Verkehrsentlastung für Rosenheim
Westtangente geht ins Finale: Aicherpark-Brücke wird eröffnet – was geplant ist
Elf Jahre Bauzeit, elf Kilometer Länge, 260 Millionen Euro teuer: Die Westtangente ist Rosenheims Jahrhundertbauwerk. Mit der Aicherpark-Brücke wird am 21. September ein Schlüsselabschnitt dem Verkehr übergeben. Wer sich die Eröffnung nicht entgehen lässt - und was noch zu tun ist.
Rosenheim – Sie bringt Rosenheim, aber auch Nachbargemeinden wie Großkarolinenfeld, Kolbermoor und dem Schechener Ortsteil Pfaffenhofen sowie Pendlern Richtung Loretowiese Entlastung: Die Westtangente. Sie ist Rosenheims Jahrhundertbauwerk in Zeiten anschwellender Verkehrsströme. Vor elf Jahren begannen die Bauarbeiten, nunmehr, am Donnerstag (21. September) steht mit der Freigabe der Aicherparkbrücke die Eröffnung eines Schlüsselabschnitts an.
Dementsprechend hochkarätig ist die Riege der Ehrengäste, an der Spitze Ministerpräsident Markus Söder. Auch Bayerns Bauminister Christian Bernreiter (beide CSU) sowie Michael Theurer (FDP), Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, werden am Donnerstag, 21. September, erwartet. Und natürlich Daniela Ludwig (CSU): Die Rosenheimer Bundestagsabgeordnete gilt als die treibende Kraft hinter der Tangente. Aber sie sagt auch: „Ohne Bundesverkehrsminister aus Bayern hätten wir das nicht hinbekommen.“
Einer davon: Peter Ramsauer. „Da half schon die räumliche Nähe“, sagt Ludwig. Immerhin kommt Ramsauer aus dem Landkreis Traunstein. „Wir unternahmen sogar eine Autofahrt durch Rosenheim“, erinnert sich Daniela Ludwig – „incognito“. Ramsauer kennt Rosenheim, „er hat dann sogar erzählt, dass er seinen Kommunionsanzug vom Adlmaier hatte“, berichtet Ludwig.
Was er bei der Sonderfahrt an Daniela Ludwigs Seite aber erst richtig vor Augen geführt bekam, waren die Blechlawinen, unter denen Rosenheim zu ersticken drohte. Ein Eindruck, der Augen öffnete. Und sozusagen einen bayerischen Sonderweg ebnete: Ein so aufwändiges Projekt so zügig genehmigt und finanziert zu bekommen, ist nicht selbstverständlich.
Eine große Entlastung für die Äußere Münchener Straße
Nun befindet sich das Projekt sozusagen auf der Schlussgeraden. Die Aicherparkbrücke wird nicht zuletzt die Äußere Münchener Straße massiv entlasten. 6000 Autos weniger pro Tag auf diesem Abschnitt, keine Kleinigkeit in der durch Verkehr allgemein stark belasteten Stadt Rosenheim. Mit diesem rekordverdächtigen Bauwerk – 670 Meter Länge! – ist die Rosenheimer Westumfahrung zu 90 Prozent abgeschlossen.
Der noch nicht fertige Rest der 11,3 Kilometer langen Westtangente aber hat es in sich. Auf diesem nur 1,3 Kilometer langen Abschnitt ist mit der Eisenbahn-Unterquerung Wernhardsberg eines der kompliziertesten Bauwerke zu meistern. Mit Hunderten von Trage-, Verdrängungs- und Drainage-Säulen entwässern die Ingenieure den wabbeligen Untergrund und geben Straße und Eisenbahn Halt. Mitte 2025 sollen auch hier die Arbeiten abgeschlossen sein. Es wird also Zeit – für einen Rückblick.
Das Jahr 2012 wird zum Meilenstein fürs Jahrhundertprojekt
27. Januar 2012: Der Wunsch nach der Umfahrung ist uralt. Doch nun nimmt das Bundesverkehrsministerium den ersten Bauabschnitt der Westtangente in die Liste der Neubau-Maßnahmen für 2012 auf. Auf dieser Liste stehen Projekte, die mit der Verkehrsmilliarde finanziert werden sollen. Diese Milliarde war dem Verkehrsminister von der schwarz-gelben Regierungskoalition zur Verfügung gestellt worden. Die Westtangente ist eines von drei bayerischen Projekten auf der Liste.
