Unmut und Frustration bei Landwirten
Psychotherapeutin zum Verbot der Anbindehaltung: Bauern „fassungslos“, Vorgaben teils „unsinnig“
Immer wieder protestieren die Bauern, immer wieder werden neue Vorgaben und Regeln ausgegeben. Jüngstes Beispiel ist die Thematik der „Anbindehaltung“. Tierschützer und Staat möchten diese möglichst schnell verbieten, manchen Bauern bereitet dies Probleme. Wir haben mit Psychotherapeutin Karen Hendrix darüber gesprochen, was diese Konflikte mit Landwirten machen.
Bayern - Das Ende der Anbindehaltung soll endgültig etabliert werden. Zunächst wollte man dies innerhalb von fünf Jahren umsetzen, am 24. Mai wurde eine Verlängerung der Übergangsfrist auf ganze 10 Jahre ins Auge gefasst. Den Konflikt und die möglichen Folgen - vor allem für viele kleine Betriebe - ändert das kaum.
Und während also Behördenvertreter, Tierschützer und Landwirte jeweils ganz eigene Meinungen zu der neuen Vorgabe vertreten, wird diese dennoch bald anstehen. Sofern möglich.
Die Sicht von Landwirten und Tierschützern
Ein Pressemitteilung des Bayerischen Bauernverbands zitierte den Verbandspäsidenten Günther Felßner wie folgt: Trotz der großen Bauerndemonstrationen verkenne die Regierung nach wie vor die Situation in der Landwirtschaft und der Tierhaltung. „Die neuen Belastungen und Verbote bedrohen die heimische Tierhaltung, die Folgen dieses Gesetzentwurfs wären besonders für den Süden gravierend“, so Felßner weiter. Allein in Bayern halten rund 13 000 Betriebe ihre Rinder in Anbindehaltung.
Tierschützer stehen naturgemäß dem Gesetz ganz anders gegenüber. „Mit dem Gesetzentwurf wird der Anspruch eines Staatsziels Tierschutz unterlaufen und Versprechen aus dem Koalitionsvertrag gebrochen. Das ist inakzeptabel. Ein Tierschutzgesetz muss Tiere schützen, nicht den faulen Koalitionsfrieden. Die Ampel lässt Millionen Tiere weiter leiden und wird dem Wunsch vieler Bürger nach einem höheren Schutz von Tieren nicht gerecht“, kommentiert Thomas Schröder, Präsident des Deutschen Tierschutzbundes, in einer Pressemitteilung.
Landwirte im Fokus
Psychotherapeutin Karen Hendrix sieht viele Landwirte nun unter Druck. Planungsunsicherheit und das eventuelle Fehlen eines Nachfolgers machen langfristige Investitionen schwierig. „Wer baut einen Stall für Millionen, wenn in 13 oder weniger Jahren eh Schluß mit der Milchviehhaltung ist?“, fragt sie im Innsalzach24-Interview. Gerade auch bei Bergbauern sei diese Vorgabe aus Platzmangel und Hanglage „unsinnig“.
„Ich möchte an dieser Stelle auch bemerken, daß eine Anbindehaltung keinesfalls lustig für den Bauern ist, denn mit dem Melkzeug unter der Kuh rumzukriechen ist anstrengend und zeitaufwendig“, so Hendrix weiter. „Die Jungen, die in den nächsten Jahren Milchviehhöfe übernehmen sind nicht mehr zu dieser Art der Arbeit bereit. Insofern erledigt sich dieses Thema von selbst.“
Staat fehle der Bezug zur Lebensrealität der Bauern
Karen Hendrix schlägt hier eine Brücke für Landwirte: „Ich persönlich kenne keinen Bauern, der nicht alles tut, damit es seinem Vieh, von dessen Ertrag ja auch die Existenz des Hofes abhängt, so gut wie möglich geht. Wo es machbar ist, haben Landwirte ihre Höfe ja bereits verändert. Es gibt aber auch Lagen, in denen ein Umbau nicht möglich ist, oder auch zum Teil von Anwohnern verhindert wird.“
Dass Entscheidungen von Behördenvertretern getroffen werden, berge Zündstoff. „In der Regierung, den Ministerien und auch den untergeordneten Behörden sitzen meist Menschen, die keinen Bezug zur Lebensrealität eines Landwirts haben“, meint Hendrix. „Gut gemeint ist leider meist nicht gut gemacht, wenn kein Hintergrundwissen vorhanden ist und die Zusammenhänge fehlen. Jahrhundertealte Praktiken hatten durchaus ihre Berechtigung und wären noch heute aktuell“, so die Psychotherapeutin. „Das Wissen fällt leider der Bürokratie zum Opfer.“
Emotional belastend
Immer wieder gehen daher die Bauern auf die Straße, blockieren den Verkehr. „In den Bauernprotesten entlädt sich der Unmut und die Frustration über die nicht praktikablen Vorgaben der Regierung“, so Karen Hendirx zu den Hintergründen. Sie verweist auf die großen Hilfsbemühungen mancher Landwirte, die gerade im Hochwassergebiet tatkräftig mit angepackt haben. Mit ihren Traktoren konnten sie so manche Krise meistern helfen.
„Jetzt ist das Geschrei groß, wenn ein Bauer am Sonntag Gülle fährt oder spritzt, was er nicht tut um andere zu ärgern, sondern weil sein Arbeitsablauf dies benötigt“, argumentiert sie weiter. „Wie groß ist das Geschrei, wenn es keine Bauern mehr gibt, die sich für die Allgemeinheit einsetzen, ganz nebenbei die Landschaft erhalten und damit auch der Freizeitgestaltung der Nichtlandwirte dienen.“
ar