Der Landtags-Abgeordnete Sepp Lausch (FW) im Gespräch
Das verspricht sich der „Kümmerer“ aus Tattenhausen von seiner „Anti-Bürokratie-Hotline“
Sepp Lausch (FW) verstand sich schon immer als „Kümmerer“ - innerhalb der Familie, im Beruf, in der Politik und seinen Ehrenämtern. Nun ist der 53-jährige Fachagrarwirt für erneuerbare Energien aus Petzenbichl bei Tattenhausen Abgeordneter des Bayerischen Landtags. Wie er dieses Image in seiner neuen Tätigkeit bewahren will, verriet er im Exklusiv-Gespräch mit den OVB-Heimatzeitungen.
Tattenhausen/München - Er musste erst einmal fest durchschnaufen, als ihn zwei Tage nach der Wahl am 8. Oktober per Anruf aus München die freudige Botschaft erreichte, die sein Leben verändert. Da wurde ihm klar, dass ihm beim Urnengang mit rund 16.000 Erst- und 23.000 Gesamtstimmen großes Vertrauen von vielen Menschen entgegengebracht wurde - nicht nur im Stimmkreis Rosenheim West, wo er sich als Direktkandidat der Freien Wähler (FW) um das Mandat bewarb.
Von Platz 15 auf Platz 6 nach vorne gewählt
Von Platz 15 auf der FW-Liste für Oberbayern wurde er auf Platz 6 nach vorne gewählt, was ihn zugleich erstaunt und erfreut hat. Das Wahlergebnis war für den dreifachen Familienvater, der zusammen mit zwei Angestellten eine Biogas-Beratungsfirma führt und auch noch als Landwirt aktiv ist, der Höhepunkt eines langen und manchmal durchaus beschwerlichen Weges.
Dieser begann etwa eineinhalb Jahre vor der Landtagswahl. Damals führte Lausch erste vertrauliche Gespräche mit dem engsten Führungszirkel der Freien Wähler im Landkreis. Der wollte ihn als Bewerber für das Direktmandat im westlichen Landkreis haben. Lausch sagte zu, bei der Wahl anzutreten. Als die zuständigen Gremien der Partei die Kandidatur abgesegnet hatten, begann für ihn im Januar dieses Jahres der Wahlkampf.
Dass sein politischer Weg bis dahin nicht gerade eben verlief, ficht seine Wähler nicht an. Lausch trat im Jahr 2000 zunächst der CSU bei, verließ die Partei allerdings 2009, weil er vor allem mit ihrer Politik im Bereich der erneuerbaren Energien nicht einverstanden war. Bis 2018 war er dann Mitglied der Bayernpartei, sah allerdings irgendwann keine realistische Perspektive mehr, in dieser Funktion mitgestalten zu können.
Im Kreistag und als Gemeinderat aktiv
So kam der Wechsel zu den Freien Wählern zustande, für die er schon länger als Sprecher der Kreistagsfraktion und als Gemeinderat in Großkarolinenfeld fungiert. Kreisrat ist Lausch seit 2002, Gemeinderat seit 2008.
Er hatte sich schon ein wenig darauf eingestellt, dass sein politischer Werdegang während des Wahlkampfes zu Angriffen gegen seine Person führen könnte. Es kam anders. Die Parteiwechsel seien „überhaupt kein Thema“ gewesen, betont Lausch.
Andere haben die dritte Frau und sind bei der ersten Partei. Bei mir ist das genau umgekehrt
Letztlich sieht er das Verständnis für sein Handeln vor allem auch in der Tatsache begründet, „dass ich nie grundlegend die Richtung gewechselt habe“. Er sei stets im „bürgerlich-konservativen Lager“ verortet gewesen, zu dem er sich ausdrücklich bekennt. „Andere haben die dritte Frau und sind bei der ersten Partei. Bei mir ist das genau umgekehrt“, meint er mit einem verschmitzten Lächeln.
Als wertvolles Rüstzeug für seine künftige Arbeit im Parlament sieht der 53-Jährige die zahlreichen Ehrenämter, die er außerhalb seines politischen Engagements bekleidete und zum Teil noch innehat. Der Trachtenbewegung eng verbunden, war er in jüngeren Jahren beispielsweise einige Zeit Gau- und auch Landesvorplattler. Seit 1987 ist er bei der Feuerwehr Tattenhausen aktiv, er wirkt beim Wasserbeschaffungsverband Tattenhausen mit und hat sich auch beim Bauernverband eingebracht.
Zwölf Jahre ehrenamtlicher Verwaltungsrichter
Besonders in Erinnerung geblieben sind ihm jene zwölf Jahre, in denen er ehrenamtlicher Verwaltungsrichter war. „Das war eine hochinteressante Lehrzeit für meine jetzige Tätigkeit als Abgeordneter“, sagt Lausch rückblickend.
Er ist fest davon überzeugt, dass ihm der mit seinen „Ehrenämtern im vorpolitischen Bereich“ verbundene Bekanntheitsgrad auch außerhalb der Region bei der Landtagswahl genutzt hat. „Allein im Landkreis Miesbach habe ich rund 1000 Stimmen bekommen“, nennt er eine Erkenntnis aus seiner Wahlanalyse. Sie stammten vermutlich überwiegend aus Trachtlerkreisen, denn das Miesbacher Oberland gilt als Wiege der Trachtenbewegung.
