Fall jahrelang in Traunstein vor Gericht
Macheten-Mord in Burghausen in der Weihnachtszeit 1984: Ex-Polizist tötete 19-Jährige grausam
Erst stach der Täter mit einem Messer mehrfach auf sie ein, dann schleifte er sie noch durch die Wohnung und hackte schließlich noch mit einer Machete, bis ihr der Schädel gespalten war: Mit unfassbarer Brutalität wurde vor 40 Jahren, in der Weihnachtszeit des Jahres 1984, eine 19-Jährige in Burghausen ermordet. Am Ende musste sich ein ehemaliger Polizist in Traunstein vor Gericht verantworten. Wir zeichnen die Jagd nach ihm und den anschließenden Gerichtsprozess nach.
Burghausen - „Mit einem ‚riesigen Buschmesser‘ ist eine 19-jährige Verkäuferin nach Angaben der Polizei am Montagabend in Burghausen getötet worden. Das Mädchen sei von ihrem zwei Jahre älteren Freund, mit dem sie zusammenlebte, bei dessen Rückkehr von der Arbeit in ihrer gemeinsamen Wohnung tot gefunden worden“, berichtet das Oberbayerische Volksblatt am 19. Dezember 1984. Ihr Freund schied, an Hand eines sicheren Alibis als Verdächtiger aus, wie bereits am nächsten Tag nachberichtet wurde.
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Wie immer wieder betont wurde, war das Mordopfer Renate M. sehr vorsichtig und habe entsprechend auch nicht einfach jedem die Tür geöffnet. Allerdings standen auf dem Küchentisch zwei benutzte Trinkgläser, was die Vermutung zuließ, sie habe jemand nicht nur geöffnet, sondern dann auch freiwillig in die Wohnung gelassen und bewirtet. „Im Verlauf eines Streits rannte der bisher unbekannte Täter dem Mädchen ein Messer in den Bauch. Als die Schwerverletzte ins Wohnzimmer flüchtete riß der Täter eine Machete vor der Wand und metzelte Renate M. regelrecht nieder. Dann beseitigte der Mörder alle Fingerspuren und flüchtete“, fasste die Zeitung dann in der Ausgabe vom 24. Dezember das Tatgeschehen zusammen.
Macheten-Mord in Burghausen an Weihnachten 1984: Ex-Polizist tötete 19-Jährige grausam
Direkt nach den Feiertagen schien der Fall dann gelöst: „Mit den Worten ‚Ich habe meine Bekannte mit dem Buschmesser getötet‘, meldete sich in der Nacht zum Heiligen Abend telefonisch ein 22-jähriger arbeitsloser Lackierer bei der Landespolizei Burghausen“, heißt es dann in der Ausgabe vom 27. Dezember, „Die 19-Jährige hatte einen sexuellen Kontakt mit ihm abgelehnt. Dies brachte den 22-jährigen so in Wut, daß er das Buschmesser von der Wand nahm und auf das Mädchen einschlug.“ Dies, wie aus späteren Berichten hervorgeht, bis ihr der Schädel gespalten war. Bei der Tatwaffe hatte es sich um eine, als Urlaubs-Souvenir erworbene, Machete gehandelt.
Doch wiederum zwei Tage später, am 29. Dezember, wurde berichtet, dass er das Geständnis zurücknahm: „Z., der arbeitslos ist, im Elternhaus immer wieder anhören mußte: ‚Du bist ein Taugenichts‘. Hier spielten auch seine hohen Schulden mit hinein. Der Lackierer wollte jetzt mit seinem Mordgeständnis beweisen, daß er unter den brutalen Männern einzuordnen ist.“ Nun sei ein Haftbefehl wegen Strafvortäuschung gegen ihn ergangen. Doch vom eigentlichen Mörder fehlte weiter jede Spur.
Mutter wurde bespuckt
Am 15. Februar 1985 kam dann die Meldung: „Macheten-Mörder gefaßt!“ - „Der „Machetenmörder“ von Burghausen“ ist ein ehemaliger bayerischer Grenzpolizist. Der 24-jährige, der am Donnerstag verhaftet wurde, hatte seinen Dienst als Polizist 1983 wegen disziplinarrechtlicher Schwierigkeiten freiwillig quittiert, berichtete die Kriminalpolizei am Freitag. Der jetzt als Chemiearbeiter beschäftigte Mann hat gestanden, die 19-jährige Verkäuferin Renate M. eine Woche vor Weihnachten in ihrer Wohnung mit einem Buschmesser getötet zu haben“, heißt es in einem ausführlichen Bericht am Tag darauf. Ein einziger Fingerabdruck auf einem Buch habe ihn überführt.
