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Diskussionsrunde des Brennerdialogs

Rosenheimer Landtagskandidaten und der Brenner-Nordzulauf – eine Suche nach Erkenntnisgewinn

Auf der Bühne : Moderator Florian Schrei nahm sich die Landtagskandidaten Daniel Artmann (CSU), Valentin Weigel (Bündnis90/Die Grünen), Gerhard Schloots (Freie Wähler), Thomas Fuchs (SPD), Dr. Jörrg Buse (FDP), Sabine Rechmann (Linke), Helmut Freund (Bayernpartei) und  Josef Fortner (ÖDP, von links) vor.
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Auf der Bühne : Moderator Florian Schrei nahm sich die Landtagskandidaten Daniel Artmann (CSU), Valentin Weigel (Bündnis90/Die Grünen), Gerhard Schloots (Freie Wähler), Thomas Frank (SPD), Dr. Jörrg Buse (FDP), Sabine Rechmann (Linke), Helmut Freund (Bayernpartei) und Josef Fortner (ÖDP, von links) vor.

Erkenntnisgewinn? „Den suche ich noch“, sagte ein Gemeinderat nach der Diskussion der Landtagskandidaten von acht Parteien im Stimmkreis Rosenheim Ost. Es ging ihm nicht allein so. Frage des Abends, veranstaltet von der Bürgerinitiative Brennerdialog: Wie hältst Du‘s mit dem Brenner-Nordzulauf?

Rohrdorf – Der Hausherr im Turner Hölzl, Rohrdorfs Bürgermeister Simon Hausstetter, hatte schon zu Beginn die Erwartungshaltung der rund 300 Frauen und Männer im Publikum abgesteckt: „Meine Bitte an die dann Gewählten: Unterstützt uns, schützt unsere Heimat, unsere Natur, unsere Menschen und vielleicht auch den Staatshaushalt. Unterstützt uns im Kampf gegen dieses sinnfreie Vorhaben.“

Könnte klappen. Denn keiner der Acht oben auf der Bühne sprach sich wirklich für den Neubau einer zweigleisigen Bahntrasse von Kiefersfelden bis Grafing aus. Zumindest nicht so, wie der Brenner-Nordzulauf (BNZ) derzeit geplant ist. Für die Verlegung von mehr Güterverkehr auf die Schiene plädierten sie schon, da waren sie sich einig.

Es diskutierten:

Daniel Artmann (CSU), Valentin Weigel (Bündnis90/Die Grünen); Gerhard Schloots (Freie Wähler), Thomas Frank (SPD), Dr. Jörg Buse (FDP), Sabine Rechmann (Die Linke), Helmut Freund (Bayernpartei) und Josef Fortner (ÖDP). Die Kandidatinnen und Kandidaten der Splitterparteien und der AfD waren nicht eingeladen.

Allerdings: Als Moderator Florian Schrei die Kandidaten fragte, wo und wie denn die Güter auf die Schiene kommen sollen, wo doch die Bahn in den letzten Jahrzehnten gerade die dazu nötige Infrastruktur abgebaut habe, kam nur der Ausbau des Verladeterminals in Riem – weil dort auch die Strecke Mühldorf-Freilassing als Entlastung des Inntals angeschlossen werden könnte – aufs Tapet, und sonst nicht viel.

Gemeinderat sauer über fehlendes Wissen

Bis zu den Linken hat sich offensichtlich noch nicht herumgesprochen, dass ein Verladeterminal am Inntaldreieck vom bayerischen Bauministerium wegen Unrentabilität längst eingestampft wurde. Denn das hatte nicht nur der Linken-Kandidat bei der gleichen Veranstaltung im Stimmkreis Rosenheim West zwei Tage zuvor gefordert, auch von seiner Kollegin Sabine Rechmann im Stimmkreis Rosenheim Ost kam dieser Vorschlag.

