Schneller, billiger, nachhaltiger?
Brenner-Nordzulauf: Rosenheimer Trassengegner stellen Bahn vor Alternative – So sieht sie aus
Schneller, billiger und nachhaltiger: Die Bürgerinitiativen gegen den Brenner-Nordzulauf haben eine Alternative zu den Planungen der Deutschen Bahn vorgestellt. Worauf‘s im Kern hinausläuft. Und was neu an den Vorschlägen ist.
Rosenheim – „Bedarfsplanumsetzungsvereinbarung“: Das Wort scheint die quälende Langwierigkeit deutscher Verfahren in der Planung vortrefflich zu illustrieren. Die Vertreter der Bürgerinitiativen gegen den Brenner-Nordzulauf scheinen allerdings Geschmack an dieser „Bedarfsplanumsetzungsvereinbarung“ gefunden zu haben.
Denn unter Paragraf 16 dieser Vereinbarung ist ein interessanter Satz zu finden. Da ist von den Informationen die Rede, auf die sich das Eisenbahnbundesamt stützen soll, wenn es seine Empfehlung ans Bundesverkehrsministerium gibt. „Neben dem Erläuterungsbericht gehören auch Planunterlagen und die Kostenzusammenstellung sowie eine Darstellung zu den Alternativvarianten aus der Öffentlichkeitsbeteiligung dazu.“
So steht es in der Vereinbarung zwischen dem Bund und verschiedenen Gesellschaften der Bahn. Und genau so eine Alternativvariante wollen die Bürgerinitiativen demnächst beim Eisenbahnbundesamt einreichen. Motto dieser Variante: Schneller, billiger, nachhaltiger.
Brenner-Nordzulauf: Was die Bürgerinitiativen anregen
Zur Vorstellung dieser Variante hatten Lothar Thaler vom Brennerdialog, Rainer Auer vom Bund Naturschutz, Thomas Unger vom Bürgerforum Inntal, Ralf Exler vom Nordzulauf Kolbermoor und Josef Brem von den Bürgerinteressen Rohrdorf am Dienstag, 28. November, in den Gasthof Höhensteiger in Rosenheim eingeladen. Um, wie es beispielsweise Josef Brem sagte, „im Sinne des gesunden Menschenverstandes die bestmögliche Lösung zu präsentieren“.
Was in der Region Rosenheim gemacht werden könnte
Die Alternative der Bürgerinitiativen sieht vier Punkte vor. Ihre Umsetzung soll den Neubau zweier neuer Gleise durch die Region überflüssig machen, wie Lothar Thaler vom federführenden Brennerdialog betonte. Die beiden Punkte, die am stärksten ins Auge fallen, sind der der Ausbau der Bahnstrecke München – Mühldorf – Freilassing, um den Güterverkehr zwischen München und Salzburg aufzunehmen. Und zweitens die Untertunnelung des Flaschenhalses dieser Trasse – des Bahnhofs Rosenheim.
Die Bestandsstrecke zwischen München, Rosenheim und Kiefersfelden würde schon durch den Ausbau der ASB 38 entlastet werden. Zudem soll sie ihrerseits ausgebaut und nachgerüstet werden, um zum Beispiel mit einer effizienteren Taktung des Verkehrs durch das European Train Control System (ETCS) zunehmenden Güterverkehr bewältigen zu können.
Schließlich könnten – falls nötig – auch noch die Strecken von Rosenheim nach Mühldorf und von Mühldorf nach Landshut ausgebaut werden, um noch mehr Güterverkehr um den stark ausgelasteten Verkehrsknoten München herumzuführen.
Nur ein Viertel der Kosten?
Die Kosten für diese Variante des schrittweisen Ausbaus sollen nach Thalers Worten mit unter 2,5 Milliarden höchstens ein Viertel der kalkulierten Kosten von zehn Milliarden Euro liegen. Die Belastung für die Umwelt sei viel geringer. Und so könne das Ziel „mehr Güter auf die Schiene“ viel früher erreicht werden.
Schon Anfang der 2030er Jahre, wenn der Brenner-Basistunnel den Betrieb aufnehme, werde das Verkehrsaufkommen auf der Straße damit „signifikant“ verringert, sagte Thaler. Weniger Verkehr und weniger Bauaufwand: Insgesamt würden so Mensch, Natur und Umwelt in zweifacher Hinsicht weniger belastet werden.
Was ist neu an der Alternative?
So wirklich neu ist für sich genommen keiner der Punkte. Sogar eine Untertunnelung des Bahnhofs Rosenheim war schon einmal angeregt worden. Die Industrie- und Handelskammer Bayern hatte in einer Studie von 2015 die vertiefte Untersuchung von Güterverkehrskonzepten empfohlen, die den Bahnhof Rosenheim „in Tieflage oder im Tunnel“ vorsahen.
Was neu ist: Die Bürgerinitiativen wollen die Verbesserungen abgestuft vornehmen, je nachdem, wie sich der Güterverkehr nach dem Betriebsstart des Brenner-Basistunnels entwickelt. Rainer Auer pries dieses Stufenkonzept, weil es „Flexibiliät und Passgenauigkeit“ bringe. Ebenso ist neu, dass die Bürgerinitiativen ihre Alternative gleich den Kommunen als „Kernforderung“ ans Eisenbahnbundesamt schickt. Damit machen sie sich auf den Weg durch die Instanzen.
Alternative für Brenner-Nordzulauf? So reagiert die Bahn
Kühl reagiert die Deutsche Bahn auf das Ansinnen der Initiativen. Die Ideen seien „ungeeignet“, um die verkehrlichen Ziele des Bundesverkehrswegeplans umzusetzen.
Das Beharren auf der bestehenden Strecke löse das Hauptproblem nicht: noch mehr Güterverkehr, der sich durch die Ortschaften wälzt. Die ergänzende Idee eines Tunnels unter Rosenheim lasse die „bekannten geologisch schwierigen Verhältnisse im Seeton“ außer Acht. „Diese Ideen erscheinen nicht zukunftsfähig angesichts der Vorgabe, Schienenwege bereitzustellen, die auch in den kommenden Jahrzehnten noch Verkehr aufnehmen können“, fasste ein Sprecher der DB die Kritik zusammen.
Karl Mair: Vorschlag im Detail anschauen
Stephanskirchens Bürgermeister Karl Mair wiederum ist Gedankenspielen nicht abgeneigt. „Wir müssen sehen, was für uns sinnvoll ist“, sagte Mair dem OVB nach der Präsentation der Planung. „Auch diesen Vorschlag werde ich mir noch einmal sehr im Detail anschauen.“ Auch Sepp Lausch, frisch gewählter Landtagsabgeordneter der Freien Wähler, kann dem Vorschlag der BIs etwas abgewinnen. „Ich finde diese Alternative sehr interessant. Auch, weil sie sehr viel wirtschaftlicher ist, als die Vorschlaghammer-Methode ,Kompletter Neubau‘. Wichtig gerade in Zeiten, wo in Berlin eine Finanzierungslücke von 60 Milliarden Euro klafft.“

