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Elf Bewerber auf dem Traunsteiner Frühlingsfest

„Gschwerl“, zu wenig Bier auf der Bühne - und eine sachliche Debatte der Landratskandidaten

Die elf Kandidaten mit Moderator Effner für die Landratswahl im Landkreis Traunstein 2025.
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Die elf Landratskandidaten mit Moderator Axel Effner (unten rechts). Obere Reihe von links: Heinz Wallner (Bayernpartei), Sebastian Gruttauer (AfD), Ute Künkele (ÖDP), Joe Martz (Linke). Mittlere Reihe von links: Sepp Hohlweger (Grüne), Reinhard Melz (Die Basis), Martin Lackner (CSU), Hans Wembacher. Untere Reihe von links: Werner Fertl, Andreas Danzer (FW), Christian Kegel (SPD).

„Elf Kandidaten für eine Landratswahl sind absoluter Rekord“, meinte Moderator Axel Effner - und er hatte sie am Montagabend alle gleichzeitig auf der Bühne des Traunsteiner Frühlingsfests. Wie die Podiumsdiskussion ablief, was auffiel und wer welche Akzente setzte:

Traunstein - Es war ein bunt durcheinandergewürfelter Haufen, der da am Montagabend (12. Mai) auf der Bühne im Bierzelt des Traunsteiner Frühlingsfests stand: AfD-Kandidat Sebastian Gruttauer in der Lederhose seines Törringer Trachtenvereins „d‘Heulandler“ und neben ihm Linken-Kandidat Joe Martz im Pullover der Punk-Band „Die Toten Hosen“ und darunter ein T-Shirt mit der Aufschrift „Gschwerl“. Hans Wembacher pumpte die Oberarme auf und reckte die Fäuste in die Luft, während einer wie Reinhard Melz (Die Basis) sich lieber zurückhielt und bei kurzen Statements blieb.

Die Landratskandidaten (von links): Sebastian Gruttauer (AfD), Reinhard Melz (dieBasis), Werner Fertl (Unabhängig / MachMit Herz³), Hans Wembacher (Miteinander für den Landkreis), Johann Martz (Die Linke), Andreas Danzer (FW/ UW), Heinz Wallner (Bayernpartei), Christian Kegel (SPD), Martin Lackner (CSU), Dr. Ute Künkele (ÖDP), Sepp Hohlweger (Grüne) und Moderator Axel Effner.

Rund 1500 Interessierte im Traunsteiner Festzelt

Das Bierzelt war mit gut 1500 Zuhörern gut gefüllt, als Moderator Axel Effner begann, all die Bewerber auf der Bühne zu dirigieren. Sicher kein leichter Job, doch er meisterte ihn trotzdem: „Das ist das erste Mal, dass ich sowas in einem Bierzelt mache“, gestand Effner. Dass es gleich elf Kandidaten für die Landratswahl am 29. Juni sind, sei ein „absoluter Rekord“. Tiefschürfende Debatten wären in so einer großen Runde kaum möglich gewesen. Vielmehr war es das Ziel von Moderator Effner sowie den Festwirten Rudi Zeif und Valentin Thannbichler, die Kandidaten vorzustellen und ihnen eine Bühne zu geben.

Zuversichtlich, die Unterschriften-Hürden zu überspringen: Landratskandidat Hans Wembacher.

Sprudel und Säfte wurden auf die Stehtische drapiert, da dauerte es nur noch ein paar Minuten bis Heinz Wallner von der Bayernpartei das Mikro in die Hand bekam: „Ich gehe jetzt seit 45 Jahren ins Bierzelt. Aber das ist das erste Mal, dass ich Wasser trinken muss.“ Im Handumdrehen stand ein voller Masskrug neben ihm - und auch neben allen anderen. So mancher griff gern zu, andere nippten lieber nur. Dann ging es an die Inhalte, wobei Moderator Axel Effner die elf Kandidaten in drei Grüppchen aufteilte. So blieb der Überblick erhalten und das Tempo hoch.

Hohlweger für MVV-Beitritt, Fertl „brennt für Inklusion und Pflege“

Es war dann ein relativ zügiger Ritt durch jene Themen, die der Landkreis selbst regeln kann. Andreas Danzer (Freie Wähler) verteidigte die Finanzspritzen für die Kliniken Südostbayern: „Wir wollen sie in unserer Hand behalten und eine qualitativ hochwertige Versorgung anbieten.“ Sepp Hohlweger (Grüne) machte sich für einen Beitritt zum Münchner Verkehrsverbund MVV stark. Die meisten der hiesigen Pendler würden in die Landkreise Rosenheim, Mühldorf und Ebersberg fahren. „Aber wir befinden uns im Niemandsland. Und die Besucher kommen eh zu uns. Die Frage ist nur, ob mit dem Auto oder dem Zug.“

Sebastian Gruttauer (links) tritt für die AfD an; Reinhard Melz und Werner Fertl (rechts) brauchen dagegen noch Unterschriften.

