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Interview mit Michael Kölbl zum Jahreswechsel - Teil I

„Krass“ und „herausfordernd“: Wasserburgs Bürgermeister über Krisen am laufenden Band

Bürgermeister Michael Kölbl auf dem Rathausdach: Hier gelingt der Ausblick in das Jahr 2023 auch optisch am besten.
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Bürgermeister Michael Kölbl auf dem Rathausdach: Hier gelingt der Ausblick in das Jahr 2023 auch optisch am besten.

Kommandantenrücktritt, Energiekrise, Geschäftsschließungen: Warum sich Wasserburgs Rathauschef trotz vieler Probleme in 2022 auf das neue Jahr freut.

Wasserburg - Seit dem Jahreswechsel 2020/2021 sind die Interviews zum neuen Jahr mit Ihnen in der Wasserburger Zeitung und auf ovb-online sowie wasserburg24.de vom Wort Krise geprägt. Wie anstrengend oder frustrierend war 2022? Was waren die schwierigsten, was die schönsten Momente?

Michael Kölbl: Mit Superlativen habe ich es nicht, deshalb gibt es für mich nicht das schlechteste oder das beste Ereignis. Herausfordernd ist für mich das passende Adjektiv, wenn es um das Jahr 2022 geht. Und ja, die Spät-Auswirkungen der Corona-Pandemie waren noch gar nicht richtig verarbeitet, da ging es ohne Chance zum Aufatmen nahtlos über in die nächste Krise: den Ukraine-Krieg. Er hat nicht nur erneut eine große Flüchtlingsbewegung ausgelöst, die auch bei uns übergangsweise zur Umwandlung der Realschulturnhalle in eine Unterkunft sorgte und soziale Stellen wie den Bürgerbahnhof und den Patenkreis Asyl stark forderten, sondern auch gewaltige Auswirkungen auf unsere Energieversorgung - und damit auch auf unsere Stadtwerke und ihre Kunden.

Trotzdem: Es gab auch viele positive Ereignisse. Dass es gelungen ist, die schwierige Ausschreibung für den Halbstundentakt des Stadtbusses erfolgreich zu stemmen, war eine tolle Sache. Dass mit dem gemeinsamen Neubau von kbo-Inn-Salzach-Klinikum und Romed ein neues Krankenhaus etabliert wurde, das die medizinische Versorgung in der Region Wasserburg für Jahrzehnte sichert, gehört ebenfalls zu den schönen Ergebnissen dieses Jahres. Riesenspaß hat mir außerdem der städtebauliche Wettbewerb zum neuen Wohngebiet auf dem Gelände der ehemaligen Essigfabrik bereitet. Die Jurysitzung mit Wahl des Siegerkonzeptes war ganz klar für mich ein Highlight. Schön fand ich es auch, dass im Jahr 2022 trotz aller Krisen und hoher Inflation ein Stück Normalität in der Stadt zu spüren war. Die Menschen saßen wieder in den Cafés. Veranstaltungen wie das Nationenfest und Märkte fanden wieder statt. Die Kultur lebte auf.

Wasserburg hatte heuer einen kleinen Feuerwehrskandal, weil die drei Kommandanten zurücktraten. Ist die Stadt mittlerweile auf einem guten Weg, was das Miteinander von Feuerwehr, Stadtrat und Stadtverwaltung sowie Bürgermeister angeht?

Kölbl: Da sprechen Sie einen Moment an, den ich als Bürgermeister 2022 als besonders hart empfand: Der Rücktritt der drei Feuerwehrkommandanten hat mich sehr getroffen. Das war krass, quasi das Krasseste, was ich bisher in meiner 20-jährigen Amtszeit erlebt habe - auch weil es für mich persönlich so gar nicht vorhersehbar war. Umso mehr freut es mich, dass sich mit der neuen Kommandantur eine so gute und vertrauensvolle Zusammenarbeit entwickelt hat.

Es ist jedoch relativ still beim Thema Feuerwehrhausplanung. Ein gutes Zeichen? Geht es voran? Wie ist der Zeitplan?

Kölbl: Wir sind auf einem guten Weg. Der letzte Workshop war sehr konstruktiv. Ende Januar/Anfang Februar soll auf dieser Basis ein erster Entwurf als Planungsgrundlage erstellt und am 2. März dem Stadtrat vorgestellt werden. Auf der dann verabschiedeten Grundlage ist eine Machbarkeitsstudie vorgesehen. 2023 treten wir also in die konkrete Planungsphase ein. Da auch noch der Bebauungsplan angepasst werden und aufgrund der Investitionshöhe für den Neubau ein europaweites Ausschreibungsverfahren stattfinden muss, wird wohl auch noch 2024 für die Planung benötigt.

Heißt das, dass die Machbarkeit auf dem Grundstück an der Rampe noch gar nicht geklärt ist? Die Stadt hat die Fläche ja ausdrücklich für das Feuerwehrhaus erworben.

Kölbl: Die Machbarkeit ist grundsätzlich geklärt. Aber es ist nicht ganz einfach, deshalb muss die Studie analysieren, ob und wie alle Einrichtungen, die notwendig sind oder als angemessen bewertet werden, auf dem Grundstück aufgezeigt werden können.

Etwa die umstrittene Atemschutz-Kriechstrecke, die ja auch ein Knackpunkt bei den Auseinandersetzungen mit den Ex-Kommandanten war?

Kölbl: Der Landkreis, der dafür zuständig ist, hat sein Konzept geändert. Er hat beschlossen, keine zusätzliche stationäre Anlage zu den bereits bestehenden in Prien und Bad Aibling zu installieren. In Wasserburg soll eine mobile, also transportable Übungsstation an der Rampe geparkt werden. Sie kann von allen Feuerwehren angefordert werden, Schwerpunkt sind die Feuerwehren im nördlichen Landkreis.

