Forderungen aus der Region Rosenheim
Planung für Brenner-Nordzulauf auf der Zielgeraden: Wo die Bahn der Region entgegenkommt
Die größten Wünsche der Region Rosenheim bleiben zwar ungehört. Davon abgesehen präsentiert die Bahn in der Planung für den Brenner-Nordzulauf jedoch Verbesserungen. Wie es nun weitergeht und was die Region noch tun kann.
Rosenheim – Die Bahn biegt nach den Worten von Chefplaner Matthias Neumaier bei den Vorplanungen zum Brenner-Nordzulauf „auf die Zielgerade“ ein. Dabei sei man den Vorstellungen der Region Rosenheim entgegengekommen. „Wir haben Wort gehalten“, sagte Neumaier in einem Hintergrundgespräch in Rosenheim. In der Endphase der Vorplanungen habe man in puncto Flächenverbrauch, Lärmschutz, Tunnelanteil und Abstand zu Wohngebieten Verbesserungen erreicht.
Allerdings: Die größten Wünsche – ein Tunnel unterm Inn auch im Norden von Rosenheim und eine Verlegung der Verknüpfungsstelle im Inntal ins Massiv des Wildbarrens – bleiben unerhört. Vorerst zumindest.
Länge von Salachtunnel verdoppelt
Projektleiter Manuel Gotthalmseder gab einen Überblick über Details der Vorplanung. An fünf Punkten hat die Bahn zwischen Grafing und Kiefersfelden ihren Plan demnach abgeändert und verbessert. So werde der Salachtunnel zwischen Grafing und Ostermünchen auf mehr als das Doppelte verlängert – um zwei Kilometer auf eine Gesamtlänge von 3,7 Kilometer.
Damit könne die Bahn den Anwohnern tiefe Einschnitte ins Gelände ersparen. Außerdem sei ein Tunnel vom Wasserwirtschaftsamt günstiger für das Wasserschutzgebiet Elkofen bewertet worden.
Neuer Bahnhof für Ostermünchen
Ostermünchen wird seinen Bahnhof verlieren. Und einen neuen bekommen, näher am Ort, näher auch am Nachbarort Tuntenhausen. Vier Kilometer der Bestandsstrecke zwischen Weiching und Haslau werden abgebaut, Neubau und ÖPNV-Strecke verlaufen auf dieser Länge künftig gemeinsam. Und zwar etwas mehr im Südwesten, in größerem Abstand von weiten Teilen der Wohnbebauung – abgesehen vom Tuntenhauser Ortsteil Brettschleipfen.
Der Vorteil neben der Nähe: Der neue Bahnhof wird modern und barrierefrei sein. Und Stetten, Berg und Aubenhausen werden nicht zwischen zwei Trassen eingekastelt.
Damm und Brücke bei der Innquerung
Einer der entscheidenden Punkte in der Planung ist die Querung des Inns nördlich von Rosenheim, bevor die Neubautrasse um Stephanskirchen herumgeführt wird. Die Bahn bleibt erwartungsgemäß bei einer Überquerung des Inns. Eine Unterquerung im Tunnel wie im Süden hatten die Planer aus technischen wie finanziellen Gründen immer abgelehnt.
Und dabei bleibt es beim Zwischenstand: Die Neubautrasse zwischen Großkarolinenfeld und Pfaffenhofen wird wohl sichtbar bleiben. Sie wird nicht mehr ausschließlich auf Stelzen – auf einer langen „Vorlandbrücke“ – über das Gelände geführt. Die Kombination aus Brücken- und Dammabschnitten spare Kosten, störe das Landschaftsbild weniger, lasse Kreuzungen von Straßen einfacher zu und verringere den Flächenbedarf, sagt Gotthalmseder.
Hintergrund: Unter einer Brücke können zwar beispielsweise Landwirte ihre Flächen besser bestellen. Doch falle eine durchgehende, kilometerlange Vorlandbrücke mit ihren 15 Metern Höhe plus Aufbau einer Lärmschutzwand störender ins Auge als ein Damm mit acht, neun Metern, wie Gotthalmseder unterstrich. Zudem sei ein Damm billiger. Die Idee, die Vorteile beider Bau-Möglichkeiten zu kombinieren, sei Ergebnis des Austauschs mit Betroffenen in der Region gewesen, sagte Matthias Neumaier.
