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„Dumbphones“
„Gewisse Ironie“: Gen Z ist Opfer einer „extrem schlauen“ Werbelüge geworden
Leben wir bald alle ohne Smart- und nur mit Dumbphones? Eine Marketing-Expertin erklärt, wie TikTok-Trends „künstlich aufgeblasen“ werden.
„Warum die Generation Z ‚dumme Telefone‘ für sich entdeckt“: Im Frühling und Sommer 2024 wimmelte es von solchen Schlagzeilen. Auch fast ein Jahr später hält sich in deutschen und internationalen Medien die Behauptung, Handys mit Tasten und ohne Social Media – sogenannte „Dumbphones“ (oder „Featurephones“, wie sie von Tech-Experten genannt werden)– würden ihr Comeback feiern.
Stimmt das? Ich habe da meine Bedenken, denn ich bin selbst Teil der Gen Z und kenne niemanden mit einem Dumbphone. Ich will wissen: Ist der Dumphone-Hype echt oder nur ein Marketing-Gag?
Dumbphones: Hersteller sprechen von „Trendwende“ bei „dummen Handys“
Featurephone-Hersteller wie Emporia geben an, in der EU im vergangenen Jahr 320.000 Handys, also zehn Prozent mehr als im Vorjahr, verkauft zu haben. Karin Schaumberger, Geschäftsführerin von Emporia, spricht bei Telecom Handel davon, dass immer mehr jüngere Frauen und Männer ein Featurephone kaufen und die Verkaufszahlen in die Höhe trieben.
HMD, neben TCL einer der bekanntesten Hersteller solcher „dummen Handys“, spricht von einer „Trendwende“ seit April 2024 und einem „deutlichen Wachstum“ bei den Verkäufen. Man habe vier neue Dumbphone-Modelle herausgebracht, unter anderem das Barbie-Phone im Oktober 2024. Lars Silberbauer, der CMO von HMD, zeigt BuzzFeed News Deutschland von IPPEN.MEDIA im Video-Call begeistert das Modell, das seine Tochter benutze, spricht davon, wie sehr er sich freue, dass die junge Generation auf diese Handys umsteige.
Featurephones: „Jeder Trend brauche einen Gegentrend"
„Der Wunsch nach einem analogen Leben wird wieder stärker werden“, sagt Horx BuzzFeed News Deutschland. Er beschäftigt sich mit New Work, Individualisierung, Lebensstilen und Megatrends. Unser derzeitiger Informationskonsum könne nicht so weitergehen wie bisher. „Die Hälfte der Gen Z wünscht sich, kein TikTok mehr benutzen zu müssen, fühlt sich aber abgehängt, wenn sie die App nicht benutzt. Ähnlich wie mit einem Drogensüchtigen, der sich wünscht, nicht süchtig zu sein, aber nicht mit dem Konsum aufhören kann“, sagt er.
In den USA könne man beobachten, wie die Gen Z stundenlang Camcorder-High-School-Aufnahmen von der Zeit, bevor es Smartphones gab, auf YouTube anschaue. „Da gibt es einen Riesenwunsch nach einem Leben ohne Smartphone. Auch Dumphones sind so ein Hilfeschrei“, sagt der Futurist. Jeder Trend brauche einen Gegentrend. Als Fridays For Future seinen Höhepunkt gehabt habe, seien SUV-Käufe explodiert. „Wir haben es mit der Digitalität übertrieben und jetzt kommt die Korrekturschleife, das zeigen uns die Featurephones. Die Firmen, die sie herstellen, befriedigen diesen Gegentrend mit Erfolg.“
Marktforscher sieht „keine Beweise für Ende des Smartphones“
Mehrere Marktforschungsunternehmen sehen Featurephones mit einem Marktvolumen von um die 15 Milliarden Dollar jedoch weiterhin als Nischenmarkt, der in den nächsten Jahren eher zurückgehe als wachse. Der Smartphone-Markt (etwa 440 Milliarden Marktvolumen) hingegen solle jährlich um etwa vier Prozent wachsen und 2030 schon 850 Milliarden Dollar erreichen.
