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Nach Vorwürfen gegen die Molkerei Berchtesgadener Land

Anbindehaltung abschaffen? „Kann nie unser Ziel sein, dass diese Betriebe aufgeben müssen“

Kühe in einem Stall Symbolbild
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Die ganzjährige Anbindehaltung soll nach einem Gesetzesentwurf in zehn Jahren abgeschafft werden.

In einem Video stellt die Tierrechtsorganisation Animal Rights Watch der Molkerei Berchtesgadener Land wegen der Anbindehaltung an den Pranger. Während die Molkerei umgehend reagiert, stellt sich die Frage, ob und wie ein Ausstieg aus der Anbindehaltung in der Region überhaupt möglich ist.

Piding – Das Instagram-Video, in dem die Tierrechtsorganisation Animal Rights Watch (Ariwa) die Molkerei Berchtesgadener Land wegen der Anbindehaltung und der Bedingungen für die Tiere an den Pranger stellt, hat hohe Wellen geschlagen. Die Molkerei hat auf die Vorwürfe reagiert, wie BGLand24.de berichtete. Auf den vier im Video dargestellten Bauernhöfen, die übrigens nicht im Berchtesgadener Land liegen, aber Mitglieder der Molkerei sind, seien umgehend Maßnahmen ergriffen worden.

Es handelt sich hierbei um kleine bäuerliche Familienbetriebe mit 15 bis 28 Kühen, die Kombinationshaltung betreiben. Bei dieser Haltungsform sind die Kühe im Winter im Stall angebunden und von Mai bis Oktober an mindestens 120 Tagen auf der Weide. Die Videoaufnahmen von Ariwa sollen bereits im Februar entstanden sein, als sich die Tiere noch im Stall befanden. In Bayern hält rund die Hälfte der Milchviehbetriebe ihre Tiere in Anbindehaltung. Das entspricht etwa 30 Prozent der Kühe und 25 Prozent der Milchmenge.

Hintergrund des Aufschreis von Ariwa ist, dass das Bundeskabinett am 24. Mai den Entwurf zur Änderung des Tierschutzgesetzes beschlossen hat. Landwirtschaftsminister Cem Özdemir möchte demnach die ganzjährige Anbindehaltung erst in zehn Jahren untersagen. Ursprünglich war die Abschaffung innerhalb von fünf Jahren geplant. Die Kombinationshaltung soll für Betriebe mit höchstens 50 über sechs Monate alten Rindern weiterhin erlaubt bleiben.

Kleine Milchbetriebe mit Anbindehaltung von gesellschaftlicher Bedeutung

Inzwischen hat sich auch der Bayerische Bauernverband zu den Vorwürfen von Ariwa zu Wort gemeldet. Pressesprecher Markus Drexler erklärt gegenüber der Redaktion, dass der Bauernverband nicht direkt von Ariwa mit den Vorwürfen konfrontiert wurde. Man kenne lediglich das Material aus Medienberichten und durch Social Media.

Drexler hebt die gesellschaftliche Bedeutung der kleinen Milchviehbetriebe mit Anbindehaltung sowohl für die Landschaftspflege als auch für die Bewirtschaftung von Grünland hervor. „Denn es sind gerade diese Betriebe, die kleinteilige Grünlandflächen, Hanglagen und andere ökologisch wertvolle Grenzstandorte pflegen und erhalten. Damit übernehmen sie unverzichtbare Aufgaben für den Klima- und Bodenschutz sowie für den Erhalt der Artenvielfalt.“ Würden diese Betriebe aus der Milcherzeugung aussteigen, „wäre dies ein großer Verlust für die einzigartige bayerische Kulturlandschaft.“

Ähnlich sieht dies auch Dr. Bernhard Zimmer, Kreisrat (Grüne) und selbst Landwirt in Piding. „Die Forderung nach Abschaffung der Nutztierhaltung, die einige Gruppen aufstellen, lehne ich grundsätzlich ab, denn Landwirtschaft braucht Tiere auf der Fläche und klimaschonende artenreiche Grünlandbewirtschaftung braucht Wiederkäuer auf der Fläche.“ Dennoch müsse die Anbindehaltung ein Ende haben. Der Gesetzesentwurf des Landwirtschaftsministeriums weise hier den Weg, wie es weitergehen soll.

Umrüstung der Ställe als langfristiges Ziel

„Schneller werden wir sein, wenn wir diejenigen, meist sehr kleinen Betriebe (oft im Nebenerwerb), tatkräftig unterstützen, dass sie ihre Ställe entsprechend umrüsten und umbauen können“, so Zimmer. Er stehe hinter dem Ziel der flächengebundenen Tierhaltung: „Nur so viele Tiere werden gehalten, wie die Fläche auch ernähren kann.“ Dies führe auch zu mehr Artenvielfalt und Klimaschutz. Jedoch müssten diese Leistungen auch entsprechend honoriert werden.

Wichtig sei es laut Zimmer daher, die sehr kleinen Betriebe zu fordern und zu fördern. „Es kann nie unser Ziel sein, dass diese landwirtschaftlichen Betriebe aufgeben müssen und es muss uns klar sein, dass diese Betriebe derzeit keinen fairen Marktbedingungen unterliegen. Die Erzeugerpreise sind viel zu niedrig, sie decken die Kosten nicht ab, um investieren zu können.“

Der Sprecher des Bayerischen Bauernverbandes Drexler versichert, dass sich die bestehenden Anbinde-Betriebe für Weiterentwicklungen aufgeschlossen zeigen, „insbesondere, wenn es um weitere Verbesserungen des Tierwohls geht. Teilweise haben sie bereits entsprechende Maßnahmen umgesetzt und bieten den Tieren neben hellen, luftigen Ställen auch Bewegung durch zeitweisen Weidegang oder Laufhof an.“ Auch die Molkerei Berchtesgadener Land hat darauf hingewiesen, dass sich zwei der drei konventionellen Betriebe und der Bio-Betrieb aus dem Video bereits in der Planungsphase für einen neuen Stall befänden.

Dennoch gibt es laut Bauernverband einige Gründe, die oftmals gegen größere Baumaßnahmen sprächen:

  • räumliche Enge (beispielsweise Innerortslage)
  • finanzielle Ausstattung
  • Flächenausstattung
  • geringe Aussicht auf die Genehmigungsfähigkeit von Neubauten
  • fehlende Planungssicherheit, zum Beispiel durch unsichere Generationenfolge

Der Bayerische Bauernverband wehrt sich seit Jahren gegen ein Verbot der Anbindehaltung bei Rindern und lehnt jegliche Fristsetzung zur Abschaffung ab. Jedoch sollen sich die betroffenen Betriebe langfristig mit Alternativen auseinandersetzen.

„Ich würde mir einen Ansatz wünschen, der diejenigen fördert, die sich auf den Weg machen wollen, um das Ziel einer zukunftsfähigen, nachhaltigen Landwirtschaft zu erreichen“, so Bernhard Zimmer. In die Geschäfte der Molkerei wolle er sich nicht einmischen. „Ich bin aber sehr froh, dass die Molkerei mir als Verbraucher gentechnik- und glyphosatfreie Produkte anbietet. Ich bin auch froh, dass die Genossenschaftsmolkerei sehr viele Mitglieder hat, die bäuerliche Landwirtschaft also ein umfassendes Mitspracherecht hat bei ihrer Molkerei.“

mf

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