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Debatte im Stadtrat um das neue Gerätehaus

„Kosten-Explosion“? Oldtimer-Museum? Wasserburg diskutiert über Millionen-Projekt Feuerwehrhaus

KS 15 und das Gelände des Feuerwehrhauses
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Der Oldtimer KS15 ist der Stolz der Wasserburger Feuerwehr, doch findet er einen Platz auf dem beengten Gelände des neuen Gerätehauses?

Inwieweit ist ein Feuerwehrhaus ein reines Nutzgebäude, inwieweit auch die Heimat eines Vereins? Diese Grundsatzfrage stellte sich der Wasserburger Stadtrat in einer seiner längsten, intensivsten und emotionalsten Diskussionen. Der Anlass scheint dabei banal: Ein Oldtimer-Fahrzeug sucht ein Zuhause.

Wasserburg – Eigentlich scheint alles klar zu sein für das neue Feuerwehrhaus in Wasserburg. Einstimmig sprach sich der Stadtrat in seiner Sitzung deshalb für den Vorentwurfsplan aus und doch kam es im Gremium zu einer knapp zweistündigen Diskussion. Die Frage, ob der Stolz der Wasserburger Floriansjünger, der Oldtimer KS 15, im Haus untergebracht werden kann oder muss, beschäftigte das Gremium lange. Es stellte sich die Grundsatzfrage: Inwieweit ist ein Feuerwehrhaus ein reines Nutzgebäude und inwieweit ist es auch die Heimat eines Vereins?

Kostenschätzung 13,3 Millionen Euro

Fünf Jahre dauerten die Planungen für den Vorentwurf. Eine Arbeitsgruppe aus Vertretern des Stadtrats, des Planungsbüro IBG und der beiden Wasserburger Feuerwehren hatte viele Stunden investiert. Dass es nicht immer leicht war, ist kein Geheimnis. Es kam zu einemn Kommandantenwechsel und zu Konflikten. Auch Bürgermeister Michael Kölbl (SPD) gab zu, dass es Phasen gegeben habe, wo es nicht danach ausgesehen hätte, als wäre ein Feuerwehrhaus auf dem geplanten Grundstück verwirklichbar. Nun steht jedoch fest: Es klappt. 13,3 Millionen soll das Gebäude kosten, so die aktuelle Kostenschätzung. Plus minus 30 Prozent.

Hier kommt das neue Wasserburger Feuerwehrhaus hin: Das gelb umrandete Gelände ist das Grundstück nahe der Rampe.

Der Bau soll, wie bereits bekannt, neben dem Busbahnhof entstehen und ist parallel zum Inn geplant. Er sieht einen zweigeschossigen hinteren Teil und eine eingeschossige Fahrzeughalle vor. „Damit es keinen Hallencharakter hat, ist die Idee, hier mit Giebeldächern zu arbeiten“, erklärte Uwe Kaila, der mit seinem Kollegen Felix Schanzmann dem Stadtrat den Vorentwurf vorstellte.

Wichtiger Aspekt: Kein Begegnungsverkehr

Alarmierte Einsatzkräfte, so der Plan, rücken auf der Seite des Busbahnhofs an, parken dort und gelangen über einen Seiteneingang direkt zu den Umkleiden. In der Fahrzeughalle sind zehn Stellplätze vorgesehen. Außerdem gibt es noch eine Waschhalle, die theoretisch ebenfalls als Stellplatz genutzt werden kann. Das Gebäude soll rückwertig umfahren werden können. „So haben wir keinen Begegnungsverkehr auf dem Hof“, erklärte Schanzmann. Ein wichtiger Aspekt, denn immer wieder käme es bei Alarmfahrten zu Unfällen.

Die Pläne für das Erdgeschoss des neuen Feuerwehrhauses.

Auf der Westseite soll zudem Platz für die Anlieferung und Behandlung von kontaminiertem Material sein, also Atemschutzgeräte oder Schutzkleidung, die zuvor im Einsatz waren. Ebenfalls ein Aspekt, der zum Schutz der Einsatzkräfte dienen soll. „Wir wissen, dass Materialen, die im Einsatz waren und kontaminiert sind, Feuerkrebs und andere Krankheiten auslösen können“, erläuterte Schanzmann. Entsprechend sei es das Ziel, das Material möglichst nicht in die Halle zu tragen und schon vorher behandeln zu können.

Daneben bietet das Erdgeschoss noch Platz für Lagerflächen, Sanitäranlagen, Kompressorraum und Schlauchwaschanlage. „Im Erdgeschoss ist eben alles untergebracht, was eine Feuerwehr für ihre tägliche Arbeit braucht“, fasste Kaila den Plan zusammen.

