Eure Klagen zu Zügen und Bahnhöfen im Kreis Rosenheim
„Wer kauft bitte diese Züge ein?“ - „Klappt leider gar nicht mit der Barrierefreiheit“
Wo happert es noch mit der Barrierefreiheit in der Region? - Das wollten wir von euch wissen und Ihr habt uns reichlich Problemfälle geschickt. Im Landkreis Rosenheim dreht es sich dabei vor allem um die Züge und Bahnhöfe. Hier habt Ihr uns eine ganze Reihe von Problemen mitgeteilt.
Landkreis Rosenheim - „„Überhaupt nicht barrierefrei ist die Bayrische Oberlandbahn (BOB) und die Mangfalltal-Bahn.Wenn man bedenkt, dass die alten Zuggarnituren der BOB barrierefrei waren und jetzt mit den neueren Zügen alles wieder mit Stufe ist, dann kann man sich nur an den Kopf fassen. Wer kauft bitte diese Züge ein?“, beklagt unsere Leserin Theresa K., „Bei der Mangfalltal Bahn gibt es zwar einige wenige neue Bahnsteige, das wäre dann theoretisch barrierefrei, wenn die Bretter an den Zügen funktionieren würden“
„.Das heißt diese Bretter würden die Lücke vom Wagon zum Bahnsteig schließen. Allerdings kommt jetzt die Ansage im Zug „bitte beachten sie beim Aussteigen die Lücke zwischen Bahnsteigkante und Zug“ und das schon seit Jahren. Für mich ist es unfassbar das Zug Material eingekauft wird, das nicht zu den neuen Bahnsteigen passt und das es nicht möglich ist die kaputten Bretter an der BRB zu erneuern.“
Diese Probleme mit zu wenig Barrierefreiheit gibt es in Zügen und an Bahnhöfen im Kreis Rosenheim
„Die Bahnhöfe in Aßling und Ostermünchen kann ein Rollstuhlfahrer nur in Richtung München nutzen, weil es an beiden Bahnhöfen keinen Aufzug zu dem anderen Bahnsteig gibt.. In den Köpfen vieler Leute klappt das leider gar nicht mit der Barrierefreiheit. Mein Sohn sitzt im Rollstuhl und dann bekommt man ein ganz anderes Auge dafür“, berichtet uns wiederum Susanne P.. Eine weitere Leserin beklagt schließlich mangelnde Barrierefreiheit am Bahnhof von Feldkirchen-Westerham.
„PRO BAHN bekommt regelmäßig Nachrichten zu Problem was das barrierefreie Reisen angeht. Hier reichen die Probleme von nicht vorhandener Barrierefreiheit bis zu defekten Hilfsmitteln. Die BRB Oberland stellt hier leider eine Besonderheit dar. Die alten Integral-Fahrzeuge waren zwar barrierefrei, hatten aber immer stärkere Probleme mit der Zuverlässigkeit, Gleichzeitig stieg die Nachfrage im Oberland-Netz“, berichtet Marco Kragulji, Stellvertretender Landesvorsitzender beim Fahrgastverband PRO BAHN Bayern e. V., „Da diese Fahrzeuge nicht mehr produziert wurden und der Hersteller auch nicht mehr existiert, konnten keine weiteren Fahrzeuge zur Kapazitätserweiterung bestellt werden.“
BRB Oberland stellt Besonderheit dar
„Da die Zuverlässigkeit und damit auch die Pünktlichkeit zunehmend schlechter wurden, forderten Fahrgäste, Kommunen und Landkreise, dass hier schnellstmöglich gehandelt werden muss. Zusammen mit dem Freistaat Bayern hat die BRB Oberland die Möglichkeit bekommen die heute eingesetzten Fahrzeuge deutlich schneller als üblich zu bekommen, mit dem Wissen, das diese nicht zu 100 Prozent barrierefrei sind. Grund hierfür liegt darin, dass Dieselzüge für eine Bahnsteighöhe von 55 Zentimeter geplant werden. Alstom, der Hersteller der Züge, hat jedoch mit Podesten im Einstiegsbereich versucht das Problem ohne Neukonstruktion zu minimieren, was die Lieferzeiten deutlich verkürzt hat“, erklärt Kragulji weiter.
