200 Personen bei Protest gegen Brenner-Nordzulauf
Kein Platz in Oberaudorf für „völlig irrsinnige Monstertrasse“
Rund 200 Menschen lauschten bei der Kundgebung des Bürgerforums Inntals den Argumenten gegen den Brenner-Nordzulauf. Nur zehn Minuten Zeitersparnis würde der bringen und große Umweltprobleme verursachen.
Oberaudorf – „Wir haben im Inntal auf der Oberfläche keinen Platz mehr für ein solches Großprojekt“. Mit diesem Satz fasste der Oberaudorfer Bürgermeister Dr. Matthias Bernhardt (FWO) viele Argumente zusammen, die bei der Kundgebung des Bürgerforum Inntal klar zum Ausdruck kamen. Über 200 interessierte Bürger waren in das Romantikgewölbe Schloss Urfahrn neben dem Kloster Reisach gekommen, um sich die Argumente anzuhören, die gegen die Pläne der Deutschen Bahn sprechen.
Völlig unwirtschaftlich im Verhältnis zum Aufwand
Rainer Auer vom Bund Naturschutz sprach von einer geplanten Monstertrasse, die in der seiner beabsichtigten Ausführung völlig unsinnig sei. Er beklagte, dass der riesige Bauaufwand vorrangig dazu dienen soll, eine Hochgeschwindigkeitsstrecke für Personenzüge bis 230 km/h zu schaffen. Gebraucht würde aber eine Entlastung der Straße vom Gütertransport. „Güterzüge können aber bestenfalls 120 km/h fahren“, stellte Auer fest. Dieses Argument stützte auch Bundesbahndirektor a.D. Gerhard Müller. Er bestätigte, dass die geplante Hochgeschwindigkeitsstrecke für Fahrgäste nur eine Zeitersparnis von 10 Minuten bringen würde. „Dies steht in keinen Verhältnis zum Aufwand und wäre völlig unwirtschaftlich.“ Er zeigte sich überzeugt, dass Stammstreckenertüchtigung und einige weitere alternative Baumaßnahmen schneller, kostengünstiger und landschaftsschonender umgesetzt werden könnten. Müller: „Die prognostizierten Zugzahlen könnten darauf gefahren werden.“
Der Hauptreferent des Kundgebungsabends war Thomas Unger vom Bürgerforum Inntal. Besonders aufmerksam wurden die Zuhörer bei seinen Ausführungen zum Thema Lkw-Flut, Blockabfertigung und den Gründen, warum die Brennerroute und damit das Inntal so viele Schwerlaster anzieht. So seien ein Drittel des Lkw-Aufkommens reiner Ausweichverkehr. „Die Laster fahren Hunderte von Kilometer Umweg über die Brenner-Route, um von billiger Maut und günstigem Tirol-Diesel zu profitieren“, so Unger: „Von Verona bis München fallen für Schwerlaster 37 Cent pro Kilometer am Maut an, über den Gotthard 84 Cent und über den Mont Blanc 194 Cent.“ Die Forderung des Bürgerforum: Einführung einer grenzübergreifenden Korridormaut, Abschaffung des Dieselprivilegs in Tirol, Ausbau und bessere Anbindung der DB Güterterminals München-Riem und Regensburg.
Die Bestandsstrecke reicht
Unger ist überzeugt: „ Die Bestandsstrecke der Bahn hat bereits heute genügend Kapazität, um sofort mehr Güter aufzunehmen.“ Dazu wäre nur ein sinnvoller Ausbau der vorhandenen Bahninfrastruktur mit digitaler Zugsteuerungstechnik bei gleichzeitigem Ausbau des Lärmschutzes nach Neubaustandard erforderlich.
Für staunende Augen sorgten zudem die Rechenbeispiele des Bürgerforum Inntal bezüglich der Baustellenauswirkungen, wenn die Bahnpläne zur Umsetzung kommen sollten. So wäre das gesamte Inntal für 10 Jahre plus X eine gigantische Baustellenwüste mit Baulärm rund um die Uhr, monströser Baustellen-Infrastruktur und Staubbelastung, verschärft durch den Erler Wind. Unger zeigte Fotos von vergleichbaren Großbaustellen, die das Publikum beeindruckten. Allein die geplanten Tunnelbauwerke Steinkirchen und Nordportal Niederaudorf würden zu zwei Millionen Kubikmeter Aushub führen. Unger: „ Damit ließen sich 143 Fußballfelder einen Meter hoch zuschütten.“
Zu Spät für einen Stopp?
Audorfs Bürgermeister Dr. Matthias Bernhardt (FWO) meldete sich am Ende der Veranstaltung noch einmal zu Wort und gab seiner Befürchtung Ausdruck, dass die Planungen der Deutschen Bahn bereits soweit vorangetrieben sind, dass ein Stopp des Gesamtprojektes kaum mehr zu verhindern sein dürfte. „Um das Schlimmste für unsere Heimat zu verhindern, sollten wir für die Tunnellösung Wildbarren kämpfen.“