Brenner-Nordzulauf-Experte kommt nach Rosenheim
Neue Trasse: Ein Bahnhof zum Überholen? Was die Bahn bei Lauterbach wirklich vorhat
Was es nicht alles gibt bei der Planung zum Brenner-Nordzulauf: In den jüngsten Detailplanungen ist von einem „Überholbahnhof Riedering“ die Rede. Der OVB klärte ab, was das soll. Und wo‘s hinkommen wird.
Rohrdorf – Der Teufel steckt im Detail. Auch bei den Planungen zum Brenner-Nordzulauf. Dort ringen betroffene Gemeinden mit der Bahn teilweise erbittert, manchmal um wenige Meter. Weil die Gleise – wenn auch unterirdisch – zu nah an der Bebauung liegen sollen. Weil sie – wie im Fall von Stephanskirchen – ein Wasserschutzgebiet mit Brunnen berühren könnten. Oder weil da auf einmal von einem „Überholbahnhof Riedering“ die Rede ist. Das gilt kurioserweise für den Rohrdorfer Gemeindeteil Lauterbach.
Warum bekommt Rohrdorf den „Überholbahnhof Riedering“?
„Überholbahnhof Riedering“: Mit dieser Überraschung wurden Bürgermeister Simon Hausstetter und die Vertreter Rohrdorfs bei der jüngsten Sitzung des Dialogforums konfrontiert. Wobei nicht alles so ist, wie es scheint. Der „Überholbahnhof Riedering“ gehört weder zu Riedering, noch handelt es sich dabei um einen Bahnhof, auf dem Menschen ein- und aussteigen können.
Und so überraschend kommt er, streng genommen, auch nicht: Schon vor zwei Jahren war die Rede von Überholabschnitten gewesen, und davon, wie wünschenswert sie seien, um die Vorteile der Neubaustrecke ausschöpfen zu können. Um einen solchen Abschnitt handelt es sich bei dem angeblichen Bahnhof.
Ein Bahnhof, der keiner ist
DB-Planer Manuel Gotthalmseder stellt gegenüber dem OVB klar, dass es sich bei dem „Überholbahnhof“ um zwei 1000 Meter lange zusätzliche Gleise auf der Höhe von Immelberg und Lauterbach handelt. „Das ist ein Begriff aus dem Betriebsjargon“, sagt Gotthalmseder, weil es sich um Gleise handelt, in die ein Zug ein- und ausfahren und auch halten kann.
Auf diesen „Bahnhof“ von 1000 Meter Länge könnte nach Fertigstellung des Nordzulaufs ein langsamerer Güterzug von über 700 Meter Länge ausfahren und warten, um einen schnelleren Zug passieren zu lassen. Für den reibungslosen Mischbetrieb von schnellen und langsamen Zügen sei das eine wichtige Voraussetzung, sagt Gotthalmseder.
Insgesamt drei Überholabschnitte auf der Neubaustrecke
„Überholbahnhof Riedering“ heißt das Vorhaben, weil es bei der Erarbeitung der Vorschlagstrasse zum April 2021 noch auf Riederinger Flur angedacht gewesen war. Bedingt durch die stärker ins Detail gehenden Planungen wanderte es auf die Höhe von Lauterbach, genau zwischen dem Südportal des Tunnels Ringelfeld und dem Nordportal des Tunnels Steinkirchen.
Insgesamt soll es auf der Neubaustrecke drei solche Abschnitte zum Überholen geben: einen integriert in die Verknüpfungsstelle Ostermünchen, einen weiteren möglicherweise zwischen Ostermünchen und Grafing, also im Landkreis Ebersberg.
Bahn: Flächenverbrauch hält sich in Grenzen
Zwei zusätzliche Gleise neben der Neubaustrecke - da wird wiederum Fläche benötigt. Der Flächenverbrauch sei nicht beträchtlich, beteuert Gotthalmseder, um die zehn Meter mehr Breite auf einer Länge von 1000 Metern. Außerdem werde wohl noch ein kleines Gebäude von vielleicht sechs Quadratmetern für Signaltechnik benötigt - „ansonsten kommen keine Anlagen hin“. Auch müsste zum Beispiel die Kreisstraße 47 zwischen Riedering und Lauterbach an verschiedenen Punkten verlegt werden.
Es ist allerdings noch nicht ausgemacht, dass eine solche Passierstelle tatsächlich gebaut wird. Gleichwertig würden derzeit drei Varianten geplant und geprüft, sagt Gotthalmseder. Die eine Variante - es handelt sich um die Variante „Gelb“, die auch das Stephanskirchener Wasserschutzgebiet intakt lassen würde - sieht einen durchgehenden Tunnel von Innleiten im Norden bis zum Inntal im Süden vor.
Ein durchgehender Tunnel? Dann wäre ein Nothalt anstelle der Überholstrecke fällig
In diesem Fall gäbe es dann nur einen Rettungs- und Evakuierungspunkt, eine Art Nothalt, die für Tunnelstrecken ab 20 Kilometer vorgeschrieben ist. Tunnel sind teuer und die Tunnel mit Nothalt sogar noch teurer. Aber so viel mehr Geld würde ein solcher Nothalt - eine Extraröhre von vielleicht 400 Metern Länge für die Rettung von Menschen - nicht kosten, meint Gotthalmseder: „Das wäre jedenfalls nicht entscheidend.“ Also werde auch diese Variante gleichberechtigt geprüft. Ende des Jahres soll dann das Ergebnis feststehen, bis dahin will die Bahn schließlich ihre Vorplanung weitestgehend abgeschlossen haben.
Kritik an Kommunikation der Bahn
Wärenddessen wird absehbar noch weiter gestritten werden. Um Meter, um Tunnel, aber auch über die Art und Weise der Kommunikation. Immer wieder ist von Teilnehmern zu hören, dass es sich beim „Dialog“ der Bahn jedenfalls nicht um einen Austausch Gleichgestellter handle.
Rohrdorfs Bürgermeister Simon Hausstetter wiederum fragte, warum mit der Gemeinde Rohrdorf trotz massiver Betroffenheit des Ortsteils Lauterbach nicht im Vorfeld zum Dialogforum gesprochen worden sei. Schwierig, meint Manuel Gotthalmseder. „Wir haben im Trassenauswahlverfahren dieses Thema noch nicht spezifisch geplant gehabt, aber schon angekündigt, dass derlei möglich ist.“ Der Wunsch nach früher Information sei verständlich, sagt Gotthalmseder. „Aber oft sind Ergebnisse erwünscht, noch bevor wir mit den Planungen begonnen haben.“
Der Informationsbedarf bleibt also hoch. Übrigens auch bei den Planern. Sogar bei denen der höchsten Ebene. Und so wird für Dienstag, 16. Mai, Pat Cox in der Region erwartet, der für den Korridor von Skandinavien nach Sizilien zuständige EU-Koordinator. Er wird sich laut Bahn in Rosenheim und Innsbruck über die Fortschritte bei Planung und Bau informieren.