„Es gibt keine Beweise, dass das Ende des Smartphones naht“, sagt Joe Birch, Senior Technology und Leisure Analyst beim Marktforschungsunternehmen Mintel, BuzzFeed News Deutschland. „Sie bleiben weiterhin der Eckpfeiler des digitalen Lebens.“ Und das, obwohl die Auswirkungen von Smartphones auf die Entwicklung von Kindern in vielen Ländern mittlerweile kritisch gesehen würden.
In Großbritannien hätten tatsächlich bis zu 50 Prozent der Gen Z und Millennials ein Featurephone. Aber: „Es ist unwahrscheinlich, dass dies das Haupthandy ist. In den meisten Fällen handelt es sich um Ersatzgeräte oder Geräte, die sie seit ihrer Kindheit besitzen“, sagt Birch. Dass die mobile Datennutzung immer weiter zunehme, bei einem gleichzeitigen Rückgang der traditionellen Sprach- und SMS-Nutzung, zeige, dass die „überwältigende Mehrheit“ der Mobilfunkgeräte im Umlauf Smartphones seien.
„Klassischer Aufschwungeffekt“: Wie Dumphones zum TikTok-Trend wurden
Dass 2024 so viele Medien über Dumbphones als Gen-Z-Trend berichtetet haben, könnte daran liegen, dass sich zu dieser Zeit unter dem Hashtag #bringbackflipphones wieder vermehrt Videos auf TikTok verbreitet haben. Junge Menschen feiern die „dummen Handys“ auf Social Media seit Jahren. Wer sich ihre Accounts allerdings genauer anschaut, bemerkt, dass einige von ihnen für Affiliate-Links bezahlt werden. Nicht alle kennzeichnen diese Art der Werbung.
„Was hier passiert, ist eine extrem schlaue Vermarktungsmaschine“, sagt Viktoria Renner BuzzFeed News Deutschland. Sie ist Co-Gründerin der Marketing-Agentur Ozmoze und identifiziert tagtäglich sogenannte „untersättigte Trends“ auf TikTok, auf die Unternehmen, „wenn sie schlau sind“, aufspringen, indem sie einige Influencer bezahlen. So entstehe eine bezahlte Trendwelle, auf die immer mehr Menschen aus der Gen Z aufspringen. „Sie wird zur Mischform aus echtem und künstlichen Hype. Ein klassischer Aufschwungeffekt“, sagt Renner.
In der heutigen Welt seien die Trendzyklen kürzer. Dumbphone-Hersteller wie HMD würden sich dieser Tatsache und der, dass junge Menschen 2000er-Mode feiern, bedienen, indem sie jedes Jahr ein neues Barbie-, Heineken- oder FC-Barcelona-Klapphandy herausbringen. „Sie haben den Trend künstlich aufgeblasen“, sagt Renner. Als sie vergangenen Sommer auf einem Event war, bei dem das neue Barbie-Flip-Phone vorgestellt wurde, konnte sie beobachten, wie sich Influencerinnen mit ihrem Smartphone selbst filmten, während sie mit dem Dumbphone posierten. „Das anzusehen, hatte eine gewisse Ironie.“
Kann die Gen Z ohne Smartphone leben – „mache mir da keine Illusion“
„Der Anspruch von Dumbphones ist nicht Funktionalität, sondern ein Fashion-Accessoire zu sein“, sagt sie. „Dumbphone-Hersteller kreieren wie Mode-Hersteller einen Bedarf, den es nicht gibt und der auf einem philosophischen Metatrend basiert.“ Ja, die Gen Z wolle weniger online sein, aber dafür gebe es andere Lösungen, zum Beispiel Apps und Widgets, die aus dem Smartphone für kurze Zeit ein Dumbphone machen. Lösungen, die nicht noch mehr Technik und Plastikschrott produzieren.
„Für die Gen Z bleibt das Smartphone unersetzlich. Ich habe mich auch schon ertappt, solch ein Dumbphone kaufen zu wollen, aber ich mache mir da keine Illusion: Als Zillennial könnte ich nicht ohne Smartphone leben“, sagt Renner und spricht mir damit nach meinem Dumbphone-Experiment aus der Seele.