Pünktlich zum Ferienbeginn
Chaostage vor der Tür? Darauf müssen sich Urlauber auf Inntalautobahn und Brenner einstellen
Die Fahrt durchs Inntal könnte der Stresstest vorm Ferienglück werden: Pünktlich zu Ferienbeginn braut sich am Nadelöhr zwischen Raubling und Kiefersfelden etwas zusammen. Und es drohen Baustellen. Worauf sich Urlauber ab dem kommenden Wochenende einstellen müssen. Und was es an guten Nachrichten gibt.
Rosenheim – Vorm Urlaub kommt der Stresstest. Mit Beginn der Sommerferien in Bayern am kommenden Freitag (28. Juli) verstärkt sich der Verkehr im Nadelöhr Nummer eins nochmals: Im Inntal könnte dann bis Montag, 31. Juli, der Ausnahmezustand herrschen. „Noch mehr Autos, noch mehr Verkehr, damit auch mehr Pannenfahrzeuge und mehr Staus“: Damit rechnet Peter Böttinger, Chef der Verkehrspolizeiinspektion Raubling. Die Polizei hat daher bereits aufgestockt, mindestens eine Streife mehr werde unterwegs sein, sagt Böttinger, auch das Technische Hilfswerk unterstütze seine Beamten. Das THW ist mit einem besonderen Fahrzeug unterwegs, besetzt mit fünf Mann, ausgestattet unter anderem mit Absperrmaterial, Beleuchtung für Unfallorte, einem Spreizer und der Ausrüstung für Erste Hilfe. „Das ist unser Fahrzeug für mittelschwere bis schwere Unfälle“, sagt THW-Sprecher Stefan Huber. Man sei vorbereitet – und vorgewarnt: „Schon die vergangenen Wochen war‘s mitunter irre.“
Alarm für die Region Rosenheim? „Eines der staureichsten Wochenenden“
Matthias Jokisch ist als Brannenburgs Bürgermeister wie die Menschen im Inntal überhaupt mit dem Phänomen der Blechlawinen vertraut. Wenn die Autobahn dicht sei, dann stehe der Verkehr halt auch in Brannenburg. Auch der ADAC rechnet mit einem heftigen Wochenende. Schon weil Flüge 40 Prozent teurer geworden seien, rechnet Alexander Kreipl vom ADAC Südbayern. Es seien sicher viele Menschen aufs Auto umgestiegen, sagt er, „wir rechnen mit vielen Behinderungen. Das wird eines der staureichsten Wochenenden im Jahr.“
Unter anderem in Teilen Skandinaviens endeten die Ferien wieder, „es ist also in beiden Richtungen mit Staus zu rechnen“: Wer es sich leisten könne, nach dem Wochenende zu reisen, sei mit Abwarten gut beraten. Betroffen sei im übrigen nicht nur die A93, sondern auch die A8 nach Salzburg. Vor allem zwischen Rosenheim West und der Raststätte Wilparting sei mit Behinderungen zu rechnen.
Auch in Österreich bereitet man sich auf ein intensives Wochenende vor. „Die Besonderheit am Ferienbeginn in Bayern ist, dass die Reisewelle am Samstag früher als sonst durch Österreich rollt“, sagt Christoph Pollinger vom Autobahnbetreiber Asfinag. „Die ersten Staus werden sich bereits in der Nacht oder in den frühen Morgenstunden bilden, speziell auf der Tauernautobahn Richtung Villach. „Der Höhepunkt der Reisewelle werde am Vormittag erreicht, prognostiziert er. „Aber auch am Donnerstag und Freitag werden die wichtigen Nord-Süd-Verbindungen tagsüber stark befahren sein.“
Mehr Verkehr, alte Infrastrukturen: Das macht die Ferienreisewelle zur Herausforderung
Es kommt eben vieles zusammen. Seit Jahrzehnten wächst das Volumen des Verkehrs, wie sich vor allem am Brenner ablesen lässt: Zwischen 1990 und 2015 verdoppelte sich der Verkehr. Auch danach stieg der Verkehr insgesamt weiter, von der Pandemie-Delle abgesehen: von 14,77 Millionen Autos im Jahre 2010 auf rund 17 Millionen in den Jahren vor Corona. Nach dem lockdown-bedingten Rückgang auf 12,34 Millionen im Jahr 2020 sind die Zahlen am steigen, 2023 dürfte der Stand von 2019 wieder erreicht sein. Die beiden Hauptzubringer zur Brenner-Autobahn führen nun einmal über den Zirler Berg – und vor allem die Inntal-Autobahn.
