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Das Ladensterben geht ungebremst weiter

„Lieber ein Ende mit Schrecken“: Warum Blumen Posch in Wasserburg nach 85 Jahren schließt

Christine Posch wird Heiligabend den letzten Blumenstrauß binden.
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Christine Posch wird in Kürze den letzten Blumenstrauß binden.

Wieder gibt ein Wasserburger Traditionsgeschäft auf: Blumen Posch schließt - nach 85 Jahren im Familienbesitz. „Es ist schrecklich hart für mich, doch es nützt nichts“, sagt Inhaberin Christine Posch.

Wasserburg - Heiligabend ist Schluss, dann wird der letzte Blumenstrauß gebunden, das letzte Gesteck verkauft: Christine Posch (47) wird Weihnachten die Ladentür vermutlich für immer verschließen. Die Pandemie hat ihrem Geschäft schwer zugesetzt, doch es war die Energiekrise mit den explodierenden Kosten, die den Todesstoß gegeben hat. Es bleibe ihre keine andere Wahl mehr als den Laden aufzugeben, sagt sie.

Firmengeschichte geht bis 1937 zurück

Damit geht eine Firmengeschichte zu Ende, die 1937 begann. Damals starteten die Großeltern, Anna und Nikolaus Posch, am Herder mit der Gärtnerei, anfangs untergebracht in einem Erdhaus. Der Vater übernahm in den 60er-Jahren. Helmut Klaus Posch kaufte das Gelände am Herder wenige Jahre später und baute hier gemeinsam mit seiner Frau auch das Wohnhaus der Familie. Christine Posch wuchs mit ihren beiden Brüdern quasi in und an der Gärtnerei mit Baumschule und Geschäft auf. Zwischenzeitlich gab es sogar einen zweiten Laden in der Schustergasse, wo Blumen und auch Gemüse verkauft wurden.

Seit 30 Jahren arbeitet Christine Posch im Geschäft. Vor 15 Jahren übernahm die zierliche Gärtnermeisterin und Floristin, die trotz ihrer Statur kraftvoll anpacken kann, schließlich den Betrieb mit Topf- und Schnittblumen, Floristik für besondere Anlässe, Beet- und Balkonpflanzen sowie Dienstleistungen rund um Garten- und Grabpflege.

Freude am Freude bereiten hat stark gelitten

„Ich liebe meinen Beruf“, sagt Christine Posch. Und schwärmt: „Ich bin an der frischen Luft, ich sehe, was ich mit meiner Hände Arbeit schaffen kann. Und bereite tagtäglich Freude: Denn unsere Kunden gehen fast immer mit einem Lächeln aus dem Laden.“

Trotzdem hat ihre Freude am Freude bereiten in den vergangenen Jahren stark gelitten. Los ging die negative Entwicklung schon vor 30 Jahren, als das Gewerbegebiet in der Tegernau entstand, berichtet sie. Super- und Fachmärkte sowie Discounter siedelten sich an. Sie griffen in den vergangenen Jahren verstärkt die klassischen Produkte des Fachhandels ab: Schnittblumen für wenige Euros gibt es dort an der Kasse, Balkonblumen zum Frühjahr und jetzt Adventsgestecke als Massenware. „Da kann ich als kleine Floristin nicht mithalten“, bedauert Christine Posch. Sie könne den Preis nicht über die Menge nach unten drücken. Überhaupt sieht sie das Burgerfeld im Bereich Nahversorgung in einem Prozess des Aussterbens: Ein Geschäft nach dem anderen gebe auf oder siedle um in die Tegernau ins gut frequentierte Gewerbegebiet. Blumen Posch liege zudem am Stadtrand, „auf der Insel tun sich die Geschäfte viel leichter“, so die Erfahrung.

Zu den Standortproblemen kommt jetzt noch die Energiekrise hinzu. Blumen Posch müsste in die Gewächshäuser über den Winter für eine Temperatur von 12 Grad pro Woche 500 bis 700 Liter Öl „reinheizen“, rechnet sie vor. „Das geht einfach nicht mehr bei den Preisen.“ Denn sie kann ihre Ausgaben für Strom und Öl nicht einfach an die Kunden weitergeben.

Kunden sparen

Diese sind nach ihren Erfahrungen sowieso im Sparmodus: Die Inflation bereite vielen Bürgerinnen und Bürgern Sorgen, die Konsumbereitschaft lasse seit September spürbar nach. Gespart werde an Dingen, die nicht lebensnotwendig seien: am Strauß für den Wohnzimmertisch, an der neuen Beetbepflanzung, am Adventsgesteck.

Außerdem kämpft die Geschäftsfrau mit der Rohstoffknappheit: Töpfe und Erde müssten lange Zeit im Voraus bestellt werden und seien teurer geworden. Auch die Preise für Schnittblumen, die Christine Posch auf dem Großmarkt kauft, sind nach ihren Angaben um bis zu 20 Prozent gestiegen. Das Personal ist in den vergangenen Jahren schon von zehn auf zwei Teilzeitkräfte reduziert worden, berichtet sie.

Störfeuer und Online-Konkurrenz

Außerdem gibt es Störfeuer, die frustrieren: vom Feld zum Blumen selber schneiden, das ein benachbarter Landwirt direkt an der Zufahrt zum Laden aufgemacht hat, bis zu Kunden, die sich bei ihr über die richtige Staude für den Garten informieren und dann im Internet kaufen, oder keine Geduld zeigen, wenn ein Produkt mal nicht vorrätig ist und erst bestellt werden muss.

Christine Posch musste sich der Frage stellen, ob es eine Zukunft für das Geschäft gibt. Sie müsste umfangreich investieren, um die Gewächshäuser und den Laden energetisch zu modernisieren. Doch sie weiß angesichts der unsicheren Zukunft nicht, ob sich das jemals rechnen würde. Und die nächste Generation zur Übernahme fehlt, die 14-jährige Tochter hat andere Interessen. Deshalb fiel - auch nach einem aufmunternden Gespräch mit den Eltern - die Entscheidung, den Laden zuzumachen - ein „Cut, der gesetzt wird, bevor es zu spät ist“, das heißt bevor Umsatz sowie Gewinn total einbrechen würden. „Lieber ein Ende mit Schrecken, als ein Schrecken ohne Ende“, bemüht Christine Posch seufzend ein Sprichwort.

Es geht weiter mit der Garten- und Grabpflege

„Nachdem ich es einmal ausgesprochen habe, wird es leichter“, stellt sie fest. „Es war eine kalkulatorische Entscheidung, die Emotionen musste ich an die Seite schieben.“ Doch ihrem Beruf bleibt Christine Posch treu: Sie setzt die Arbeit im zweiten Standbein ihres Betriebes, die Auftrags-Garten- und Grabpflege, weiter fort. Die Arbeit an der frischen Luft und in sowie mit der Natur muss sie also nicht aufgeben. Freude kann sie weiter verbreiten. Auch für Fragen rund um Pflanzen, Bäume und Blumen steht sie nach wie vor per Telefon oder Mail zur Verfügung. „Ich schaue nach vorne - getreu des Mottos, das mir eine Freundin mit auf den Weg gegeben hat: Wenn sich eine Tür schließt, öffnen sich zwei“, sagt sie. Nun heißt es, bis Heiligabend den Abverkauf zu stemmen, dann wird sie vermutlich Stück für Stück zurückbauen. Doch Christine Posch schließt nicht aus, dass es nicht eine neue Geschäftsidee gibt. „Vielleicht mach ich doch irgendwann mal wieder auf - nur so wie derzeit geht es einfach nicht weiter.“

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