Exklusiv vor der Haushaltsdebatte
„Mehrere große Brummer“: Wie das große Geldausgeben in Wasserburg Schatten voraus wirft
„Haushalt der Perspektiven“ nennt Bürgermeister Michael Kölbl den Etat, der Donnerstag (25. Januar) im Stadtrat verabschiedet wird. Wir haben exklusiv die wichtigsten Zahlen des Entwurfs. Wie es mit Millionen-Investitionen in Feuerwehrhaus, Wertstoffhof und Grundschule weiter geht und welche Rolle eine „Riesen-Überraschung“ spielt.
Wasserburg – „Durchatmen“ heißt es 2024 finanziell in Wasserburg: Der Verwaltungshaushalt, der die jährlich wiederkehrenden Einnahmen und fortlaufenden Ausgaben aufzeigt, ist zwar erneut deutlich gestiegen: auf 49 Millionen Euro. Der Vermögenshaushalt, Spiegelbild der Investitionen, beläuft sich jedoch nur auf acht Millionen Euro. Die erste Überraschung, schließlich stehen bekanntlich Riesen-Ausgaben für Baumaßnahmen wie das neue Feuerwehrhaus, die Verlagerung des Wertstoffhofs und die Grundschulerweiterung sowie Kläranlagen-Modernisierung an. Doch 2024 ist noch ein Planungsjahr, das große Geldausgeben folgt erst 2025, dann jedoch mit Macht und über mehrere Jahre hindurch.
Bürgermeister Michael Kölbl (SPD) charakterisiert 2024 deshalb als „das Jahr der Perspektiven“. Im Exklusiv-Gespräch mit der Wasserburger Zeitung, ovb-online und wasserburg24.de stellt der Rathauschef einen Tag vor der Etatverabschiedung im Stadtrat die wichtigsten Eckzahlen vor. Sie werden sich mit großer Wahrscheinlichkeit nicht mehr grundlegend ändern, denn der Haushalt ist in den Fraktionen und Ausschüssen über Wochen vorberaten worden. Alle Beschlüsse fielen laut Kölbl bisher einstimmig.
Keine Streitpunkte?
Es wird also keine Streitpunkte geben? Im Großen und Ganzen wohl nicht. Doch es ist üblich in Wasserburg, dass die Fraktionen die Stadtratssitzung, in der der Etat verabschiedet wird, zur Standortbestimmung ihrer Politik nutzen. Es wird also wieder spät werden im historischen Sitzungssaal. Denn alle Fraktionen reden am Donnerstag, 25. Januar, öffentlich zum Haushalt der Stadt und der Stadtwerke, außerdem der Kämmerer und der Bürgermeister sowie die Stadtwerke-Referentin. Wer Durchhaltevermögen besitzt, sollte sich die Sitzung nicht entgehen lassen, denn die Vorträge verdeutlichen sehr gut, wie die Kommunalpolitiker ticken, welche Fraktion wo einen Schwerpunkt setzt, in welchen Punkten Potenzial für Differenzen und Streit vorhanden ist.
Große Meinungsverschiedenheiten wird es wohl nicht geben, denn die finanzielle Lage der Stadt ist gut, so die Einschätzung des Bürgermeisters. Das liege auch daran, dass 2023 besser gelaufen sei als gedacht, betont Kölbl. Die Kämmerei musste keinen Kredit aufnehmen und keine Rücklagen entnehmen. Das „Sparbuch“ wurde sogar um 1,2 Millionen Euro aufgestockt, es weist jetzt eine Rücklage von elf Millionen Euro auf, berichtet der Bürgermeister. Wasserburg ist quasi schuldenfrei, denn die Verbindlichkeiten belaufen sich laut Kölbl nur auf vier Millionen Euro.
Hohe Gewerbesteuereinnahmen
Dass der Rathauschef am Tag vor der Haushaltsverabschiedung entspannt wirkt, liegt auch an hohen Einnahmen: 14,3 Millionen Euro Gewerbesteuer hat Kämmerer Konrad Doser für 2024 angesetzt. 13,2 Millionen Euro flossen 2023 in die Kassen der Stadt. Dass dieser Betrag so ungewöhnlich hoch ist (eingeplant waren im vergangenen Jahr neun Millionen) liege an einer „Riesen-Überraschung“, so Kölbl. Will heißen: Ein Unternehmen zahlte einen Betrag, mit dem niemand trotz enger Kontakte zur Wirtschaft gerechnet hatte.