Gleichzeitig ist die Infrastruktur marode. Zahlreiche Brücken und Straßenabschnitte müssen saniert werden, so zum Beispiel am Irschenberg. Auch dort rechnet Peter Böttinger von der Verkehrspolizeiinspektion mit großen Behinderungen. Auch weil viele Autofahrer unter Stress stehen. „Die Spuren am Irschenberg sind eng, und doch überholen sie dann, auch mit Bus und Wohnmobil – obwohl die Fahrzeuge dafür eigentlich zu breit sind.“ Die Folge: Immer wieder Pannen und Blechschaden. Und damit Staus.
Aber es gibt auch gute Nachrichten: Am Montag, 31. Juli, steht Lkw-Fahrern und Urlaubsreisenden noch einmal Blockabfertigung an der Grenze nach Tirol bevor. Dann aber herrschen fast zwei Monate Pause. Erst am 29. September wird das Land Tirol wieder zu „Dosiermaßnahmen“ greifen. Die weiteren Termine finden Sie hier.
Was macht Tirol? Rosenheims Verkehrspolizei hat etwas Erstaunliches registriert
Und die Verkehrspolizei hat etwas Erstaunliches registriert. Bei den vergangenen drei Terminen – an den Montagen 10., 17. und 24. Juli – habe Tirol von Beginn an 300 Lkw über die Grenze gelassen. Und nicht, wie sonst üblich, nur deren 150 oder gar 100. „Die Staus hielten sich in Grenzen“, freut sich Böttinger. Ob das ein vorsichtiges Einlenken der Tiroler Politik auf bayerische Bemühungen um Entspannung ist? „Uns sind keine Absprachen bekannt“, dementiert ein Sprecher des bayerischen Verkehrsministeriums.
Und noch eine gute Nachricht: Die Sanierungsarbeiten an der Lueg-Brücke im Wipptal haben zwar bereits begonnen, laut Asfinag werden aber bis auf weiteres zwei Spuren in jeder Richtung befahrbar sein. „Das Schlimmste konnte erstmal verhindert werden“, sagt der Asfinag-Sprecher. Kritisch dürfte es ab 2025 werden. Dann muss sich der Verkehr vom und zum Brenner über eine Spur quälen. Experten erwarten für diese Phase der Sanierungsarbeiten eine starke Zunahme der Blockabfertigungstermine im Inntal.
Der Überblick: Wo Rosenheims Urlaubern Staus drohen
Natürlich ist die Inntalautobahn nicht die einzige Engstelle vorm heiß ersehnten Sommerurlaub. Nicht wenige Rosenheimer zieht es in den Ferien zu den Verwandten auf dem Balkan – Serben und Bosnier zählen zu den am stärksten vertretenen Herkunftsländern in Rosenheim. Aber auch auf dem Weg in Richtung Osteuropa stellen sich am kommenden Wochenende viele Hindernisse. Der österreichische Autobahnbetreiber Asfinag rechnet gegenüber dem OVB an folgenden Punkten mit hoher Staugefahr: Die Haupt-Staustrecken nochmals im Überblick:
- Großes deutsches Eck (A8 in Bayern) und Tauernautobahn (A10), Richtung Villach, beim Knoten Salzburg, vor dem Tauerntunnel vor und der Mautstelle St. Michael;
- Karawankenautobahn (A11) in Kärnten, vor dem Karawankentunnel;
- Brennerautobahn (A13), vor den Mautstellen Schönberg und Sterzing;
- Pyhrnautobahn (A9), vor den Tunnelabschnitten bei Kirchdorf, St. Pankraz, vor der Mautstelle Bosruck und im Baustellenbereich bei Übelbach;
- Autobahngrenzübergänge Salzburg-Walserberg (A1), Kufstein-Kiefersfelden (A12), Spielfeld (A9) und Karawankentunnel (A11).