Im September jenen Jahres begann dann der Prozess am Landgericht in Traunstein. Von Anfang an ging es dabei turbulent zu: Gleich am Auftakt-Tag musste die Verhandlung wegen Beanstandungen der Verteidiger unterbrochen werden. „. Vor und nach dem ersten Verhandlungstermin am Montag wurde die Mutter des Angeklagten von Bekannten des Mordopfers bespuckt. Der Unmut vieler Zuhörer richtete sich gegen die Verteidiger“, heißt es in einem Bericht am 10. September. Die Verhandlung sollte sich über die nächsten Monate hinziehen.
Täter behauptet: Weil er „Versager“ genannt wurde, rastete er aus
Am 25. März 1986 dann findet sich in einem Bericht aus dem Prozess die Schilderung des Angeklagten zur Tatnacht. Er sei zunächst in einem Lokal gewesen. „Als er am Abend heim wollte, um sich für die bevorstehende Nachtschicht auszuruhen, habe ihn plötzlich ein panikartiges Gefühl ergriffen, und er sei ziellos mit dem Fahrrad durch Burghausen gefahren. Als er dabei an der Wohnung Renate M.s vorbeikam, klingelte er, weil er mit jemandem sprechen wollte. Nachdem sie sich zunächst über belanglose Dinge unterhielten, kam das Gespräch schließlich auf sein berufliches Mißgeschick, der bei der Polizei seinen Dienst quittieren mußte. Dabei habe die 19-jährige gesagt: ‚Für einen Versager ist in der Familie deiner Schwiegereltern kein Platz.‘“
„Da habe ihn plötzlich ein unbeschreibliches Gefühl erfaßt, er sei aufgesprungen, habe das Mädchen am Hals gepackt und sie gewürgt. Als sie schrill losschrie, so der Angeklagte weiter, griff er nach einem am Tisch liegenden Messer und stach mehrmals auf die Verkäuferin ein. Schließlich habe er den leblosen Körper in das Wohnzimmer geschleppt und mit einer von der Wand heruntergenommenen Machete wahllos darauf eingeschlagen“, so die Aussage des Täters weiter.
Urteil löste Empörung aus
„Daß das Volksempfinden nicht unbedingt identisch mit einem gesunden Rechtsempfinden ist, erlebten die rund 150 Zuhörer im vollbesetzten Traunsteiner Schwurgerichtssaal, als der Vorsitzende Richter das Urteil im sogenannten Macheten-Mordprozeß verkündete“, heißt es schließlich von der Urteilsverkündung in der Ausgabe vom 19. April 1986, „Entgegen der Volkes Stimme erkannte das Gericht nur auf Totschlag und verurteilte den 27-jährigen Rolf G. zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren. Damit blieb das Gericht sowohl unter dem Antrag der Staatsanwaltschaft, als auch unter dem der Verteidigung, die wegen Totschlags eine Strafe von zwölf Jahren gefordert hatten. Beim Publikum löste dieses Urteil Kopfschütteln und Unverständnis aus, und auch der Nebenkläger in diesem Prozeß kündigte sofort Revision an.“
„Das Traunsteiner Schwurgericht hat den sogenannten Burghausener Machetenmörder wegen eines Verbrechens des Totschlags zu einer Freiheitsstrafe von elf Jahren verurteilt. Ebenso wie das Erstgericht sah es die Kammer als nicht erwiesen an, daß die Wut des Angeklagten Auslöser für die Bluttat war“, so schließlich ein Artikel am 15. Dezember 1987, „Die Staatsanwaltschaft hatte gegen das Ersturteil erfolgreich Revision beim Bundesgerichtshof eingelegt. Der Anklagevertreter hatte auch diesmal lebenslänglich gefordert. Bei den vorsätzlichen Handlungen gegen das arg- und wehrlose Opfer habe, beim Angeklagten nicht eine eingeschränkte Schuldfähigkeit vorgelegen, wie dies einer der Gutachter dargestellt hatte. Sein Verteidiger hatte für eine „gerechte“ Strafe plädiert. Der Angeklagte habe in einer tiefen Depression Trost bei seinem Opfer gesucht.“ (hs)