Obergeschoss mit Veranstaltungsraum

Das Obergeschoss sei derweil vor allem für die Abläufe im Hintergrund vorgesehen. Ein Mehrzweck- und ein Lagerraum, Büros für Kommandantur, Vereinsvorstand und Führungskräfte, ein Funkraum mit Sichtkontakt zur Fahrzeughalle für Großschadensereignisse, ein Jugend- und ein Bereitschaftsraum mit Zugang zu einer Dachterrasse sind hier geplant. Außerdem ist ein Veranstaltungsraum mit Küche vorgesehen, der auch von Personen außerhalb der Feuerwehr genutzt werden kann. Der Zugang hierfür erfolgt über den Haupteingang mit Aufzug und Treppe und die Eingangshalle. Das war der Ort, um den sich die zweistündige, intensive Diskussion drehte.

Die Pläne für das Obergeschoss des neuen Gebäudes.

„Das Problem ist, uns hat nochmal der dringende Wunsch des Feuerwehrvereins erreicht, dass hier das Oldtimer-Fahrzeug KS 15 untergebracht und ausgestellt werden soll“, erklärte Bürgermeister Kölbl. Der Wunsch sei, ein kleines Museum zu schaffen und Besucher des Feuerwehrhauses mit dem historischen Auto zu begrüßen. Dafür müsste die Eingangshalle allerdings vergrößert werden. Kostenpunkt etwa 225.000 Euro.

Architekten wenig begeistert vom Plan

Die Architekten Kaila und Schanzmann zeigten sich wenig begeistert von dem Plan, das war deutlich zu merken. „Wir sind etwas unglücklich über das nachträgliche Reinquetschen“, sagte Schanzmann. Denn dadurch würden sich mehrere Probleme ergeben: Zum einen könne eine adäquate Unterbringung des Löschfahrzeugs nicht gewährleistet werden. Die zur Verfügung stehende Fläche sei sehr gering, sodass das Auto nicht in der Mitte des Raums platziert werden könne. Besucher würden an dem sehr wertvollen Unikat vorbeilaufen und es möglicherweise anrempeln. Um eine richtige Ausstellung zu gewährleisten, müsse außerdem mit Belichtungstechnik gearbeitet werden. Der gestalterische Ansatz des Gebäudes würde mit der Verlängerung des Gebäudes gebrochen. Außerdem käme es zu einer unnötigen Sichtbehinderung des zuerst ausrückenden Fahrzeugs.

„Das Fahrzeug ist ein Unikat“

Nicht jeder sah die Sachlage allerdings so negativ wie die beiden Architekten. Feuerwehrreferent Armin Sinzinger (Wasserburger Block) plädierte für eine Unterbringung. „Dieses Fahrzeug ist ein Unikat, das gibt es nur noch hier in Wasserburg“, erklärte er. Das Auto sei historisch interessant, es sei in den letzten Jahren des Zweiten Weltkriegs in Wasserburg stationiert gewesen, sei einmal sogar angegriffen und bombardiert worden. „Die Feuerwehrler haben das Fahrzeug liebevoll in unendlichen Stunden Arbeit restauriert“, meinte Sinzinger und pochte darauf, dass sich die Stadt die 225.000 Euro Kosten leiste. „Wir erreichten hier einen Bau für 50 Jahre und es handelt sich um nicht einmal zwei Prozent der Bausumme. Das sollte es uns wert sein.“

Der KS15 ist der Stolz der Wasserburger Feuerwehr. Hier ist er „im Einsatz“ zu sehen, bei einer historischen Feuerwehrübung in Trostberg.

Josef Baumann (Freie Wähler Reitmehring-Wasserburg) widersprach jedoch: „Mit dem historischen Fahrzeug verschlechtern wir das Sichtfeld dramatisch“, meinte er und fragte, warum es nicht einfach auf den geplanten Stellplätzen untergebracht werden könne. „So ist es doch jetzt auch.“

„Wo stellen wir es sonst hin?“

Das sah Christian Stadler (Grüne) aber anders. „Das Fahrzeug löst sich nicht in Luft auf, der Verein wird mit Sicherheit auf uns zukommen und um Unterbringung bitten. Und wo stellen wir es dann hin? Wenn wir es irgendwo unterstellen, wäre das Auto 365 Tage im Jahr weggesperrt und würde nur zum Frühlingsfestumzug rauskommen. Das kann auch nicht der Sinn sein. Hier im Eingangsbereich wäre das Fahrzeug dagegen ein totaler Blickfang“, so Stadler.

Außerdem war er der Überzeugung: „Man merkt den Architekten an, dass sie nicht begeistert von der Idee waren, denn sie haben die Kosten so hoch wie möglich geschätzt.“ Stadler zeigte sich überzeugt, dass die Unterbringung des Fahrzeugs mit deutlich weniger Geld möglich wäre. „Was das so teuer macht, ist die Glaswand zwischen Treppe und Eingangsraum“, prophezeite er, diese Trennung sei aber ohnehin nötig. Auch eine eventuelle Gefahr durch das verminderte Sichtfeld sah er nicht. „Da ist die Ausfahrt zum Busbahnhof, niemand fährt dort schnell“, meinte Stadler.