Innleitentunnel wird drei Kilometer länger
Der Innleitentunnel wird um drei Kilometer auf eine Gesamtlänge von 8,5 Kilometer verlängert. Ein Vorteil für Stephanskirchen: Das künftige Trinkwasserschutzgebiet „Ödenwald“ bleibt nach den Worten der Bahnplaner unberührt. Die Neubaustrecke wird die Sims auch nicht über-, sondern unterqueren, und das etwa 30 Meter unter dem Flüsschen.
Zwar taucht die Strecke südlich von Holzen an den Gemeindegrenzen von Riedering und Rohrdorf nochmals für zwei Kilometer auf. Doch lässt sich dort zwischen Immelberg und Lauterbach auch der Überholbahnhof unterbringen, der laut der Planer für die Nutzung des Nordzulaufs wichtig ist. Dieser Überholbahnhof ist mit einem Kilometer Länge für die neuen, langen Güterzüge von 700 Metern Länge ausgelegt. Der Rest der oberirdischen Strecke soll in einem Trog verlaufen.
Keine Verknüpfungsstelle im Wildbarren
An einer Verknüpfungsstelle werden Bestands- und Neubaugleise zusammengeführt. Ein riesiges, manchen würden sagen: monströses Bauwerk ist eine solche Nahtstelle aus Beton, nach Bahnangaben bis zu 900 Meter lang und 30 Meter breit. Die südliche Verknüpfungsstelle plant die Bahn im Inntal, ungefähr dort, wo es am engsten ist. Die Inntalgemeinden lehnen diese Planung ab und brachten stattdessen eine Verknüpfungsstelle im Fels des Wildbarrens ins Gespräch. Dagegen führte die Bahn neben hohen Kosten vor allem gesetzliche Gründe ins Feld.
Auch die neue Planung wird viele Menschen im Inntal vermutlich nicht zufriedenstellen. Sie sieht die weitestgehende Bündelung von Neu- und Bestandsstrecke mit der Autobahn vor. Dadurch falle, so sagt Gotthalmseder, der Flächenbedarf geringer aus. Eine großräumige Verlegung der transalpinen Ölleitung ist nach Aussagen der Bahn auch nicht nötig, auch müssten keine Wohnhäuser im Bereich Einöden abgerissen werden.
Schon nächstes Jahr soll Vorplanung abgeschlossen sein
Bereits Mitte 2024 sollen die Vorplanungen zum Brenner-Nordzulauf abgeschlossen sein und die Schätzung der Kosten bekannt gegeben werden. Über die Stationen Eisenbahn-Bundesamt, Verkehrsministerium und Verkehrsausschuss werden die Unterlagen dann dem Bundestag zur Abstimmung vorgelegt.
Bundestag: Daniela Ludwig fordert Nachbesserungen
Ein Mitglied des Parlaments hat dem OVB seine Meinung direkt nach der Präsentation der Bahn gesagt: Daniela Ludwig aus Rosenheim. Die CSU-Abgeordnete zollt der Bahn Anerkennung. Sie habe nach besseren Lösungen gesucht und in einzelnen Fällen auch gefunden. Das Zwischenergebnis der Planungen sei „eine gute Grundlage für die Kernforderungen, die unsere Region bis Anfang 2024 formulieren wird“. Diese Kernforderungen werden, kommentiert von der Bahn, ebenfalls dem Ministerium und dem Bundestag vorgelegt werden.
Die Kernforderungen, das ist sicher, werden Wildbarrenlösung und einen zweiten Inntunnel umfassen. Auch Ludwig drängt auf verträgliche Lösungen. Es sei festzuhalten, dass der Brenner-Nordzulauf Mensch und Natur in der Region stark belaste. So stehe die Existenz zahlreicher Landwirte auf dem Spiel. Verträgliche Lösungen dürften daher nicht an Wirtschaftlichkeitskriterien scheitern, sagte Ludwig. „Der Schutz von Mensch und Natur hat absoluten Vorrang.“