Der unabhängige Werner Fertl betonte immer wieder sein Engagement für Menschlickeit, Solidarität und Einbindung aller: „Ich brenne für Inklusion und Pflege. Die Themen haben wenig Lobby.“ Und er stehe zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung - da hebe er sich gegen einen seiner Mitbewerber ab. Er dürfte vermutlich Sebastian Gruttauer von der AfD gemeint haben, mit 31 Jahren der Jüngste in der Runde. Auf die Diskussion wollte sich Gruttauer nicht einlassen. Mit seinen „konservativen Werten“ passe die AfD nun mal zu ihm. Er hatte den Leerstand im Fokus: „Die Wohnbaugesellschaft sollte leere Gebäude aufkaufen, investieren und damit die Ortskerne beleben und erhalten.“

Lackner und Kegel unterstreichen Bildungsprojekte des Landkreises

Martin Lackner (CSU) stellte die von Ex-Landrat Siegfried Walch angestoßenen Bildungsprojekte in den Vordergrund: den „Campus Chiemgau“ und den Neubau der Berufsschule I in Traunstein. Der Landkreis habe damit gezeigt, dass Bildung ein Zukunftsthema sei. „Ich will einen attraktiven Landkreis für unsere Jugend, damit sie hier bleibt.“ Auch SPD-Kandidat und Traunsteins Alt-Oberbürgermeister Christian Kegel stieß ins selbe Horn: „Die Schulden wachsen uns nicht über den Kopf. Das sind Investitionen in die Bildung und damit in die Zukunft.“

Hatten mit der großen Bühne sichtlich kein Problem: Andreas Danzer (FW, links) und Christian Kegel (SPD).

Beim Thema Zukunft dachte Reinhard Melz (Die Basis) zurück an die Corona-Pandemie. Ein „Betrug“ wie während der damaligen Maßnahmen müsse für die Zukunft ausgeschlossen werden. Über den Widerstand gegen die Corona-Maßnahmen sei er erst in der Politik gelandet. Den Wohnungsbau sah der unabhängige Hans Wembacher als drängendstes Problem. Der Landkreis wachse jährlich um fünf Prozent. Vor allem der private Wohnungsbau müsse angekurbelt werden, auch er selbst habe schon Wohnbauten finanziert.

Wallner: Kein Auseinanderbrechen „in Kommunisten und Rechtsextreme“

Einen „Ruck“ der durch die Gesellschaft geht, erhofft sich Heinz Wallner (Bayernpartei). Den Umbruch zur digitalen Welt müsse man meistern, ohne Traditionen und Werte zu verlieren. Das Auseinanderbrechen der Gesellschaft „in Kommunisten und Rechtsextreme“ gelte es zu verhindern. „Wahnsinnig hohe Mieten und viele leere Wohnungen“ erkannte Joe Martz von der Linken. Mit einem Leerstandskataster könnte man den Bedarf schneller erkennen und die Gemeinden mit Fördermitteln für den sozialen Wohnungsbau unterstützen. Neben „günstigen Wohnraum für alle“ forderte Martz auch ein Frauenhaus für den Landkreis.

Linken-Landratskandidat Joe Martz.

Und was hatte es schließlich mit Martz‘ „Gschwerl“-T-Shirt auf sich? Auch Moderator Effner zeigte sich anfangs einigermaßen verwundert darüber. „Der übliche konservative Wähler denkt sich doch genau das, wenn er vorm Linken-Plakat steht. Und deswegen nenne ich mich gleich selbst so, um ihm diese Macht zu nehmen“, so der Linken-Landratskandidat auf Nachfrage von chiemgau24.de. Als einzige Frau in der Runde behauptete sich Ute Künkele von der ÖDP. Sie befürchtete, dass der Klimaschutz zu wenig Beachtung findet. Der Landkreis solle PV-Anlagen, Geothermie und Windkraft fördern. Auch Wasserkraft sei gut, „aber lasst mir bitte die Salzach in Ruhe“, so Künkele.

Sepp Hohlweger von den Grünen, Ute Künkele von der ÖDP und Bayernpartei-Kandidat Heinz Wallner.

Kaum noch Unterstützung für großen Ausbau der A8

Auch das Publikum konnte noch einige, wenige Fragen stellen. Eine davon betraf den möglichen Ausbau der A8, auch wenn die Bundespolitik darüber entscheiden wird. Der einzige, der sich explizit für einen sechsspurigen Ausbau aussprach, war Andreas Danzer von den Freien Wählern - „das ist ein starker Wirtschaftsfaktor“. Dass sich dieser „große Ausbau“ erledigen wird, wohl wegen der Wirtschaftlichkeit, vermuteten dagegen CSU-Kandidat Lackner und Hans Wembacher. Den meisten Zuspruch fand bei den Landratsbewerbern der Bau lediglich eines durchgängigen Pannenstreifens. Zum Beispiel Kegel, Hohlweger, Künkele und Gruttauer sprachen sich konkret dafür aus.

Dürfte als CSU-Kandidat wohl als Favorit ins Rennen gehen: Engelsbergs Bürgermeister Martin Lackner.

Hans Wembacher, Werner Fertl und Reinhard Melz brauchen jeweils 430 Unterstützungsunterschriften, um auf dem Stimmtzettel zu landen. Denn ihre Wählergruppen sind bis dato noch nicht im Kreistag vertreten. Wie berichtet, ist Wembacher damit am weitesten: „Ich habe schon 82 Prozent und bin zuversichtlich, dass ich es schaffe.“ Bis kommenden Montag um 12 Uhr können die Bürger jeweils in ihrem Rathaus für die Kandidaten unterschreiben. Während Siegfried Walch es zuletzt 2020 gleich im ersten Wahlgang schaffte, darf man heuer davon ausgehen, dass kein Kandidat auf Anhieb über 50 Prozent kommt. Dann wird eine Stichwahl nötig. (xe)

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