Lausch fordert Stopp
Ungeheuerlicher Vorwurf: Zieht Österreich Bayern beim Brenner-Nordzulauf über den Tisch?
Macht sich Bayern mit dem Brenner-Nordzulauf zum Erfüllungsgehilfen Tirols? Der Rosenheimer Landtagsabgeordnete Sepp Lausch (Freie Wähler) äußert einen ungeheuren Verdacht gegen die Österreicher.
Rosenheim – Ernstzunehmender Vorwurf oder doch nur Gehacktes aus der Gerüchteküche? Österreich sei der verborgene Antreiber hinter dem Brenner-Nordzulauf. Es profitiere vom Projekt einer Schnellzugtrasse durch den Landkreis Rosenheim gleich in mehrfacher Hinsicht, und das auf Kosten Bayerns. Behauptet Sepp Lausch, Landtagsabgeordneter der Freien Wähler.
Im Vorbeigehn einen alten Traum erfüllen
Und es geht weiter. Der Politiker aus Großkarolinenfeld argwöhnt, dass Österreich dafür nicht vor Einflussnahme auf den Planungsstab des Brenner-Nordzulaufs zurückschrecke. Denn das Ziel der Österreicher sei der langersehnte Abzweig einer reinen ICE-Hochgeschwindigkeitstrasse, um Innsbruck und Salzburg ohne den Umweg über Rosenheim zu verbinden. Würde eine leistungsstarke Strecke zwischen Rosenheim und Kufstein gebaut – eben der Brenner-Nordzulauf – hätten die Österreicher dieses Ziel quasi im Vorbeigehen erreicht.
Österreich befürchtet Einbußen
Wie berichtet, befürchten Bayerns Nachbarn wegen der mehrmonatigen Sperre der Verbindung München-Rosenheim-Salzburg im Jahr 2027 Nachteile auch für das Angebot der ÖBB. Lausch bezieht sich auf einen Bericht im ORF. Demnach äußerte sich der Tiroler Verkehrspolitiker René Zumtobel wie folgt: „Das ist wirklich ein Flaschenhals. Die Auswirkungen spüren wir links und rechts. Die verspäteten Züge stören den kompletten Takt auf der Achse.“ Man benötige daher ein abgestimmtes Konzept und einen „stärkeren Einfluss der ÖBB“ auf die Trassenbelegung. „Es muss darum gehen, wie man bestmöglich die Betriebsführung macht“, betonte der Verkehrslandesrat.
Lauterbach: Nur Überholbahnhof oder doch Weiche für den ICE?
Er finde das Anliegen Zumtobels „anmaßend“, sagte Lausch dem OVB. „Ich wäre weit entfernt davon, dass ich in Österreich mitbestimmen wollte.“ Andererseits erkläre sich nun „die sehr großzügige Planung mit vier Gleisen nebeneinander zwischen Lauterbach und Rohrdorf. Hier soll der Abzweig einer reinen ICE-Hochgeschwindigkeitstrasse nach Salzburg erfolgen.“
Laut Bahn ist der vierspurige Bau an diesem Punkt nördlich der Salzburger Autobahn lediglich als „Überholbahnhof Riedering“ für den Brenner-Nordzulauf gedacht. Für Lausch kein Widerspruch, sondern lediglich Frage eines überschaubaren Mehraufwands: Ein paar Weichen, dann könne von dort aus auch eine Tempo-Trasse abgezweigt werden.
Lausch: Tirol zieht Bayern über den Tisch
Für den Freie-Wähler-Abgeordneten ist es klar: „Die ÖBB möchten auf Biegen und Brechen mit deutschen Steuergeld eine ICE-Bahntrasse durch das bayerische Inntal durchdrücken.“ Damit erkläre sich der augenscheinlich immer stärker zunehmende“ Einfluss österreichischer Planer im Planungsteam der Deutschen Bahn. „Auch die Berufung der ehemaligen Tiroler Verkehrsministerin Ingrid Felipe zum Vorstandsmitglied für den Bereich Infrastruktur bei der DB-Netz passt genau ins Bild.“
In den Zuständigkeitsbereich der früheren Grünen-Politikerin fallen Großprojekte wie die Neubautrasse für den Brenner-Nordzulauf. „Dass Frau Felipe auch für die Einführung der Lkw-Blockabfertigung mit verantwortlich war, mit der Bayern weiterhin erpresst und drangsaliert wird, macht zusätzlich nachdenklich“, sagt Lausch.
Aus für die Planungen für Brenner-Nordzulauf
Lausch fordert beim Nordzulauf daher einen Planungsstopp. Solange, bis die Einflussnahme der österreichischen Bahn und der österreichischen Politik auf die deutschen Planungen zum Brenner-Nordzulauf geklärt sei. Eine Hochgeschwindigkeitstrasse, die wenig zum Gütertransport beitrage und von der hauptsächlich Österreich profitiere, „ist nicht hinzunehmen“, sagt er. Schließlich gehe es um die Region Rosenheim.
Eben von dort erhält Lausch aber auch entschiedenen Widerspruch. Die Forderung nach einem Planungsstopp für den Brennernordzulauf entbehre „jeglicher sachlicher Grundlage“, teilt die Rosenheimer Bundestagsabgeordnete Daniela Ludwig (CSU) in ihrer Antwort auf eine OVB-Anfrage mit.
Ludwig: Behauptungen aus der Luft gegriffen
Die angebliche „Tatsache“, dass zwischen Lauterbach und Rohrdorf der Abzweig einer reinen ICE-Hochgeschwindigkeitstrasse nach Salzburg erfolgen solle, sei „falsch und schlichtweg aus der Luft gegriffen“. Eine echte Tatsache sei hingegen, dass Untersuchungen für die Beschleunigung des innerösterreichischen Verkehrs im Zuge der Planungen zum Brenner-Nordzulauf bereits 2017 offiziell beendet worden seien. „Es wird keine Abzweigung vom Brennernordzulauf in Richtung Salzburg geben“, hält Ludwig fest. „Wenn das Land Österreich Verkehrsprobleme hat, muss es diese selbst lösen.“
In München gibt man sich verstimmt. Die Bahn weist die von Lausch geäußerten „Unterstellungen“ zurück. Das Bahnprojekt Brenner-Nordzulauf sei Teil des Brennerkorridors und somit Herzstück des europäischen Schienennetzes für Güter- und Personenverkehr auf der Scan-Med-Route. In den grenzübergreifenden Abschnitten arbeitet die DB selbstverständlich eng mit den österreichischen und italienischen Kollegen zusammen. „Falsch ist jegliche Unterstellung der Einflussnahme“, sagte eine Sprecherin.