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Es geht auch um große und kleine „Tretmienen“

Kleiner Wadlbeißer, großer Kläffer - und beide kosten die gleiche Steuer? Hundeszene in Aufruhr

Tierische Freunde: Der 110 Kilo schwere Mastiff, einer der größten Hunde, die es gibt, und die nur 300 Gramm leichte Yorkshire-Dame. Warum zahlen ihre Halter die gleiche Steuer? Diese Frage hat in Wasserburg eine Debatte ausgelöst.
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Tierische Freunde: Der 110 Kilo schwere Mastiff, einer der größten Hunde, die es gibt, und die nur 300 Gramm leichte Yorkshire-Dame. Warum zahlen ihre Halter die gleiche Steuer? Diese Frage hat in Wasserburg eine Debatte ausgelöst.

In Wasserburg gibt es 540 Hunde. Ihre Halter müssen ab 2024 höhere Steuern bezahlen. Geht es dabei gerecht zu? Warum wird bei Katzen keine Steuer fällig? Warum zahlen Herrchen und Frauchen für einen Labrador genauso viel wie für ein Zamperl? Eine Debatte, auf die der Bayerische Gemeindetag eine erstaunliche Antwort hat.

Wasserburg – Eigentlich ging es im Wasserburger Stadtrat „nur“ um die Erhöhung der Hundesteuer. Seit 2004 sind die Gebühren gleich geblieben: 60 Euro zahlen die Halter im Jahr. Ab Januar wird es mehr: 90 Euro. Das hat eine Debatte ausgelöst, die zum Teil kuriose Züge annahm. Wobei: Fragen darf man ja.

Sachlich betrachtet: Eine Hundesteuer ist, so heißt es im Beamtendeutsch, eine „örtliche Aufwandssteuer“. Weil Bürger einen Vierbeiner halten, hat die Stadt einen Aufwand, etwa weil sie Hundekotbeutel-Ständer aufstellen und befüllen oder Häufchen wegräumen muss.

Aufreger Nummer eins: die Steuer für den Zweithund

Aufreger Nummer eins war bei der Diskussion in Wasserburg ein Einwand von Stadträtin Irene Langer (SPD). Denn die Kommune erhöht auch die Steuer für den Zweit- und Dritthund, jeder weitere kostet ab 2024 sogar 120 Euro. Eine Verdoppelung, die Langer unverhältnismäßig und „extrem“ findet. Das sei ein „Unding“, bei diesem Schritt gehe sie nicht mit, ließ sie im Gremium verlauten. 45 Halter sind in Wasserburg registriert, die zwei oder mehrere Vierbeiner gemeldet haben.

Aufreger Nummer zwei: keine Steuerkategorien nach Größe und Gewicht

Aufreger Nummer zwei brachte Christian Flemisch ÖDP) in die Diskussion ein. Warum zahle eigentlich der Besitzer eines großen Hundes, als Beispiel nannte er den Labrador, genauso viel wie der Halter eines kleinen Zamperls. Letzterer bereite ja weniger Aufwand, will heißen: Das Häufchen eines Dackels ist naturgemäß viel kleiner als die Hinterlassenschaft eines Schäferhundes. Könne nicht je nach Gewicht und Größe des Zweibeiners gestaffelt die Hundesteuer erhoben werden? Bürgermeister Michael Kölbl (SPD) konnte es nicht fassen, dass ein solches Vorschlag kam. „Das steht in keiner Relation.“ Es gelte, die bürokratischen Abläufe zu vereinfachen, nicht zu verkomplizieren, sah Kölbl schon einen Berg neuer Formulare zur Hundesteuer vor sich und Herrchen sowie Frauchen ins Rathaus pilgern: zum Wiegen und Messen.

Aufreger Nummer drei: die Katzensteuer, die es nicht gibt

Flemisch blieb hartnäckig und sprach Aufreger Nummer drei an: Auch dass Katzenbesitzer keine Steuern zahlen müssten, finde er nicht fair. Dafür gebe es keine gesetzliche Grundlage, betonte der Bürgermeister. Nachgefragt bei Wilfried Schober, Pressesprecher des Bayerischen Gemeinderates: Rechtlich sei es grundsätzlich möglich, eine Katzensteuer zu erheben, sagt er. Denn bei den sogenannten „kleinen Kommunalsteuern“ wie jener für die Haltung von Hunden gehe es nicht in erster Linie um den kommunalen Aufwand, den ein solches Tier auslöse. Es handele sich quasi um eine „Luxussteuer“. Denn eine Tierhaltung sei nicht lebensnotwendig., auch wenn mittlerweile der positive Einfluss eines Tieres im Haushalts auf die Psyche anerkannt sei. Wer sich entscheide, einen Hund oder eine Katze anzuschaffen, sei bereit, einen Teil seines Einkommens für Haltung und Pflege zu verwenden, hat das Bundesverfassungsgericht mit einer Rechtsprechung zum Ausdruck gebracht. Auch wer also eine Katze oder gar einen Kanarienvogel hält, könnte steuerlich veranlagt werden.