Das war der Punkt, an dem einem Raublinger Gemeinderat im Auditorium der Kragen platzte: „Wieso weiß ich als kleiner Gemeinderat, dass in Gersthofen bei Augsburg, in Regensburg und am Rangierbahnhof München Nord solche Terminals längst beschlossen und von (Bundesverkehrsminister Volker) Wissing unterzeichnet sind, und Sie, die sich als Landtagskandidaten einer solchen Diskussion stellen, wissen das nicht?“

15 Prozent eingerechnet, 0 Prozent gefahren

Schrei informierte Kandidaten wie Publikum darüber, dass die ICE-Strecken München-Nürnberg und Nürnberg-Berlin mit jeweils 15 Prozent Anteil Güterverkehr gerechnet worden waren. „Und wie viele Güterzüge sind auf den Strecken bis heute gefahren? Jeweils Null“. Geschuldet auch dem Eisenbahnrecht, das dem Personenverkehr Vorrang vor dem Güterverkehr einräumt.

Was sie denn als Landtagsabgeordnete konkret gegen den BNZ zu tun gedächten, wollte Moderator Florian Schrei wissen. Die Antworten blieben zumeist schwammig, nur Valentin Weigel von den Grünen brachte das Landesentwicklungsprogramm ins Spiel. Da müssten in Sachen Flächenfraß aus „Soll-Bestimmungen“ „Muss-Vorschriften“ werden. Dann könnte es wohl tatsächlich eng für den BNZ werden.

Keine Ausgleichsflächen im Inntal

Die Frage, wie denn die Schäden für den Tourismus – Experten gehen laut Moderator von Mindereinnahmen in Höhe von 200 Millionen Euro in der Region aus – aufgefangen werden sollen, blieb unbeantwortet. Beim Flächenfraß in der Landwirtschaft – Schrei: „100 Hektar für die Trasse, bis 150 Hektar Ausgleichsflächen, so groß ist doch das Inntal gar nicht“ – waren sich Daniel Artmann (CSU) und Dr. Jörg Buse (FDP) einig, dass die Ausgleichsflächen nicht im Inntal sein dürfen, die müssten andernorts gesucht werden, im Inntal bräuchten die Landwirte jeden zur Verfügung stehenden Hektar für ihre Existenz.

Geld der Bahn und des Bundes ausgegeben

Eigentlich hatte der Moderator zu Beginn gesagt, die Kandidaten mögen doch bitte bei ihren Argumenten immer davon ausgehen, dass der BNZ kommt. Dann fragte Schrei aber doch, wie die potentiellen künftigen Abgeordneten des bayerischen Landtags die aktuell zehn Milliarden Euro Baukosten, bis zur Fertigstellung wohl eher 20 bis 40 Milliarden, investieren würden, käme der BNZ nicht. In den Ausbau des Öffentlichen Personennahverkehrs (ÖPNV), so die allgemeine Antwort. Allein: Die 10, 20 oder 40 Milliarden kann der Landtag gar nicht für andere Projekte ausgeben. Weil das Geld Bahn und Bund – und damit eigentlich dem Steuerzahler – gehört.

Der BNZ und die bayerische Bauordnung

„Leit, Ihr seid‘s der Landtag, ihr macht die Gesetze“, hatte Schrei mehrfach festgehalten. Welche Gesetze Vorgänger schon gemacht haben, hatten die Kandidaten nicht immer auf dem Schirm. Denn als es um die Frage Trinkwasser- und Bodenschutz ging, kamen zwar Vorschläge von Wasserkataster, Wassercent für die Industrie und die Ausweisung von mehr Wasserschutzgebieten. Und Helmut Freund (Bayernpartei) erntete Applaus für seine Aussage, „dass in Stephanskirchen die beiden Tunnelröhren 40 Meter unter dem neuen Trinkwasserbrunnen laufen, ist der blanke Wahnsinn.“ Aber die Bayerische Bauordnung blieb außen vor. Dabei steht dort in Artikel 3, dass bei der Errichtung von Anlagen „... insbesondere Leben und Gesundheit, und die natürlichen Lebensgrundlagen nicht gefährdet werden“ dürfen. Die wichtigste natürliche Lebensgrundlage? Wasser. Womit die geplante Trasse des BNZ gegen die bayerischen Bauordnung verstößt.

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