„Für den Landkreis Rosenheim lässt sich zusammenfassend sagen, dass die Bayerische Eisenbahngesellschaft zusammen mit DB InfraGO und dem Verkehrsministerium am barrierefreien Ausbau der Stationen arbeitet. Hier werden aktuell die Bahnhöfe Raubling, Brannenburg, Oberaudorf und Kiefersfelden in den nächsten Jahren umgebaut. Ein Umbau ist aber leider nicht immer einfach“, fährt er fort, „Als Fahrgastverband ist es uns ein wichtiges und großes Anliegen, dass Reisende möglichst einfach und eigenständig in den Bahnhof und in den Zug kommen.“
Planungsunsicherheit wegen Brenner Nordzulauf
„Zu wenig Platz, wie zum Beispiel im Bahnhof Westerham erschweren den möglichen Umbau. Auch sind die aktuellen Planungen zum Brennernordzulauf für Bahnhöfe, wie Assling und Ostermünchen, ein Dämpfer, da man nichts bauen möchte, dass man möglicherweise mit der ‚falschen‘ Trassenwahl wieder abreißen müsste, wenn der Bahnhof verlegt werden muss. Zusammenfassend lässt sich aber sagen, dass es im Landkreis Rosenheim besser wird, da auch weiter Umbaumaßnahmen zum Beispiel in Bruckmühl und Westerham geplant sind“, so Kragulji.
„Das ursprüngliche Ziel, Bayern barrierefrei 2023 hat man definitiv verfehlt und damit sind wir als Fahrgastverband sehr unzufrieden, da es wieder einmal zeigte, dass man zwar schöne Sprüche und Ideen hat, diese aber nicht umgesetzt hat. Viele Fahrgäste haben auf dieses Programm und das Zeil gesetzt und sich Hoffnungen gemacht, dass es besser wird. Dies muss aus unserer Sicht nun so schnell wie möglich nachgeholt werden. Am besten mit Taten anstatt mit Werbeslogans. Betrachtet man die Kapazitäten für Planung, Bau und die Finanzierung für den barrierefreien Umbau, wird in Bayern versucht die Barrierefreiheit herzustellen. PRO BAHN wünscht sich aber hier durchaus, dass die Mittel für Planungen und Bau angehhoben werden, um noch mehr Bahnhöfe so schnell wie möglich barrierefrei auszubauen“, schließt er.
BRB weist auf Mobilitätsservide hin
„Grundsätzliches zum barrierefreien Reisen mit der BRB finden Sie auf unserer Website. Detailliert geben wir auf viele von den Leserinnen angesprochene Punkte Auskunft. In Videos ist zum Beispiel auch das Aus- und Einsteigen für Rollstuhlfahrer dargestellt“, erklärt eine Sprecherin der BRB. „Was die von Ihrer Leserin angesprochenen ‚Bretter‘ betrifft, sind wohl unsere Trittstufen gemeint, die wir in der Regel bei Bedarf ausfahren können, um den einfachen Ein- und Ausstieg zu gewährleisten. Diese haben wir im Netz Chiemgau-Inntal in unseren Flirt-Fahrzeugen. Bei kurzfristigen Defekten kann es vorkommen, dass das Ausfahren nicht klappt. Die Reparatur erfolgt dann in unserem Bahnbetriebswerk in Augsburg.“
„In allen Zügen gibt es Rampen, die vom Fahrpersonal ausgelegt werden können, um beispielsweise eine Spalte zwischen Zug und Bahnsteig überbrücken zu können. Wichtig und ebenfalls auf der Webseite zu finden: Wenn Sie möchten, können Sie sich zur Mitfahrt natürlich generell anmelden, eine Pflicht besteht nicht. Sie können dies beim bundesweiten Mobilitätsservice über Telefon 030 65212888 zum Ortstarif oder per Email msz@deutschebahn.com oder an mobiservice@brb.de tun“, so die BRB-Sprecherin weiter und schließt: Was die Bahnsteige, deren Höhen und alle Bauten in und an Bahnhöfen betrifft, sind nicht wir zuständig, sondern der Infrastrukturbetreiber, die DB InfraGO AG. Auf welchem Gleis wir einfahren, bestimmen ebenfalls nicht wir.“
Bahn will Bahnhöfe langfristig sämtlich barrierefrei machen
„Das Reisen mit der Bahn für alle möglich machen – an diesem Ziel arbeitet die Deutsche Bahn kontinuierlich. Auch der barrierefreie Ausbau der Bahnhöfe geht kontinuierlich weiter. Dazu gehört auch, einen niveaugleichen Ein- und Ausstieg zu schaffen. Hierzu stimmt sich die DB mit Vertreter:innen der Bundesländer, Aufgabenträger und Behindertenverbände ab. Historisch bedingt haben die bestehenden Bahnsteige in Deutschland sehr unterschiedliche Höhen, die nach und nach vereinheitlicht werden, wenn Bahnsteige saniert werden. Zudem müssen insbesondere die im Nahverkehr eingesetzten Fahrzeuge angepasst werden. Wo Bahnsteighöhe und eingesetzte Züge noch nicht harmonieren, werden Einstiegshilfen wie Überfahrrampen, Ausfahrtritte, Hublifte oder mobile Rampen eingesetzt“, so wiederum eine Sprecherin der Deutschen Bahn.