8. Februar 2012: Der Haushaltsausschuss des Bundestages gibt Grünes Licht für den ersten Bauabschnitt.
27. August 2012: Spatenstich: Den Spaten schwingen Daniela Ludwig, Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer, Bayerns Innenstaatssekretär Gerhard Eck und Mandatsträger aus der Region. Und Ramsauer nennt Ludwig als Impulsgeber: Es sei ihr zu verdanken, „dass die Westtangente zum Zug gekommen ist“. In Bayern seien insgesamt nur drei Neubauprojekte bewilligt worden. Am 6. Juli 2013 besucht Ramsauer die Baustelle im ersten Bauabschnitt bei Kolbermoor. Fazit: Voll im Zeitplan. Ein Jahr später ist es Ramsauers Nachfolger Alexander Dobrindt (CSU), der die Großbaustelle besichtigt.
Noch ein Meilenstein: Alle Mittel auf einen Schlag
20. Juli 2015: Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt gibt alle Mittel für den Bau der Westtangente frei. Damit ist die Finanzierung gesichert. Die Freigabe ermöglicht den Start der Bauarbeiten im Aicherpark. 2016 wird mit dem Bau des zweiten und vierten Abschnitts begonnen. Der zweite Bauabschnitt führt über den Aicherpark in Rosenheim, der vierte beginnt bei Pfaffenhofen und führt in Richtung Rosenheim bis Deutelhausen.
12. Oktober 2015: Der erste Bauabschnitt der Westtangente wird eröffnet. Und Bundesverkehrsminister Dobrindt ist dabei, begleitet von Mandatsträgern, Vertretern von Bürgerinitiativen, Behörden und Anwohnern. Der erste Abschnitt von der Autobahn A8 nach Kolbermoor ist 3,5 Kilometer lang und hat 23,5 Millionen Euro gekostet. Es war nicht Dobrindts letzter Besuch: Am 26. Juli 2016 schaut er wieder vorbei und erfährt: Es gibt Probleme, die für die 670 Meter lange Brücke über den Aicherpark aus dem Weg geräumt werden müssen. Weil der Untergrund aus Seeton besteht, sind Probebohrungen nötig. Das sorgt für Verzögerungen, der Bau verteuert sich. Nicht zu ändern, findet Daniela Ludwig und sagt: „Sicherheit geht vor Schnelligkeit!“
21. August 2017: Gute Nachrichten beim Ortstermin bei Pfaffenhofen. Die Arbeiten sind im Zeitplan, der vierte Bauabschnitt kann 2018 für den Verkehr freigegeben werden. Er führt von der Staatsstraße 2080 bei Moos bis ans Ortsende von Pfaffenhofen.
Ein dritter Meilenstein mit dem vierten Abschnitt
25. Juni 2018: Bundesverkehrsminister Andreas Scheuer (CSU) gibt den vierten Bauabschnitt für den Verkehr frei. Die 2,3 Kilometer lange Strecke führt von der Staatsstraße 2080 bei Deutelhausen bis an die Anschlussstelle an die B 15 bei Wieden hinter Pfaffenhofen. Sie kostete rund 18 Millionen Euro. Ein großer Tag vor allem für die Bürger in Pfaffenhofen – sie sind ab sofort vom Durchgangsverkehr entlastet. Die Anwohner an der verkehrsreichen B15 haben auf diesen Tag Jahrzehnte gewartet.
Aicherpark und Wernhardsberg: Probleme mit dem Seeton
Eine geologische Besonderheit der Region Rosenheim stellt das Straßenbauamt weiter vor Herausforderungen: der Seeton. Ein instabiler Untergrund, der schon den Bau der Aicherparkbrücke erschwerte. In Wernhardsberg gibt es wegen des Seetons im Untergrund erhebliche Verzögerungen. Hier geht die Westtangente in die Tiefe, wenn sie die Bahnstrecke München-Rosenheim unterquert. Ein kompliziertes Unterfangen, das von Wissenschaftlern der TU München begleitet wird. Die Fertigstellung ist für Mitte 2025 vorgesehen.
Kurz vorm nächsten Meilenstein: Eröffnung der Aicherparkbrücke
Am kommenden Donnerstag (21. September) ist es also so weit, dann wird Bauabschnitt zwei für den Verkehr freigegeben. Er reicht von der Anschlussstelle Staatsstraße 2078 im Süden bei Kolbermoor über die Anschlussstelle Aicherpark bis zur Brücke am Gangsteig im Norden.
Einen Gutteil des Abschnitts macht die Aicherparkbrücke aus. Sie ist mit 670 Metern Länge die längste Brücke Bayerns an Bundes- und Staatsstraßen. Ab Donnerstag endet die Westtangente nicht mehr in Kolbermoor, sondern an der Schlösslstraße im Rosenheimer Norden, zwischen Westerndorf-St. Peter und Großkarolinenfeld.