Zweckbau für Hilfseinsätze?

Irene Langer, die selbst in der Uniform der Feuerwehr Attel anwesend war, sprach sich jedoch ebenfalls gegen einen Platz für den Oldtimer aus. „Was mich stört: Es ist ein Feuerwehrhaus, das ist für mich ein Zweckbau für Hilfseinsätze. So schön wie das Fahrzeug auch ist, irgendwo muss man auch mal sagen: Stopp.“ Immerhin seien es Steuergelder, die hier ausgegeben würden.

Stadler hielt jedoch dagegen: „Es stand immer fest: Wenn es räumlich und von den Kosten her geht, dann soll der Oldtimer dort seinen Platz bekommen.“ Natürlich sei das Feuerwehrhaus ein Zweckbau, „aber trotzdem finde ich es schön, wenn es Flair hat“, so Stadler. „Und für mich stellt sich die Frage: Bei welchem Bau würde ein Feuerwehrauto dazu passen, wenn nicht zu einem Feuerwehrhaus?“

Auch Sinzinger konnte das Argument, Steuergelder auszugeben, nicht nachvollziehen. „Wir geben auch Steuergelder für Museen und Theater aus“, stellte er fest.

Kulturreferentin und dritte Bürgermeisterin Edith Stürmlinger (Bürgerforum) hielt fest, dass sie ursprünglich ebenfalls gegen die Unterbringung stimmen wollte. „Aber wenn ich das hier höre, dann könnte man hier die Mittel für Kunstanbau verwenden.“

„Kameradschaft braucht Traditionen“

Christian Peiker (SPD) hob zudem das Argument der Kameradschaft hervor. „Wenn es um dieses Thema geht, braucht man gewisse Traditionen. Das kann auch ein Feuerwehrauto sein“, meinte Peiker. „Ich kann den Wunsch der Feuerwehr deshalb nachvollziehen.“

Auch Lorenz Huber (Bürgerforum) warnte davor, dem Feuerwehrverein sein „Identifikationsmerkmal zu rauben.“ „In diesem Zweckbau ist nun einmal auch der Verein untergebracht und den brauchen wir für eine funktionierende Feuerwehr.“

„Die Kosten explodieren“

Georg Machl (CSU) zweifelte allerdings ebenfalls an der Unterbringung. „Man muss festhalten: Die Kosten für das Haus explodieren“, so Machl. Für ihn sei klar: Auch die 13,3 Millionen plus 30 Prozent würden hier nicht ausreichen. „Wir reden hier von 20 Millionen. Das Gebäude ist ein Luxusobjekt, das wir uns aber trotzdem leisten. Unsere Feuerwehr ist uns das wert. Das ist gar keine Diskussion.“ Bei der Unterbringung des Oldtimers stelle sich für ihn allerdings die Frage nach möglichen Abgasen und einem erhöhten Unfallrisiko durch die eingeschränkte Sichtfläche.

Schanzmann als Planer konnte zumindest bei den Abgasen klarstellen, dass diese kein Problem sein würden. Zum Thema Unfallrisiko stellte er fest, dass es höher sein werde, zeigte sich jedoch optimistisch, dass mit Verglasungen und Spiegeln noch viel getan werden könne.

„Es gibt Gründe dafür und dagegen“

Friederike Kayser-Büker (SPD) betonte noch einmal, „was für ein Ringen es war, dass wir überhaupt zu dieser Planung gekommen sind. Gott sei Dank stehen wir überhaupt an diesem Punkt.“ Viele hätten „von Dingen losgelassen, die man sich gewünscht hatte“. Der Oldtimer sei jedoch immer „der Elefant im Raum“ gewesen. „Es gibt Gründe dafür und dagegen“, stellte sie fest. „Jeder muss für sich entscheiden, wie er dazu steht.“

Ausschreibung beginnt

Einstimmig sprach sich der Stadtrat schließlich für die Vorentwurfsplanung des Feuerwehrhauses aus. Mit vier Gegenstimmen von Wolfgang Janeczka, Werner Gartner, Irene Langer (alle SPD) und Josef Baumann (Freie Wähler Reitmehring-Wasserburg) befürwortete das Gremium zudem mehrheitlich, in diesem Plan das historische Fahrzeug KS 15 unterzubringen.

Einstimmig wurde außerdem beschlossen, mit dem Ausschreibungsprozess für einen Detailplaner zu beginnen. Wie bereits bekannt, muss das Feuerwehrhaus aufgrund der hohen Baukosten europaweit ausgeschrieben werden. „Das wird also mehrere Monate dauern, bis wir so weit sind“, stellte Stadtbaumeisterin Mechtild Herrmann fest.

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