„87 Prozent aller Bahnsteige sind bundesweit bereits stufenfrei über Gehwege, höhengleiche Gleisübergänge, lange Rampen oder Aufzüge zugänglich. Pro Jahr baut die DB rund 100 Bahnhöfe barrierefrei um, in Bahnsteigen gerechnet sogar bis zu 150“, so die Bahnsprecherin weiter, „In Bayern wurden in der vergangenen fünf Jahren mehr als 50 Bahnhöfe barrierefrei ausgebaut. Positivbeispiele sind, unter anderem, Ansbach, Augsburg, Würzburg, Sünching, Senden, Pleinfeld und Rottendorf. Damit profitieren in Bayern bereits über 80 Prozent der Bahn-Fahrgäste von barrierefreien Bahnhöfen. Es passiert also schon eine Menge. Klar ist aber auch: Es ist noch viel zu tun.“
„Ausbau kann nur Schritt für Schritt erfolgen“
„Der barrierefreie Ausbau von Bahnhöfen kann dabei nur Schritt für Schritt erfolgen. Wie viele Bahnhöfe umgebaut werden können, hängt unter anderem von der Höhe der Finanzmittel ab, die der DB von Bund und Land zur Verfügung gestellt werden. Denn Fördermittel von Bund und Ländern unterstützen den barrierefreien Ausbau. Gefördert wird der Ausbau vor allem an stärker frequentierten Stationen, damit möglichst viele Reisende profitieren“, fährt sie fort, Es gibt weitere Faktoren, die Einfluss darauf haben, wie schnell der Ausbau vorangeht: So sind zum Beispiel in vielen Fällen umfassende Genehmigungsverfahren mit entsprechend langen Bearbeitungszeiten zu durchlaufen. Von der Planung bis zum Baustart können oft mehrere Jahre vergehen.“
„Voraussetzung, dass Bauarbeiten stattfinden können, sind ausreichende Kapazitäten bei Planungsbüros und Baufirmen. Vor dem Hintergrund des allgemeinen Fachkräftemangels sind die Ressourcen in der Baubranche begrenzt. Zudem müssen geplante Baumaßnahmen an Bahnhöfen so eingetaktet werden, dass der Zugbetrieb möglichst wenig beeinträchtigt wird. Wir bauen in der Regel nicht auf der grünen Wiese, sondern an Bahnhöfen und Stationen, an denen Zugverkehr stattfindet. Daher sind für bauliche Eingriffe sogenannte Sperrpausen, also Phasen, in denen keine Züge fahren dürfen, nötig. Die Sperrpausen müssen langfristig eingeplant werden und stehen nur begrenzt zur Verfügung. Alles in allem kommt der barrierefreie Ausbau von Bahnhöfen in Abhängigkeit der zur Verfügung stehenden Mittel und Ressourcen schrittweise gut voran – sowohl DB als auch Bund und Freistaat treiben das Thema auch in den nächsten Jahren weiter voran.“
hs