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Reaktion auf Offenen Brief

Brenner-Nordzulauf: Ex-Bahndirektor legt sich mit Bahn und Daniela Ludwig an – beide kontern

Daniela Ludwig will einen Tunnel.  Und Gerhard Müller gar das ganze Projekt Brenner-Nordzulauf in der aktuellen Form in Frage stellen.
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Brücke über den Inn? Nicht mit uns: Daniela Ludwig will einen Tunnel. Und Gerhard Müller gar das ganze Projekt Brenner-Nordzulauf in der aktuellen Form in Frage stellen.

Der Brenner-Basistunnel soll für Entlastung sorgen. Und der Nordzulauf ist Deutschlands notwendiger Beitrag dazu. Oder? Stimmt nicht, sagt Gerhard H. Müller, teilt er nun in einem Offenen Brief mit. Der stößt sowohl Bahn als auch der Abgeordneten Daniela Ludwig auf.

Rosenheim – Mit einem kritischen Offenen Brief hat Gerhard Müller auf den jüngsten Vorstoß der Rosenheimer Bundestagsabgeordneten Daniela Ludwig reagiert. Die CSU-Politikerin hatte erhebliche Nachbesserungen beim Brenner-Nordzulauf gefordert. Und zwar nicht allein, sondern mit Unterstützung: Die Forderungen tauchen in einem Antrag der CDU/CSU-Fraktion im Bundestag auf, unterschrieben von den Abgeordneten der Union, allen voran Friedrich Merz (CDU) und Alexander Dobrindt (CSU).

Nachbesserungen oder Planungen einstellen?

Kernpunkte dieses CDU/CSU-Antrags: Die Bundesregierung solle bei den Planern der Bahn für die beiden neuen Gleise eine Untertunnelung des Inns nördlich Rosenheims statt einer Brücke in Auftrag geben. Und die Bahn solle auch die Verlegung der Verknüpfungsstelle Niederaudorf an eine unauffälligere Stelle des Inntals prüfen – wenn sie denn überhaupt nötig sei. Die Verknüpfungsstelle solle in das Massiv des Wildbarren verlegt werden. Das sei sowohl technisch möglich als auch mit gesetzlichen Vorgaben zu vereinbaren.

Die Verknüpfungsstelle bei Ostermünchen weiter nach Norden, den Inn untertunneln, die Verknüpfungsstelle im Inntal in den Wildbarren: Das will die Abgeordnete Daniela Ludwig (CSU)

Für Gerhard Müller, Bundesbahndirektor a.D., genügt das alles nicht. Er vermisse die „sachliche Auseinandersetzung“ mit Grundsatzfragen. Zum Beispiel der Frage, ob es wirklich für den Brenner-Nordzulauf eines Tempos von 230 Stundenkilometern bedarf. Man kann es auch so sagen: Wo Ludwig und die Union Nachbesserungen an einem ungeliebten Projekt fordern, stellt Gerhard Müller erneut das Projekt an sich in Frage.

Brenner-Nordzulauf: Ausbau des bestehenden Netzes soll‘s richten

Er sei nicht gegen das Vorhaben, Güter auf die Schiene zu verlagern, schreibt Müller in dem Brief, der auch auf der Homepage des Brennerdialog zu finden ist. Der Bedarf, den Brennernordzulauf leistungsfähiger zu machen, könne nicht ernsthaft bestritten werden. Er zweifle auch nicht an der im Raumordnungsverfahren zu Grunde gelegten Prognose von 400 Zügen an der Übergabestelle Kufstein. „Diese große Zahl ist allerdings erst schrittweise möglich, wenn auch im Südzulauf nach und nach die gesamte Strecke viergleisig ausgebaut ist. Das wird noch sehr lange dauern.“

Trassenplanung: Was taugt der Vorschlag der Bürgerinitiativen

Gerhard Müller war auch an einem Alternativplan beteiligt, den die Bürgerinitiativen gegen den viergleisigen Ausbau des Brenner-Nordzulaufs im Herbst 2023 vorstellten. Eine wichtige Rolle darin spielt der Ausbau der „ABS38“, der Bahnstrecke über Rosenheim, Mühldorf und Freilassing, der die Brenner-Strecke entlasten soll. Der Alternativplan, der für überregionale Züge und Güterverkehr eine Untertunnelung Rosenheims vorsieht, sei günstiger, nachhaltiger und besser für die Menschen.

