Ansichten im Kreistag gehen auseinander
Gefahr oder Chance? Traunsteiner Debatte um MVV-Anbindung geht in die nächste Runde
Seit dem Beitritt Rosenheims reicht die Grenze des Münchner MVV bis an Traunsteins Landkreisgrenze - jetzt fordern die Grünen, einen Beitritt zu prüfen. Im Kreistag entspann sich eine breite Debatte zu möglichen Folgen für den Tagestourismus, die Eigenständigkeit des Landkreises oder die Lebenshaltungskosten in der Region.
Traunstein - Welche Vor- und Nachteile hätte ein Beitritt des Landkreises Traunstein zum Münchner Verkehrs- und Tarifverbund (MVV)? Die Kreis-Grünen wollten das konkret prüfen lassen, sind mit ihrem Antrag am Mittwoch (19. Juni) im Verkehrsausschuss des Landkreises aber abgeblitzt. „Zu den Kosten sollten wir Angebote einholen und Gespräche beginnen. Sonst haben wir nur Vermutungen“, so Simon Hüller (Grüne). Der Ausschuss einigte sich schließlich einstimmig auf einen allgemeineren Beschluss, „mit allen Nachbarlandkreisen und Verbünden in Kontakt zu bleiben und permanent die Parameter zu prüfen“.
Mehr Tagestouristen aus München in den Chiemgau locken?
Die Grünen sehen vor allem Vorteile für Pendler nach München und - seit dem Beitritt des Nachbarlandkreises im Dezember 2023 - auch nach Rosenheim. Auch Tagestouristen aus dem MVV-Gebiet ließen sich so mit dem ÖPNV besser in den Landkreis Traunstein locken. Ansonsten würden sie mit den Autos Straßen und Parkplätze „verstopfen“, so Hüller. „Heute besteht in Bernau eine Tarifgrenze für Münchner Bade- und Berggäste“, heißt es im Grünen-Antrag.
Die Kreis-Grünen sehen außerdem die Gefahr, dass der Landkreis Traunstein, u.a. touristisch, abgehängt werden könnte. Die Pläne für einen Verkehrsverbund Traunsteins mit den Nachbarlandkreisen Berchtesgadener Land, Altötting und Mühldorf stocken. „Sonst stehen wir irgendwann mal alleine da“, befürchtete Helga Mandl (Grüne). Und im Land Salzburg können Urlauber ab kommendem Jahr den ÖPNV gratis benutzen - „ein weiterer Wettbewerbsvorteil gegenüber dem Chiemgau-Tourismus“.
Altenmarkts Bürgermeister: „Keine Schlafstädte für die Pendler“
Gänzlich kritisch zu einem theoretischen MVV-Beitritt äußerte sich dagegen beispielsweise Stephan Bierschneider (CSU): „Das Ziel kann nicht sein, dass von uns alle nach München hineinfahren. Ich will keine Schlafstädte für die Pendler bei uns“, so Altenmarkts Bürgermeister. Auch mit höheren Lebenshaltungskosten müsse man dann rechnen. Landrat Siegfried Walch (CSU) pflichtete bei: Allein die Aussicht, dass an einem Ort in 20 Jahren eine S-Bahn-Station entstehen könnte, würde Immobilienspekulanten schon auf den Plan rufen.
Walch und seine Kreisverwaltung betonten vor allem immer wieder, man hätte im MVV kaum Mitspracherechte: „Unser Gesellschaftsanteil läge bei drei Prozent“, so ÖPNV-Sachgebietsleiter Sebastian Schallinger. Er schätzte die einmaligen Beitrittskosten zum MVV auf bis zu zwei Millionen Euro. „Und auf die laufenden Kosten hätten wir keinen Einfluss. Die müssten wir nach München abführen.“ Engelsbergs Bürgermeister Martin Lackner drückte es so aus: „Wir wollen nicht die Münchner U-Bahnen mitfinanzieren.“
„Durch das Deutschlandticket wurde die Situation doch eh schon entschärft“, meinte Christoph Treiner (Junge Liste). Damit merke man inzwischen ohnehin nicht mehr, wenn man das Verbundgebiet wechselt. Auch wenn die Kreisverwaltung empfahl, einen MVV-Beitritt nicht weiter zu untersuchen und auch Walch sich bisher immer sehr kritisch äußerte, wollte der Landrat die Tür noch offenhalten. Daher auch der allgemeine Beschluss und keiner gegen einen MVV-Beitritt.
xe