Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Lebensgefährlicher Bahnübergang

Erneut kollidieren Auto und Zug in Viehhausen: Warum es noch immer keine Schranke gibt

Kollidierten auf den Gleisen: der Pkw eines Wasserburgs und die Regionalbahn
+
Kollidierten auf den Gleisen: der Pkw eines Wasserburgs und die Regionalbahn.

Zwei junge Frauen haben am Bahnübergang Viehhausen bereits ihr Leben gelassen. In der Nacht zum 4. Juli kam es erneut zu einem folgenschweren Unglück: Ein 41-jähriger Wasserburger wurde schwer verletzt. Warum die Stelle so gefährlich ist und weshalb es noch immer keine Schranke gibt.

Von Heike Duczek und Sophia Huber

Wasserburg/Edling – Zwei Gedenksteine mit Fotos junger Frauen, die lächelnd in die Kamera blicken, Kerzen und Engelsfiguren: Am Bahnübergang in Viehhausen warnt dieser Platz der Erinnerung an zwei Todesopfer eindringlich: Hier ist es lebensgefährlich. Das hat sich jetzt erneut gezeigt: Der Pkw eines 41-jährigen Wasserburgers kollidierte mit dem Zug, der Nissan wurde trotz Notbremsung etwa 300 Meter weit geschleudert. Schwerstverletzt kam der Fahrer mit dem Rettungshubschrauber ins Unfallklinikum Murnau.

Lange Planfeststellung statt kurze Lösung

Wasserburgs Bürgermeister Michael Kölbl ist entsetzt. Er weist darauf hin, dass es „sehr, sehr bedauerlich“ sei, dass in Viehhausen noch immer keine Schranke vorhanden sei. Dabei hätte es eine schnelle Lösung für mehr Sicherheit geben können, sagt er desillusioniert. Ausnahmsweise könne die Tatsache, dass es bis heute zu keiner Lösung gekommen sei, nicht auf die Bahn geschoben werden. Denn diese hatte längst genehmigungsfähige Pläne für eine Schranke erarbeitet. Trotzdem ist jetzt doch ein aufwendiges Planfeststellungsverfahren notwendig, das sich die Stadt gerne erspart hätte. Der Grund: Grundeigentümer wollen laut Kölbl die für die Schranke benötigte Fläche nicht verkaufen. Dabei handele es sich nur um ein paar Quadratmeter landwirtschaftlichen Grund, so der Rathauschef, „eine wirklich sehr übersichtliche Fläche, die benötigt wird“. Doch trotz vieler Verhandlungen und Gespräche sei keine Einigung erzielt worden. Das Planfeststellungsverfahren liege beim Eisenbahn-Bundesamt und komme ebenfalls nur schleppend voran, weil es Einsprüche aus der Nachbarschaft gebe.

Am Bahnübergang erinnert eine Gedenkstätte an hier zwei tödlich verunglückte junge Frauen.

Auch Verhandlungen über einen im Zusammenhang mit der Baumaßnahme am Bahnübergang geplanten Geh- und Radweg seien gescheitert, obwohl es hier sogar schon einen Notarvertrag gegeben habe. Kurz vor dem Termin zum Unterschreiben sei der Vertragsabschluss noch geplatzt, bedauert Kölbl, obwohl die Stadt die Sorgen der Grundeigentümer, die Unterhaltspflicht für den Weg übernehmen zu müssen, habe ausräumen können.

Grundstücksbesitzer fordert Verschiebung

Grundstücksbesitzer Peter Bubb junior sieht die Sachlage jedoch anders. „Von gescheiterten Verhandlungen kann man nicht sprechen“, findet er. Es gebe immerhin ein Planfeststellungsverfahren bei der Regierung von Oberbayern. „Die Verhandlungen laufen also immer noch.“ Dennoch gebe es Gründe, warum er sich gegen den Verkauf des Grundstückes entschieden und beispielsweise den Notarvertrag nicht unterschrieben habe. Seine Forderung: Der Bahnübergang soll nach Norden verschoben werden. Diese Idee biete viele Vorteile. Erstens bekäme Viehhausen eine Ortsumfahrung und zweitens, so seine Meinung, würde es die Sicherheit des Bahnübergangs vergrößern . „Bei einer Verschiebung würde man im 90 Grad Winkel ebenerdig auf den Übergang zufahren. Das würde die Sichtverhältnisse enorm verbessern“, erklärt Bubb. Denn selbst bei einer installierten Halbschranke könne nicht garantiert werden, dass diese jedes mal funktioniere. „Und wenn sie einmal ausfällt, dann kann jeder selber schauen, ob etwas kommt.“ Beide Vorschläge, also der Plan, den Übergang an bisheriger Stelle zu behalten und die Verschiebung nach Norden, würden bei der Regierung von Oberbayern vorliegen. „Wir werden sehen, was dabei raus kommt. Leider mahlen die Mühlen sehr langsam.“

