Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Holetschek bei Festakt 140 Jahre Inn-Salzach-Klinikum

„Wuchtiger Aufschlag“ des Ministers in Wasserburg: „Peile Krankenhaus-Milliarde an“

Feierten mit 120 geladenen Gästen das 140-jährige Bestehen des Inn-Salzach-Klinikums in Wasserburg: (von links) Bezirksrat Sebastian Friesinger, Ärztlicher Direktor Professor Dr. Peter Zwanzger, Gesundheitsminister Klaus Holetschek, Bezirkstagspräsident Josef Mederer und Geschäftsführer Dr. Karsten Jens Adamski.
+
Feierten mit 120 geladenen Gästen das 140-jährige Bestehen des Inn-Salzach-Klinikums in Wasserburg: (von links) Bezirksrat Sebastian Friesinger, Ärztlicher Direktor Professor Dr. Peter Zwanzger, Gesundheitsminister Klaus Holetschek, Bezirkstagspräsident Josef Mederer und Geschäftsführer Dr. Karsten Jens Adamski.

Von der „Königlich-bayerischen Irrenanstalt“ zu einem der größten psychiatrischen Fachkrankenhäuser in Deutschlands: Mit einem Festakt haben 120 Gäste das 140-jährige Bestehen des kbo-Inn-Salzach-Klinikums begangen. Ein Grund zum Feiern am Vorabend einer großen Krankenhausreform? Ja, findet auch Gesundheitsminister Klaus Holetschek. Wie er die psychiatrische Versorgung weiter ausbauen will.

Wasserburg – „Irrenanstalt“. Der erste Name des 1883 gegründeten Klinikums klingt abwertend, ja menschenverachtend. Ist es auch, aus dem Heute betrachtet. Doch vor dem Hintergrund der Zeit, in der das Inn-Salzach-Klinikum vor 140 Jahren gegründet wurde, ist die Einrichtung schon damals vorbildlich gewesen, betonten Redner beim Festakt, die sich so wie Professor Dr. Thomas Pollmächer von der Fachgesellschaft für Psychiatrie intensiv mit der Geschichte auseinander gesetzt haben. Obwohl die Patienten damals noch „Pfleglinge“ hießen, betreut von „Wärterinnen“ und „Wärtern“ und die Unterbringung in großen Bettensälen stattfand, war die Idee, seelisch kranke Menschen in Wohnhäusern ähnelnden Pavillons einen geschützten Rahmen in einem parkähnlichen Areal im Grünen zu geben, eine Neuheit zur damaligen Zeit.

Klinikum gehörte oft zu den Pionieren

Dieser Innovationskraft blieb das Krankenhaus 140 Jahre treu, betonte Bezirkstagspräsident Josef Mederer. Mit einer Ausnahme: Während der Zeit der Nationalsozialismus, dunkelstes Kapitel der Geschichte. 360 Patienten wurden deportiert und ermordet.

Stetig habe sich das Fachkrankenhaus nach der Wiedereröffnung 1953 weiterentwickelt, unterstrich auch Geschäftsführer Dr. Karsten Jens Adamski. Oft gehörte das ISK nach seinen Angaben zu den Pionieren: 1976 wurde hier der erste Computertomograph (CT) in Deutschland außerhalb eines Universitätsklink angeschafft. Als eine der ersten Einrichtungen erweiterte das Haus um Tageskliniken, ambulante und teilstationäre Angebote. Vorne dabei ist es bei der Einführung Virtueller Realitäten in der Therapie, hier entstand als Folge der Pandemie die erstes Long-Covid-Tagesklinik. Und im gemeinsamen Neubau mit Romed wagen die beiden Häuser eine viel beachtete Kooperation: zwischen einem großen psychiatrischen Fachkrankenhaus und einer kleinen somatischen Klinik. „Vorausschauendes Handeln“ sei der rote Faden durch 140 Jahre, zeigte sich Adamski überzeugt. Und noch etwas blieb: 140 Jahre lang hatte das Inn-Salzach-Klinikum immer den gleichen Träger: anfangs den Vorgänger der heutigen Bezirke, dann den Bezirk, später das hier gegründete Kommunalunternehmen (kbo)

Doch es gibt auch ein Negativ-Thema, das derzeit dem Krankenhauswesen stark zu schaffen macht und das auch in der langen Historie des Hauses immer wieder auftaucht, stellte Gesundheitsminister Klaus Holetschek fest: der Personalmangel. „Gebäude, Konzepte, Geräte, Ausstattung: All dies ist nichts, wenn es nicht Menschen gibt, die sich kümmern“, unterstrich Holetschek die Bedeutung des Erfolgsfaktors Mensch. Trotzdem bedarf es nach Überzeugung von Holetschek Investitionen, um die psychiatrische Versorgung mit Augenmaß und unter Berücksichtigung der regionalen Bedürfnisse zukunftsweisend auszurichten. In den vergangenen zehn Jahren habe Bayern über fünf Milliarden Euro für investive Maßnahmen an Krankenhäusern bereitgestellt, das ISK Wasserburg habe in diesem Zeitrahmen über 65 Millionen Euro erhalten. Er setze sich für eine deutliche Steigerung der Investitionskostenförderung für bayerische Kliniken in den kommenden Jahren ein – auf eine Milliarde pro Jahr, „ich weiß, das ist ein wuchtiger Aufschlag“.