„Die verbesserte Erschließung der Region durch Schienenverkehr, die Vermeidung der Überlastung des Knotens München und die Verringerung der Inanspruchnahme von Natur, Landschaft und nicht erneuerbaren Ressourcen sind erheblich bedeutender als der marginale Vorteil durch sehr wenige Züge, die 230 Stundenkilometer fahren können“, heißt es in Müllers Brief. Die hohen Kosten, aber auch den Schaden für die Umwelt einberechnet, sei bei der bisherigen Planung der Bahn kein günstiges Kosten-Nutzen-Verhältnis zu erwarten.

Ludwig: Ewig nachtarocken bringt‘s nicht

Das wollen Deutsche Bahn, aber auch Daniela Ludwig so nicht stehen lassen. Zum Beispiel „ABS 38“: München-Mühldorf-Freilassing werde ja ausgebaut, bilde aber völlig andere Verkehrsströme ab als die Brennerroute und werde deswegen den Brenner nur in geringem Maße entlasten, antwortet Ludwig.

Der Bundesverkehrswegeplan werde von renommierten Wissenschaftlern und Gutachtern erstellt. Er bilde die Gesamtheit der Verkehrsströme in ganz Deutschland ab und setze sie zueinander in Beziehung. Themen wie die Anforderung von 230 Stundenkilometern und die Entlastung durch andere Strecken seien im jahrelangen Planungsdialog in allen Foren „umfassend erörtert“ worden. „Dies permanent in Frage zu stellen, bringt niemanden weiter“, kontert Ludwig. „Redlicher ist es, im Rahmen dessen für unsere Region die beste Lösung erkämpfen zu wollen. Nichts anderes tue ich.“

Planer: Nichts Neues für die Diskussion

Die Bahn äußert sich leicht genervt. In dem Brief seien „keinerlei neue Diskussionsbeiträge erkennbar“, heißt es von Seiten des Konzerns. Die Anforderungen an die Planungen des Brenner-Nordzulaufs wurden verkehrswissenschaftlich von Fachgutachtern des Bundes ermittelt und im Bundesverkehrswegeplan abgebildet. „Dessen Inhalte sind für alle öffentlich einsehbar“, sagte eine Sprecherin auf OVB-Anfragen. „Darunter fallen auch die im Bahnknoten München geplanten Ausbaumaßnahmen.“

Alternativvorschlag wird geprüft

Das Alternativkonzept sei zudem bereits Teil des Verfahrens. Es sei von Bürgerinitiativen und Kommunen als Kernforderung für die parlamentarische Befassung eingebracht worden. Die DB prüfe alle Kernforderungen auf technische Umsetzbarkeit, Genehmigungsfähigkeit, Vereinbarkeit mit verkehrlichen Zielen sowie Kosten. Alles werde an den Bundestag berichtet.

Große Chancen räumt die Bahn dem Vorschlag aber offenbar nicht ein. Die in Müllers Brief geäußerte Einschätzung, die Alternative entspreche dem Bundesverkehrsplan mehr als die Planung der DB, „bleibt unbelegt und ist bei einer Lektüre der Zielvorgaben des BVWP 2030 nicht nachvollziehbar“. Müller dagegen bleibt bei seinen Vorschlägen. Die „ABS38“ könne München - Salzburg vor allem vom Güterverkehr entlasten. Eventuell wird man das ja noch überprüfen können: In den Bundesverkehrswegeplan 2030 ist die Verbindung aufgenommen.

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