Deshalb soll an den Hebesätzen für Grund- und Gewerbesteuer nicht gerüttelt werden, gute Nachricht für die Bürger und die Firmen. Doser schlägt zur Finanzierung des Haushalts nur eine Kreditaufnahme von 600.000 Euro vor, eine reine Vorsichtsmaßnahme und vermutlich gar nicht notwendig, und einen möglichen Griff in die Rücklagen, denen drei Millionen entnommen werden könnten.
Rekordsumme geht an den Landkreis
Denn es gibt einen Verwaltungshaushalt, der es in sich hat: 49 Millionen Euro sind veranschlagt, sieben Millionen mehr als im vergangenen Jahr. Grund für diese Entwicklung nach oben: gestiegene Personalausgaben (von 8,3 Millionen Euro, Ansatz 2023, auf zehn Millionen), eine Folge von Tarifabschlüssen und neu geschaffener Stellen. Auch der Sachaufwand erhöht sich: um neun Prozent auf 14,5 angesetzten Millionen. Das liege auch an der Notwendigkeit, das Parkhaus an der Überfuhrstraße zu sanieren.
Wasserburg muss außerdem eine Rekordsumme an den Landkreis abführen: fast zehn Millionen Euro vermutlich, denn bei der Kreisumlage, nach der die Zahlungen der Kommunen an den Landkreis berechnet werden, wird eine Erhöhung erwartet, weiß Kreistagsmitglied Kölbl. Dank hoher Steuereinnahmen könne die Stadt trotzdem einen Überschuss erwirtschaften, der vom Verwaltungs- in den Vermögenshaushalt wandert: Diese sogenannte „freie Finanzspanne“ für zusätzliche Investitionen beträgt 2024, so der Etatansatz, etwa 1,4 Millionen Euro. „Nicht komfortabel, aber gut“, findet der Bürgermeister, 2023 lag der Überschuss im Ansatz schließlich lediglich bei 253.000 Euro, nach Abzug der Tilgung in Höhe von 200.000 Euro sollten sogar nur 47.100 Euro bleiben, was für Sorgenfalten gesorgt hatte.
„Mehrere Brummer“ stehen an
Die wird es heuer nicht geben. Und auch keine gewaltigen Investitionen, weil es 2024 vor allem um Planungen und Vorbereitungen großer Maßnahmen geht. Doch ein Blick in das Investitionsprogramm der nächsten Jahre lässt aufhorchen: 2025 weist es statt acht Millionen Euro wie heuer im Ansatz des Kämmerers schon 13 Millionen auf, 2026 bereits 14 Millionen, 2027 sogar 16 Millionen Euro. Denn es stehen laut Kölbl „mehrere Brummer“ an. Größte Brocken: der Neubau des Feuerwehrhauses (15 Millionen sind eingeplant bis 2027), in den Folgejahren noch einmal fünf Millionen, weil auch das Feuerwehrhaus Reitmehring umgebaut und erweitert werden muss.
Zwei Millionen stehen im Programm für die Erweiterung und den Umbau der Grundschule Am Gries, bis 2027 plant die 15 Millionen bei diesem Posten. Daran hängt der Bau des neuen Wertstoffhofes an der Priener Straße, der von 2025 bis 2027 mit 4,5 Millionen Euro angesetzt worden ist. Außerdem gibt es eine gute Nachricht für die Sportler: Ab 2026 stehen Investitionen für neue Trainingsplätze im Programm. Am Badria wird eine Fläche angepeilt. In der Finanzplanung stehen ab heuer Planungsmittel bereit, ab 2026 größere Investitionsmittel. Weniger populär, jedoch ebenfalls notwendig: die Modernisierung der Kläranlage. 2026 läuft der Wasserrechtsbescheid aus, berichtet Kölbl. Millionenbeträge fließen hinein, die Bürger müssten zum Teil mit erhöhten Beiträgen und Gebühren rechnen.
2024 ist also finanziell gesehen ein Jahr zum Durchschnaufen, dann kommt es knüppeldick. Doch alle Millionen-Investitionen basieren auf bereits gefassten Grundsatzbeschlüssen. In den nächsten Jahren werde Wasserburg jedoch vermutlich nicht drumherum kommen, mehr Schulden zu machen, auch wenn viele große Baumaßnahmen über mehrere Jahre gestreckt werden könnten. Und muss hoffen, so Kölbl, dass die Steuereinnahmen nicht einbrechen. Eine große Wirtschaftskrise, die auch die Unternehmen der Stadt trifft, kann sich Wasserburg angesichts des Ausgabenvolumens ab 2025 eigentlich nicht leisten, zeigt das Investitionsprogramm auf.
