Aus den vier Bürgerversammlungen
Lebensgefahr am Bahnübergang: Das regt die Wasserburger auf - und diese Lösungen gibt es
Ein lebensgefährlicher Bahnübergang, zugeparkte Straßen und das MVV-Desaster für einige Familien waren die Aufreger bei den vier Bürgerversammlungen in Wasserburg. Wo es welche Lösung gibt und wo nicht.
Von Winfried Weithofer und Heike Duczek
Wasserburg – Die Resonanz auf die vier Bürgerversammlungen, zu denen Bürgermeister Michael Kölbl eingeladen hatte, war unterschiedlich: In der Altstadt kamen nur etwa 35 ins Feuerwehrhaus, in der Burgau versammelten sich 55 Personen im Betreuungszentrum, in Reitmehring wurde es mit 80 Gästen richtig voll in der Schulaula und im Burgerfeld kamen etwa 60 Bürger ins Pfarrzentrum St. Konrad.
Mal gab es nur einige wenige sehr speziell an Einzelinteressen ausgerichtete Fragen wie in der Altstadt, mal eine lebendige Diskussion wie in Reitmehring. Eins hatten alle Versammlungen jedoch gemeinsam: Spürbar war eine grundsätzliche Zufriedenheit der Einwohner. Und: Die Wasserburger pflegen eine sehr gute Debattenkultur. Störer, Meckerer und Nörgler? Fehlanzeige. Wenn Kritik, dann wurde sie fundiert und sachlich vorgetragen. Mal gab es eine Lösung auf ein Problem, mal versprach die Stadt, sich der Thematik anzunehmen, mal mussten die Bürger auch hinnehmen, dass ihr Anliegen zur Kenntnis genommen wird, aber nicht zufriedenstellend bearbeitet werden kann.
In der Bürgerversammlung für die Altstadt ging es, wie bereits berichtet, in erster Linie um die Befürchtung, das neue Wohngebiet auf dem Gelände der ehemaligen Essigfabrik könne Verkehr anziehen, der für die Siedlung nicht mehr zu stemmen sei. Außerdem ging es um die Klimaschutzbemühungen der Stadt, die von einem Bürger kritisch beleuchtet wurden. Ein Bürger wollte außerdem wissen, warum Wasserburg bei Wahlen stets eine sehr schlechte Beteiligung verzeichne. Das bedauerte der Rathauschef ebenfalls. Ein Erklärungsansatz: der hohe Anteil von Menschen in der Stadt, die aufgrund von Handicaps in betreuten Einrichtungen leben. Kölbl sieht außerdem die Parteien gefordert, für mehr Bürgerbeteiligung zu werben.
In der Bürgerversammlung für die Burgau war der neue MVV-Tarif der große Aufreger. Denn Familien, die weniger als drei Kilometer von den weiterführenden Schulen ihrer Kinder entfernt wohnen, zahlen ab Dezember für die Busfahrt drei Mal so viel wie noch jetzt im Stadtbus. Es ist einer dieser Fälle, bei denen die Stadt bei allem Verständnis wenig helfen kann, denn der MVV-Beitritt ist Landkreissache, Bezuschussungen sind nicht geplant, bedauerte der Rathauschef.
Eine Seniorin ärgerte sich darüber, dass die Bewohner der Wohnanlage auf der Innhöhe steile Treppen und eine gefährliche Kreuzung überwinden müssen, wenn sie zum Einkaufen im Supermarkt gehen wollen. Für Menschen, die nicht so gut zu Fuß seien, unzumutbar, ärgerte sich die ältere Dame.. Sie erinnerte daran, dass hier eine Mini-Kreisellösung angedacht sei. Kölbl bedauerte, dass die Lösung mit Kreisel und Querungshilfe an der fehlenden Bereitschaft, Grund zur Verfügung zu stellen, gescheitert sei. Der Vorschlag eines Bürgers, die Unterführung barrierefrei auszugestalten, hat keine Realisierungschance, so Kölbl. Die Länge reicht nicht aus, um das Gefälle auszugleichen. Der Bürgermeister versprach jedoch, noch einmal nachzuhaken beim Staatlichen Bauamt.
Warten auf kommunales Wärmekonzept
Eine Frau kritisierte das Behinderten-WC im Parkhaus Kellerberg, das zugeschlossen sei. Menschen mit Behinderung können es mit dem europaweit geltenden Schlüssel, der im Bürgerbüro erhältlich sei, öffnen, so Kölbl. Ein Schlüssel soll außerdem jetzt in der Arxtpraxis im Parkhaus gelagert werden. Ein Einwohner zeigte sich beeindruckt, wie gut Wasserburg für die Zukunft aufgestellt sei. Doch er kritisierte die strenge Handhabung im Wertstoffhof, wenn es um die Abgabe von Bauschutt, leicht versetzt mit organischen Stoffen, gehe. Eine Bürgerin wollte wissen, welche Nationalität die Flüchtlinge haben werden, die nächstes Jahr in das Ex-Romed-Krankenhaus einziehen, eine Frage, die Kölbl nicht beantworten konnte.