Der vom Minister gewünschte Ausbau psychiatrischer Angebote geht jedoch nicht ohne Personal. Dass es in Wasserburg noch keinen Pflegenotstand gibt, ist nach Angaben von Pflegedirektorin Kerstin Weinisch einer Arbeitsatmosphäre zu verdanken, die sie als „Gabersee Spirit“ charakterisierte. Pflegekräfte würden in Gabersee eben nicht als „Hilfspersonal der Medizin“ angesehen, sondern als gleichwertige und mitbestimmende Mitglieder eines Teams. Mit 50 verschiedenen Dienstzeitmodellen gehe das Haus auf die unterschiedlichen Bedürfnisse der Mitarbeitenden ein. „Jeder hier sieht die Hilfe für psychisch erkrankte Menschen nicht als Job, sondern als persönliche Aufgabe“, betonte auch Ärztlicher Direktor Professor Dr. Peter Zwanzger, seit zehn Jahren im Amt. Das eigentlich Besondere am Inn-Salzach-Klinikum seien die über 1000 Mitarbeitenden in der Krankenpflege, die hoch spezialisierten Therapeuten und ein Ärzteteam, das im Chefarztbereich aus Spezialisten mit hoher nationaler Reputation bestehe.

Pflegedirektorin Kerstin Weinisch sieht im Gaberseer Spirit das Erfolgsgeheimnis gegen den Fachkräftemangel.

Stets vorne dabei war das ISK schon unter Zwanzgers Vorgänger Professor Dr. Gerd Laux und dem Vorgänger von Adamski, Dr. Theodor Danzl. Laux hielt einen humorvollen und mit viel Applaus bedachten Vortrag über die Historie des Hauses. Und sparte auch nicht mit kritischen Anmerkungen: Die Verweildauer geht zurück (durchschnittlich nur noch sieben Tage), die Fallzahlen steigen. Er verdeutlichte, dass er sich von den Kostenträgern und der Politik mehr Zeit wünscht für die Behandlung schwerer psychischer und neurologischer Erkrankungen. Laux erteilte außerdem Bestrebungen eine Absage, an der Seele erkrankte Menschen würden ausschließlich eine psychotherapeutische oder psychiatrische Behandlung benötigen. „Das ist völlig Unsinn.“ 90 Prozent der Betroffenen hätten auch eine körperlich-internistische Erkrankung, auch deshalb sei die Integration der Psychotherapie in die Medizin so wichtig. Und deshalb sei auch die Zusammenarbeit mit Romed Wasserburg zielführend und zukunftsweisend. Die Mitarbeitenden beider Häuser feierten im Anschluss an ein hochkarätig besetztes Symposium erstmals gemeinsam im Festzelt auf dem Gabersee-Gelände.

Unterhielt die 120 geladenen Gäste mit einem humorvollen historischen Rückblick: der ehemalige Ärztliche Direktor Professor Dr. Gerd Laux.

Warnung vor Kliniksterben

Kritische Töne beim Festakt auch beim Landrat Richtung Gesundheitspolitik: Otto Lederer sprach die Probleme kommunaler Häuser an, die um ihre Finanzierung zu kämpfen hätten. Der Gesundheitsstandort Region Rosenheim sei jedoch zukunftsfähig – auch aufgrund „einzigartiger Einrichtungen“ wie das ISK, das sogar weit über die Region hinaus strahle. Holetschek warnte angesichts der Krankenhausreform davor, das Kliniksterben zu forcieren. Zur Versorgung müssten auch niedrigschwellige Vor-Ort-Angebote beitragen. „Auch kleinere Häuser können hohe Qualität bieten“, zeigte er sich überzeugt.

Zahlen und Historie zum Inn-Salzach-Klinikum

Standort Wasserburg: 9186 Betten und Plätze

Weitere dezentrale Standorte in Rosenheim, Freilassung, Altötting und Ebersberg

Zuständig für die psychiatrische Versorgung in Südostbayern

1800 Mitarbeitende

10.000 stationäre Patienten pro Jahr

1883: Gründung mit 20 Patienten

1902: 618 Erkrankte, sechs Ärzte, 75 Pflegekräfte

1922: Gründung einer Berufsfachschule für Pflege

1939: 1000 Patienten

1933: Machtergreifung der Nationalsozialisten, ab da Kürzung von Geldern, Zwangssterilisationen, Deportierungen

1941 bis 1952: Schließung

1953: Wiedereröffnung mit 200 Patienten

1971: Eröffnung der Neurologie

1970 bis 2000: Eröffnung von Tageskliniken, Ambulanzen, Umstrukturierungen, neue Fachbereiche, Modernisierungen

1998: Bezirkskrankenhaus wird Eigenbetrieb des Bezirks Oberbayern

2004: Ernennung zum akademischen Lehrkrankenhaus der LMU

2007: Zusammenschluss der Kliniken des Bezirks zum kbo-Kommunalunternehmen, Eröffnung der Schlaganfallstation

2008/2014: neue Standorte in Freilassing und Altötting

2016: Beginn Neubau mit Romed

2018: Eröffnung Tagesklinik Ebersberg

2022: Einweihung Neubau

Kommentare