Auffällig war 2022, dass einige inhabergeführte Geschäfte in Wasserburg aufgegeben haben. Bereitet Ihnen diese Entwicklung große Sorgen?

Kölbl: Corona hat indirekt den Generationenwechsel in einigen inhabergeführten Wasserburger Geschäften erschwert. Seit der Pandemie ist der Internethandel als Konkurrenz erstarkt. Obwohl einige Einzelhändler aufgegeben haben, ist die Struktur in Wasserburg nach wie vor sehr attraktiv. Es haben außerdem auch einige neue Geschäfte eröffnet. Auch die Gastronomie läuft meiner Erfahrung nach gut. Wir haben außerdem zwei Glücksfälle in Wasserburg: zwei inhabergeführte Kaufhäuser als Magneten. Sie können schnell auf die Wünsche der Kunden reagieren, passen gut zur Stadt, haben innovative Konzepte verankert und befinden sich in eigenen Immobilien oder in Räumlichkeiten, die in Familienbesitz sind. Wasserburg hat außerdem eine gute Frequenz, auch weil wir eine Schulstadt sind. In Wasserburg gibt es nach wie vor fast alles. Wir kommen unserer Aufgabe als Mittelzentrum nach.

Ist das neue Stadtmanagement ein Ansatz, um das Ladensterben aufzuhalten?

Kölbl: Es ist ein Puzzlestein von vielen. Der Mitarbeiter oder die Mitarbeiterin im Stadtmanagement ist ja in erster Linie eine Person, die Kontakte pflegt, ein „Kümmerer“ oder eine „Kümmerin“. Er oder sie soll Entwicklungschancen erkennen oder Fehlentwicklungen entgegenwirken. Doch wir haben Gewerbefreiheit: Wer sein Geschäft schließen will, darf das tun. Darauf haben wir keinen direkten Einfluss. Hauseigentümer können vermieten, an wen sie wollen: Wer lieber ein Beerdigungsinstitut im Haus hat als einen Fischhändler, lieber Büros als Geschäfte, darf sich so entscheiden.

Wie ist die Bewerberlage rund um die Stelle des Stadtmanagements?

Kölbl: Uns liegen einige interessante Bewerbungen vor. Im Januar/Februar finden die Vorstellungsgespräche, in die wir auch Vertreter des Stadtrates einbinden werden, statt. Unser Stellenplan im Haushaltsentwurf für 2023 weist die Position aus. Im Frühjahr könnte es losgehen.

2022 war auch durch Umzüge geprägt: Die Polizei und die Romed-Klinik sowie das kbo-Inn-Salzach-Klinikum haben neue Räumlichkeiten bezogen. Welche Bedeutung messen Sie dieser Entwicklung bei?

Kölbl: Beide Neubauten sind ganz wichtig für Wasserburg. Sie machen uns als Mittelzentrum für die nächsten Jahrzehnte zukunftsfähig. Das ist eine Standortsicherung für die medizinische Versorgung und für die Sicherheit im Wasserburger Land. Dass wir als Kleinstadt ein solch herausragendes Großklinikum und eine eigene Polizeiinspektion haben, ist keine Selbstverständlichkeit.

Ein Problem ist nach wie vor da: Das neue Großklinikum hat keine direkte und barrierefreie Busanbindung. Wie weit sind die Verantwortlichen bei der Lösungsfindung?

Kölbl: Das kbo-Inn-Salzach-Klinikum will über einen Shuttle-Bus den Klinikhaupteingang mit dem Öffentlichen Personennahverkehr verbinden. Wie die überregionalen Linien angebunden werden können, müssen Gespräche mit dem Busanbietern aufzeigen. Wir erwarten im Februar Rückmeldungen. Das Staatliche Bauamt hat uns vor Weihnachten noch mitgeteilt, dass aus verkehrsrechtlichen Gründen eine neue Einmündung für den Bus über eine weitere Einfahrtstrasse von der B 304 aus abgelehnt werden muss. Es bleibt also weiter schwierig bei der Lösungsfindung - auch weil eine Haltestelle auf dem Klinikgelände vom eng getakteten Stadtbus nur schwer angefahren werden kann.

Ein Topthema, das die Menschen beschäftigt, ist die Suche nach günstigem Wohnraum. Wasserburg hat in diesen Themenbereich bereits viel getan, nächstes Projekt ist das neue Wohngebiet an der Essigfabrik. Wie ist hier der weitere Zeitplan? Wann können sich Interessenten bewerben?

Kölbl: Nachdem das Siegerkonzept aus dem städtebaulichen Wettbewerb feststeht, geht es jetzt in die Planung. Sie wird wohl das ganze Jahr 2023 beanspruchen. Wir müssen uns auch noch überlegen, wer als Bauherr auftreten wird: die Heiliggeist-Spitalstiftung oder die Stadt, auf deren Grund das neue Wohngebiet liegen wird, und/oder die Stadt mit Partnern wie der Wohnungsbaugenossenschaft? Es wird also noch etwa zwei Jahre dauern, bis alle entscheidenden Fragen beantwortet sind. Doch wir sind auf gutem Weg. Und ein steht fest: Schwerpunkt ist geförderter Wohnraum.

Noch eine Frage zur abgerissenen ehemaligen Essigfabrik: Der Abbrucharbeiten hatten sich ja verzögert, weil eine Fledermauspopulation entdeckt worden war. Sind die Tiere eigentlich erfolgreich vergrämt worden?

Kölbl (lacht): Aber ja, die Fledermäuse haben das Umleitungsschild befolgt und sind an das Schöpfwerk umgezogen.

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