Das sagt der Bayerische Gemeindetag

Trotzdem gab es im Freistaat nach Angaben des Bayerischen Gemeindetags bisher keine konkreten Überlegungen, neben einer Hunde- auch eine Katzensteuer einzuführen, so Schober. Es wäre zwar grundsätzlich möglich, der bürokratische Aufwand stehe jedoch in keinem Verhältnis zu den möglichen Einnahmen, gibt der Sprecher des Gemeindetages dem Wasserburger Bürgermeister recht. Eine Verwaltung müsste erheben, wie viele Katzen gehalten würden, was schwer sei, weil es ja auch viele Freigänger gebe, die einem Haushalt nicht direkt zugeordnet werden könnten. Der Bevölkerung sei eine Katzensteuer außerdem einfach nicht zu vermitteln, weil diese Tiere anders als Hunde als eher reinlich und unkompliziert gelten würden. Was schon einmal diskutiert wurde vor zehn Jahren an der Rhön: eine Pferdesteuer. Auch sie setzte sich laut Schober politisch nicht durch.

Eine unterschiedliche Besteuerung kleiner und großer Hunde sei zwar immer wieder ein Thema, lasse sich jedoch ebenfalls nur schwer verwaltungstechnisch umsetzen. Die Tiere müssten in diesem Fall schließlich nach Rassen kategorisiert werden. Fest stehe außerdem, dass ein großer Hund zwar mehr Dreck mache, oft aber verträglicher im Umgang sei als ein kleiner Kläffer und Wadlbeißer. „Deshalb: Hund ist Hund in Bayern.“ (Mit einer Ausnahme: Kampfhunde). Es sei halt typisch deutsch, Gerechtigkeit um jeden Preis zu wollen., so Schober zum Flemisch-Vorschlag.

Trotzdem: Das Thema einer gerechten Hundesteuer beschäftigt die Kommunen, sogar den Freistaat, berichtet Schober. Nach 40 Jahren habe das Innenministerium die amtliche Mustersatzung jetzt weiterentwickelt und und angepasst. Hier sei beispielsweise die Steuerbefreiung für Züchter gestrichen worden. Auch der Gemeindetag gab einen neuen Vorschlag heraus, an dem sich Wasserburg orientiert.

Hundeführerschein gefordert

Lorenz Huber (Bürgerforum) sieht die dringende Notwendigkeit, die städtische Satzung zu ändern und die Steuern zu erhöhen. Und forderte sogar energisch den Hundeführerschein ein. Viele Halter hätten „0,0 Ahnung vom Halten eines Hundes“, eine Steuererhöhung bewahre sie sogar davor, sich allzu schnell für einen Hund zu entscheiden. Stadtrat Georg Machl (CSU), unterstrich ebenfalls: Die Steuer müsse erhöht werden, auch angesichts des gestiegenen Anspruchs von Bürgern in punkto Sauberkeit von Gehwegen und Plätzen. Regelmäßig müsse der Bauhof ausrücken, um „Tretmienen“ zu entfernen. Nach 20 Jahren sei die Zeit reif für eine Steueranpassung, egal, ob es sich um kleine oder große Hunde handele. Elisabeth Fischer (CSU), selbst Besitzerin eines Dackels, warnte vor zu hohen Gebühren: Für viele ältere Bürger sei der Vierbeiner ein wichtiger Begleiter, auch ärmere Menschen sollten ihn halten können. Chris Peiker (SPD) erinnerte daran, dass die Haltungskosten stark gestiegen sind, weil die Gebühren für den Tierarzt – etwa für Impfungen – extrem erhöht worden seien.

Mit 19 zu drei Stimmen entschied der Stadtrat schließlich, die Hundesteuer anzuheben: von 60 auf 90 Euro pro Vierbeiner, für jeden weiteren Hund auf 120 Euro und für jeden Kampfhund von 300 auf 500 Euro. Diese Sätze lehnen sich an einer Mustersatzung an. Sie sieht auch Befreiungen vor: für Halter von Hunden in Einöden, für Forstbedienstete, für Berufsjäger und Jagscheininhaber, für Rettungs- und Herdenhunden und Begleittiere für Menschen mit Handicaps.

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