Auch zum kommunalen Wärmekonzept gab es Fragen, denn viele Bürger überlegen derzeit, ihre alte Öl- oder Gasheizung auszutauschen und hoffen auf Quartierskonzepte der Stadt. Bis diese stehen, dauert es jedoch bis 2028, vermutet Kölbl.
In der Bürgerversammlung in Reitmehring bat unter anderem ein Teilnehmer um Informationen über die Kläranlage, die die Firma Meggle bauen wolle. „Das Bauprojekt ist ja immens“, so der Fragesteller. Er äußerte den Verdacht, dass „sehr wenig Wert“ auf den Schutz der Anlieger gelegt werde, zum Beispiel bei Maßnahmen gegen den Lärm. Der Bürgermeister führte aus, dass vor einer Genehmigung erst einige Rahmenbedingungen erfüllt werden müssten, zum Beispiel beim Immissionsschutz. „Wir sind erst am Anfang des Verfahrens“, so Kölbl. Stadtbaumeisterin Mechtild Herrmann sagte, die entsprechenden Gutachten würden noch nicht vorliegen. Wenn es soweit sei, „werden wir uns in Ruhe damit beschäftigen“. Sie fügte hinzu, dass die Firma Meggle so schnell wie möglich mit dem Bau beginnen wolle.
Mehrfach angesprochen wurde in der Versammlung das Thema Bahnübergang Viehhausen, wo eine Schranke samt Fahrradweg errichtet werden soll. Eine Besucherin beklagte, es mache sie wütend und traurig, dass die Gefahrenstelle bestehen bleibe, weil ein Grundstückseigentümer sich weigere, das für die Maßnahme erforderliche Wiesengrundstück abzugeben. Die Stadtverwaltung spricht von einer komplizierten Lage. Der Bürgermeister verwies auf das hier notwendige Planfeststellungsverfahren, das in der Regel „relativ lange dauere“, also mehrere Jahre. Zudem beklagte die Besucherin die Vielzahl der auf dem Areal in Viehhausen länger abgestellten Autos. In dieser Sache sei das Landratsamt Rosenheim veranwortlich, sagte Kölbl.
Und wie steht es um eine Reaktivierung des Bahngleise nach Wasserburg?, fragte ein Mitbürger. Die Bahntrasse sei inzwischen per Gerichtsbeschluss stillgelegt, stellte der Bürgermeister klar.
Zum Komplex Flüchtlinge wollte ein Teilnehmer wissen, welche finanziellen Belastungen auf Wasserburg zukommen. „Wir haben für die Stadt in der ganzen Flüchtlingssituation so gut wie keine Kosten“, stellte der Bürgermeister fest.
Auch die Entwicklung im Stadtteil Gabersee bezüglich des Klinikgeländes kam in der Bürgerversammlung zur Sprache. Die Betonbauten des kbo-Inn-Salzach-Klinikums aus den 70er Jahren sollen abgerissen werden. Die Backsteingebäude aber bleiben, so Kölbl. „Diese stehen unter Denkmalschutzbau, und sie sollen auch künftig für das ISK genutzt werden.“ Eine weitere Frage bezog sich auf die neuen, allwettertauglichen Tennisplätze des TSV nahe des Badria. Die Reitmehringer sollen diese Plätze ebenfalls nutzen können; versicherte der Bürgermeister.
In der Bürgerversammlung im Burgerfeld beklagte eine Bürgerin Stolperfallen durch Kopfsteinpflaster insbesondere in der Schmerbeckstraße und Am Gerblanger. Bürgermeister Kölbl wies auf Aktivitäten der Stadt hin, diese kritischen Stellen zu beseitigen. „In Wasserburg gibt es davon sehr, sehr viele“, bedauerte der Rathauschef. „Wir bauen aber nach einer Liste peu à peu Barrieren ab.“ Zugleich bat er Fußgänger um Verständnis wegen kurzzeitiger Behinderungen aufgrund der laufenden Baumaßnahmen im Bereich der Alkorstraße.
Eine weiterer Teilnehmer beklagte, dass Busfahrer bei Haltestellen nicht eng genug an den Straßenrand fahren und dadurch das Aussteigen erschweren würden.
Ein andere Wortmeldung bezog sich auf den zurzeit durch einen Zau abgesperrten Waldweg Richtung Urfahrn. Die Stadt sei seit geraumer Zeit in Verhandlungen, dass ein Weg entsteht, der nicht direkt am neuen Haus vorbeigeht, so Kölbl. „Das ist ein großes Anliegen von uns.“ Er machte darauf aufmerksam, dass man es hier mit Privatgrund zu tun habe und der Weg nicht gewidmet sei. Andererseits stehe das Haus auf einem FFH-Gebiet – und damit müsse gesetzlich eigentlich ein freier Zugang gesichert sein.
Ein weiteres Thema war die Verkehrsituation in der Mozartstraße – hier würden etwa Paketdienste nicht mit der gebotenen Vorsicht verkehren. Den Vorschlag, eine Spielstraße einzurichten, wies Kölbl jedoch als chancenlos zurück. „Und das kostet ein Wahnsinnsgeld.“