Ich unterstütze ihn auf alle Fälle und halte ihm den Rücken frei
Wenn Sepp Lausch in der Kürze der Zeit auch noch nicht mit allen Gepflogenheiten der Abgeordneten-Tätigkeit vertraut ist, eine entscheidende Klärung ist längst erfolgt. „Ich unterstütze ihn auf alle Fälle und halte ihm den Rücken frei“, versichert seine Frau Regina. Mit ihr hat er beispielsweise im Vorfeld des Wahltermins besprochen, die Firma im Falle seines Einzugs in das Maximilianeum zu verpachten. Die Landwirtschaft, die keine Tierhaltung umfasst, will die Familie fortführen. „Feldarbeit zu machen, das erdet“, so Lausch.
Auch wenn er das Landtagsgebäude als „Labyrinth“ bezeichnet, findet sich der frischgebackene Parlamentarier dort mittlerweile ganz gut zurecht. Er sei sehr herzlich aufgenommen worden - nicht nur in der Fraktion, sondern auch von den Mitarbeitern. Erfolgreich abgeschlossen hat er inzwischen die Suche nach insgesamt drei Angestellten, mit denen der Abgeordnete künftig die Stimmkreis-Arbeit gemeinsam bewältigen will. Als äußeres Zeichen der Präsenz wollen die Freien Wähler gleich zu Beginn des kommenden Jahres ein Bürgerbüro in Rosenheim eröffnen, in dem Lausch regelmäßig Sprechstunden abhält.
Energiepolitischer Sprecher der FW-Fraktion
Sein Aufgabenbereich innerhalb der Landtagsfraktion ist mittlerweile abgesteckt. Lausch ist Energiepolitischer Sprecher der Freien Wähler und gehört dem Petitionsausschuss sowie dem Ausschuss für Wirtschaft, ländliche Entwicklung, Digitalisierung und Energie an.
Die Diskussion über den Brenner-Nordzulauf sieht er als ein zentrales Thema seiner künftigen Arbeit an, auch wenn die Entscheidungskompetenz nicht beim Landtag angesiedelt ist. „Von Bayern müssen aber wichtige politische Signale zu diesem Thema kommen“, ist er überzeugt.
Wirtschaft hat auch etwas mit Wirtschaftlichkeit zu tun
Wenn sich die Bestandsstrecke als ausreichend für die Abwicklung des Personen- und Güterverkehrs auf der Achse in Richtung Italien erweisen sollte und deren Ertüchtigung wirtschaftlicher als eine Neubautrasse wäre, will Lausch an einer solchen nicht festhalten. „Wirtschaft hat auch etwas mit Wirtschaftlichkeit zu tun“, nennt er die Begründung für diese Haltung, ohne die mit zusätzlichen Gleisen verbundenen ökologischen Fragestellungen außer Acht zu lassen.
Aiwanger führt Gespräch mit Bürgerinitiativen
Bürgernähe ist neben dem Kümmerer-Image eine Eigenschaft, die sich nach dem Willen des Abgeordneten weiterhin wie ein roter Faden durch seine politische Arbeit ziehen soll. Deshalb wird er mit Vertretern der Bürgerinitiativen, die im Landkreis gegen eine neue Zulauftrasse kämpfen, schon bald zu einem Gespräch ins bayerische Wirtschaftsministerium fahren. Dort kann die Delegation direkt mit Minister Hubert Aiwanger über die Problematik sprechen.
Zwei weitere organisatorische Vorhaben will der Parlamentarier zügig umsetzen: neben der Anbringung eines Postkastens am Bürgerbüro die Errichtung einer „Anti-Bürokratie-Hotline“. Was den Postkasten betrifft, will Lausch „bewusst ganz altmodisch“ sein. „Die Bürger sollen einfach auch die Möglichkeit haben, einen Brief einwerfen zu können, wenn sie Kontakt mit mir suchen.“ Der Hotline misst er eine wichtige Ventilfunktion bei. „Da können sich Betroffene einfach mal auskotzen.“ Signalisiert ein Anruf auf der Hotline politischen Handlungsbedarf, will der Abgeordnete aktiv werden.
Abgeordneter will sich Freiraum bewahren
Trotz all der Terminflut, die die neue Tätigkeit für ihn mit sich bringt, möchte sich Lausch ein wenig persönlichen Freiraum bewahren. Zeit, um die Feldarbeit zu Hause zu erledigen und für seine Familie da zu sein. Bergwandern, die beliebten gemeinsamen Radlausflüge oder der Besuch der ein oder anderen Trachtenveranstaltung mit Frau und Kindern, all das will der Landtagsabgeordnete nicht komplett für seinen Beruf aufgeben. Auch nicht die Teilnahme am Stammtisch beim „Wirt von Dred“, dem er seit vielen Jahren angehört.
Und noch etwas ist ihm mindestens genauso wichtig wie persönliche Freiräume. „Ich möchte trotz des politischen Aufstiegs ein ganz normaler Mensch bleiben, dem jegliche Form von Arroganz zuwider ist.“
Bodenhaftung eine wichtige Tugend
Diesem Anspruch versucht er seit dem ersten Tag seiner Arbeit als Mandatsträger auch mit kleinen Gesten gerecht zu werden. So ist es ist für ihn nicht nur selbstverständlich, den Pförtner im Landtag freundlich zu grüßen, er bringt beispielsweise als Zeichen der Wertschätzung für andere auch sein Wasserglas nach jeder Fraktionssitzung eigenhändig zum Servierwagen zurück. „Das muss für mich kein Bediensteter des Landtags erledigen, das mache ich schon selber“, sagt der „Kümmerer“, der auch als Abgeordneter in der Bodenhaftung eine sehr wichtige menschliche Tugend sieht.
