gelände der ehemaligen Kurdirektion Mitarbeiterwohnungen zu bauen, sei Mitte Mai eine öffentliche Infoveranstaltung geplant. Zudem gebe es mehrere kleinere Projekte im Gebiet der Berchtesgadener Marktgemeinde, berichtet der Bürgermeister.

„Rahmenbedingung enorm verschlechtert“

Auch in Bischofswiesen tut sich einiges. Dort erzählt Bürgermeister Thomas Weber, dass sich „für die Schaffung von bezahlbarem Wohnraum die Rahmenbedingungen in den vergangen drei Jahren leider enorm verschlechtert haben“. Trotzdem verfolge die Gemeinde Neubauprojekt am Burgergraben weiter. Weber: „Gemeinsam mit dem Partner Bayernheim erstellen wir in den nächsten zwei bis drei Jahren bis zu 100 neue Mietwohnungen. Und im Ganghoferfeld starten wir das Bebauungsplanverfahren, um auch dort circa 30 neue Wohnungen für Einheimische anbieten zu können.“ Auch in den Nachbargemeinden würden Neubauprojekte forciert, so Weber, zum Beispiel in Schönau am Königsee.

Dort hat die Gemeinde im Danklfeld in der Oberschönau laut Bürgermeister Hannes Rasp im Jahr 2020 ein Grundstück erworben, um Wohnraum für Einheimische zu schaffen. „Bereits 2023 wurde der Satzungsbeschluss zum Bau von 43 Wohneinheiten erlassen“, so Rasp. Es entstehen zehn Doppelhaushälften, 14 Eigentumswohnungen und 19 Mietwohnungen im Rahmen eines „Einheimischen-Modells“. „Die Baustelle läuft, die Fertigstellung ist im Jahr 2026 geplant“, meint Rasp.

Baukosten um circa 80 Prozent gestiegen

Zum Kritikpunkt der Studienteilnehmer, dass es zu viele Zweitwohnungen gibt, erklärt Marktschellenbergs Bürgermeister Michael Ernst: „Der Anteil an Zweitwohnungen liegt hier bei uns im Bereich eines unteren einstelligen Prozentsatzes – also sehr niedrig. Nichtsdestotrotz ist es sehr wichtig, bezahlbaren Wohnraum zu schaffen. In der Realität ist das aber leichter gesagt als getan.“ Ernst verdeutlicht die Herausforderung am Beispiel des ehemaligen Gasthauses „Forelle“: Hier soll ein Gebäude für Seniorenwohnungen und mit einem Nahversorger entstehen. „Lange Bearbeitungszeiten und die geänderten Rahmenbedingungen ließen die Baukosten um circa 80 Prozent steigen. Für den Bauherrn sind dies fast unüberwindbare Erschwernisse. Die hohen Baukosten und höheren Zinslast bremsen die Bauherren deutlich. Trotzdem verfolgt auch die Gemeinde Vorhaben und unterstützt die Bauherren.“

In der Realität ist das leichter gesagt als getan.

Marktschellenbergs Bürgermeister Michael Ernst zum Wohnungsneubau

So weit, so gut, doch: Reichen die Anstrengungen der Gemeinden aus, um das Thema mangelnder Wohnraum in den Griff zu bekommen? Der Berchtesgadener Immobilienmakler Armin Nowak bejaht diese Frage. „Die Gemeinden treffen durchaus Maßnahmen, in dem sie beispielsweise in Satzungen genaue Regeln für Zweitwohnungen aufstellen. Die sind ja viel eher das Problem als Ferienwohnungen, obwohl wir hier im Berchtesgadener Talkessel eine vergleichsweise niedrige Zweitwohnungsquote haben“, betont Nowak.

Restriktive Baupolitik ein Vorteil?

Er findet: Die Gemeinden verhalten sich bei Neubauprojekten sehr restriktiv. „Das ist auch richtig so, auch wenn wir im Vergleich zum restlichen Landkreis im Talkessel wenige Neubauprojekte haben“, so Nowak. Man könne nicht jede Wiese mit mehrstöckigen Gebäuden zubauen. „Das schreckt auch Touristen ab, die in der Regel aus Großstädten kommen und hier nicht auch noch Hochhäuser und Betonklötze sehen wollen. Insofern trägt der Tourismus auch dazu bei, dass viel Natur erhalten wird. Er ist nur ein Teil der Gesamtwirtschaft, auch das darf man nicht vergessen“, meint der Immobilienmakler und verweist exemplarisch auf die vielen Handwerksbetriebe.

Zudem sorge der Tourismus für weitere Vorteile. „Ohne ihn hätten wir sicherlich keinen so guten ÖPNV, auch Taxis bekommt man hier spätabends noch - im Gegensatz zu Freilassing oder Laufen. Und wir hatten noch nie so viele Lebensmittelgeschäfte und Discounter im Talkessel.“ Unternehmern, die über eine Ansiedlung im Talkessel nachdenken, rät Nowak immer, nicht nur auf die reinen Einwohnerzahlen zu achten, sondern auch die Touristen miteinzubeziehen. „Dadurch wird diese Entscheidung für manchen Geschäftsführer doch attraktiver.“

Geduld gefragt

Natürlich werde es noch einige Zeit dauern, bis sich die Neubauprojekte auch positiv auf den Wohnungsmarkt auswirken. „Die Mindestvorlaufzeit liegt bei zwei Jahren“, betont er. Doch es gibt Anzeichen zur Hoffnung, findet der Experte. Durch den Bettenschwund der vergangenen Jahre glaubt Nowak, dass wieder mehr Wohnungen zur privaten Miete freigeworden sind. Und: Momentan sinken die Immobilienpreise, erklärte der Makler schon vor einigen Wochen. „Auch die Baupreise fallen leicht, zudem sind Handwerker momentan wieder schneller verfügbar.“

Deswegen glaubt er, dass sich bald auch wieder die Stimmung unter den Einheimischen legen wird. „Auch wenn ich niemandem raten kann, im August oder September an den Königsee zu fahren: Die Situation ist bei uns noch lange nicht so schlimm wie in Venedig, Kitzbühel oder Garmisch-Partenkirchen.“

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