Konsequenzen für Edling

Auch Edlings Bürgermeister Matthias Schnetzer ist entsetzt über den erneuten schweren Unfall. In der Bürgerversammlung Anfang des Jahres hatte er noch erklärt: „Ich hoffe, dass wir die Zeit unfallfrei bis zur Schranke überbrücken können.“ Das sei nun leider anders gekommen, erklärte Schnetzer bedauernd. Für Edling haben die stockenden Verhandlungen in Viehhausen trotz der Tatsache, dass sich der Bahnübergang komplett auf Wasserburger Stadtgebiet befindet, noch ganz andere Auswirkungen. Denn für die Gemeinde hänge auch der Ausbau zwei weiterer unbeschrankter Bahnübergänge, einer in Au und einer in Kumpfmühl bei Roßhart, vom Bahnübergang in Viehhausen ab. Alle drei Übergängen würden laut Bahn technisch zusammenhängen, so Schnetzer, und könnten nur gemeinsam ausgebaut werden. „Bei den beiden anderen stehen wir bereit. Der Grunderwerb ist getätigt und die Pläne sind fertig. Es hängt alles an Viehhausen.“

Es gibt jedoch auch Leser, die der Meinung sind, die Sicht am Bahnübergang sei beeinträchtigt, durch zu hoch stehendes Gras und breit gewachsene Sträucher. Unter ihnen Hans Bubb, ein direkter Anwohner am Bahnübergang, der nach eigenen Angaben aber nichts mit den Grundstücksverhandlungen zu tun hat. 2018 hatte er sich mit einer Petition für die Schranke stark gemacht. Er sammelte dafür 6000 Unterschriften. 2018 nahm er außerdem die Motorsäge in die Hand und schnitt die Sträucher rund um den Bahnübergang selbst zu, sagt er, denn: „Niemand fühlt sich dafür zuständig. Weder die Bahn, noch Wasserburg, noch Edling“, findet er. Nun seien die Sträucher wieder hoch gewachsen und der Übergang sei erneut kaum einsehbar, so seine Meinung.

Kritik an Lichtsignalen

Doch Bubb sieht auch noch andere Probleme: Als direkter Anwohner habe er Blick auf die Lichtsignale in Viehhausen und auch die würden nicht einwandfrei funktionieren. „Vor kurzem hat das Signal wieder die ganze Nacht durchgeleuchtet, das ist jetzt schon ein paar mal vorgekommen.“ Der Bürgermeister betont jedoch nach einem gestrigen Gespräch mit der Südostbayernbahn: Der Bahnübergang sei mit allen Anlagen, so sei ihm mitgeteilt worden, zum Unfallzeitpunkt funktionstüchtig gewesen. Bubb kann jedoch nicht verstehen, warum die Bahn den Übergang während der monatelangen Sperrung als Folge des Dammrutsches in Ramerberg nicht vorübergehend geschlossen habe. „Hätte man die Lichtsignale zwischenzeitlich heruntergenommen und erst jetzt wieder montiert, dann würden die Leute bestimmt besser verstehen: Vorsicht, hier fährt wieder was“, so Bubb. Hinzu komme, dass die Geschwindigkeit der Züge am Bahnübergang nach seinen Beobachtungen nicht gedrosselt werde, auch das sei für ihn ein Unding. „Natürlich ist eine Schranke die beste Lösung, aber man kann auch jetzt etwas tun, um den Übergang sicherer zu machen.“

Edlingerin findet Leuchtwerbeschild „extrem ablenkend“

Eine Edlingerin, die nicht mit Namen genannt werden möchte, macht auf einen weiteren Punkt aufmerksam: Wer von Edling kommend in der Dunkelheit Richtung Bahnübergang fahre, dem falle ein Leuchtwerbeschild auf einem gewerblichen Gebäude stark ins Auge. Sie empfindet das Licht des Schildes als „grell“ und „extrem ablenkend“. Autofahrer könnten geblendet werden, ist sie überzeugt. Das rote Warnlicht der Ampel werde dann vielleicht übersehen? Auf das Leuchtwerbeschild habe sie die Gemeinde Edling per Mail am 27. April hingewiesen, die Verwaltung habe das Schreiben , so sei ihr mitgeteilt worden, an die Stadt Wasserburg weitergeleitet, die zuständig sei. Gehört habe sie jedoch nichts zur Frage, ob ihr Hinweis bearbeitet worden sei. Ablenkend findet auch die Edlingerin „das Gerümpel“, das in der Nähe des Bahnübergangs stehe. „Das ist ein sehr sensibler Bereich. Es ist einfach gruselig dort, vor allem wenn man die beiden Mädels gekannt hat, die dort ums Leben gekommen sind. Hier darf eigentlich nichts erlaubt sein, was die Aufmerksamkeit stören könnte.“

Kommentare