Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Vorbild für andere Altstädte

Wärmepumpe auf historischem Dach: Wie Wasserburg das Denkmalschutzgesetz revolutioniert

Die Altstadt auf der Innschleife in Wasserburg steht komplett unter Ensemble-Denkmalschutz. Altstadthäuser wie das Gebäude in der Ledererzeile 14 (rechts) können jetzt so saniert werden, dass Solaranlagen und sogar Wärmepumpen integriert werden. Das Baugeschäft Grundner aus Soyen packt es als Vorreiter an.
+
Die Altstadt auf der Innschleife in Wasserburg steht komplett unter Ensemble-Denkmalschutz. Altstadthäuser wie das Gebäude in der Ledererzeile 14 (rechts) können jetzt so saniert werden, dass Solaranlagen und sogar Wärmepumpen integriert werden. Das Baugeschäft Grundner aus Soyen packt es als Vorreiter an. 

Eine Wärmepumpe auf einem historischen Blechdach: Wasserburg macht`s möglich und hat als Vorreiter das bayerische Denkmalschutzgesetz revolutioniert. Welche Solartechnik wo wie erlaubt ist und warum davon alle Altstädte im Freistaat profitieren.

Wasserburg – Im Juni hat der Landtag das Bayerische Denkmalschutzgesetz geändert. Am 1. Juli ist es in Kraft getreten. „Wir haben den Rahmen definiert“, bringt Stadtbaumeisterin Mechtild Herrmann die Rolle von Wasserburg auf den Punkt. Die Stadt ist vorangegangen und hat als Modell-Kommune den Weg bereitet. Der Stadtrat hat in seiner letzten Sitzung vor der Sommerpause deshalb die Gestaltungssatzung reformiert und die geänderte Fassung verabschiedet. Nur einen Monat nach dem Freistaat, einstimmig.

Zum ersten Mal reagiert eine Altstadt auf die Tatsache, dass sie trotz Ensembleschutz nicht nur in die bauliche Vergangenheit, sondern auch in die Zukunft schauen muss. Und letztere ist geprägt vom Bemühen um den Klimaschutz. Deshalb müssen auch historische Häuser umgerüstet werden, um alternative Energieformen etablieren zu können. „Wir sind kein Museum, wir müssen uns klimatechnisch weiterentwickelt, dürfen dabei aber auch die Optik unserer Altstadt nicht aus dem Blickpunkt verlieren“, sagt Herrmann. Ein Spagat, den Wasserburg mit der neuen Gestaltungssatzung schaffen kann und für die die Stadt vier Jahre lang gekämpft hat.

Altstadt darf kein Experimentierfeld werden

Auslöser war ein Antrag der Grünen. Ihr Frontmann diesbezüglich: Fraktionsvorsitzender Christian Stadler. 2019 hatte er gefordert, auch größere Solaranlagen in der Altstadt zuzulassen und dafür ein Regelwerk aufzustellen. Die Skepsis war groß, auch bei den Denkmalschützern. Doch das Landesamt für Denkmalpflege als oberste Behörde im Freistaat ging den Wasserburger Weg schließlich mit und rief das Modellprojekt „Vereinbarkeit von Denkmalschutz und regenerativen Energien“ am Beispiel der Innstadt ins Leben. Es folgten viele Sitzungen, Besprechungen, Ortsbesichtigungen, Bürgerworkshops, erschwert auch durch die Kontaktverbote und Auflagen der Pandemie. Fachleute aus dem Landesamt für Denkmalpflege und Wasserburgs Klimaschutzmanager Albert Bernstetter wurden intensiv eingebunden. „Eine gewaltige Herausforderung“, umschrieb Bürgermeister Michael Kölbl (SPD) im Stadtrat das Ringen um Lösungen. Denn: Eine historische Altstadt darf kein Experimentierfeld werden, muss sich jedoch trotz alter Bausubstanz auf neue Techniken einstellen können.

PV „knallt nicht länger optisch raus“

Doch wie lassen sich PV-Anlage, Wärmepumpen, E-Ladesäulen und Blockheizkraftwerke integrieren in ein jahrhundertealtes Ensemble von Gebäuden? Was erwartet die Hauseigentümer? Tatsache ist: Die Technik regenerativer Energien hat sich seit Aufstellung der Gestaltungssatzung in Wasserburg im Jahr 2013 stark verändert. Es gibt mittlerweile leistungsstarke PV-Module ohne Rahmen, Unterkonstruktionen, die nicht überstehen, Materialien, die nicht blenden und spiegeln, Abdeckungen, die in der Farbe des Hauses gestrichen werden können. Die Zeiten, in denen eine PV-Anlage automatisch „optisch rausknallt“, so Herrmann, sind vorbei.

Was wo in der historischen Altstadt wie möglich ist, darüber gibt ein Rahmenplan Auskunft. Er ist nicht rechtsverbindlich, betont die Stadtbaumeisterin, denn nach wie vor seien stets Einzel-Erlaubnisanträge der Bauwilligen notwendig. Doch der Rahmenplan Solar teilt die Parzellen der Altstadt grob in vier Kategorien ein: von historischen Dächern und Gebäuden, die von überall besonders gut einsehbar sind (Rathaus, Frauenkirche, Burg beispielsweise) und bei denen keine Solaranlage erlaubt bist, bis zu das historische Ensemble prägenden Flächen, die von Straßen und Plätzen oder Aussichtspunkten aus zu erkennen sind, einsehbaren untergeordneten Dächern und nicht deutlich erkennbaren Flächen. Je nach Stufe seien die Anforderungen anders.

Orientierung für Hausbesitzer

Eine Orientierung für Bauherren, trotzdem werden weiterhin jedes Dach und jede Hausfassade einzeln angeschaut. Aber Herrmann betont: Es ist viel mehr möglich als früher, manchmal sogar die Wärmepumpe auf einem historischen Dach. Und: Es gebe keine Größenbeschränkungen mehr. Ist ein Dach nicht einsehbar, kann es jetzt großflächig mit PV-Modulen belegt werden.

Fibel mit Positivbeispielen

Stadler legt außerdem Wert auf die Feststellung, dass nach der Gestaltungssatzung noch eine Fibel mit Positivbeispielen folgen soll. Hausbesitzer bekommen so „best practise-Modelle“ zum Nachahmen an die Hand, unterstreicht Werner Gartner (SPD). Ziel sind pragmatische, bezahlbare Lösungen für die Bürger, so Heike Maas, Fraktionsvorsitzende von CSU und Wasserburger Block. Dass es gelungen ist, den langen Weg der Planung mit einem konkreten Ergebnis für die Bürger abzuschließen, nannte Norbert Buortesch, Fraktionssprecher der „Bunten“ aus Bürgerforum/Freie Wähler Reitmehring/Wasesrburg/ÖDP, „einen historischen Erfolg“. Doch auch Negativentwicklungen wurden verhindert, unterstrich Wolfgang Janeczka, SPD: Balkon-PV-Module sind nicht erlaubt. Auch sein Urteil: „Gratulation, das Werk ist vollbracht“.

Modellprojekt in der Ledererzeile 14

Jetzt sind die Hauseigentümer an der Reihe. Vier waren im Modelprojekt als Vorreiter gemeldet. Die Sanierung des Gebäudes Ledererzeile 14 macht den Anfang und geht mit gutem Beispiel voran. Hier plant die Familie Grundner trotz zentraler Lage in der Altstadt auf dem Dach eines historischen prägenden Denkmals statt eines Kamins eine Wärmepumpe.

Kommentare