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Arzt begeistert von Innovation: „Genial!“

Dieser WC-Sitz kann Leben retten: Innovation aus Stephanskirchen – Wird Klodeckel zum Held?

Innovation aus Stephanskirchen: Dieser WC-Sitz kann Leben retten, wie Stephan Oswald von Hamberger Medical bekräftigt.
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Stephan Oswald von Hamberger Medical präsentiert die Innovation aus Stephanskirchen.

Das eigene Leben retten – und zwar auf dem Klo. Klingt absurd, ist dank einer Innovation aus Stephanskirchen nun aber möglich. Wozu der neu entwickelte WC-Sitz imstande ist, woher die Idee stammt und was ein Kardiologe dazu sagt.

Stephanskirchen – „Jedes Mal, wenn ich mich auf den WC-Sitz gesetzt habe, hat der mir mitgeteilt, dass ich einen Arzt aufsuchen soll.“ Diese Aussage von Katharina Rosen aus Oberhausen klingt fast wie aus einem Science-Fiction-Film. Doch genau das ist der 36-Jährigen passiert – und zwar mit einem WC-Sitz aus Stephanskirchen.

WC-Sitz aus Stephanskirchen kann EGK erstellen

Doch von vorn: Rosen arbeitet als examinierte Pflegefachkraft im Smart-Haus Sterkrade in Oberhausen. Das Smart-Haus berät Senioren, wie sie mit modernen Technologien länger alleine und sicher zu Hause wohnen bleiben können. Und bei der Suche nach genau diesen Technologien sind Rosen und ihr Team auf den neusten WC-Sitz der Firma Hamberger Medical aus Stephanskirchen gestoßen.

Hamberger Medical ist das neuste Standbein der Hamberger Gruppe. Denn das Unternehmen ist nicht nur auf Bodenbeläge spezialisiert. Bereits seit über 100 Jahren stellt Hamberger Sanitary nämlich WC-Sitze her – und gilt inzwischen als größter Produzent in Europa. Aber was hat ein handelsüblicher WC-Sitz nun mit einem Besuch beim Arzt zu tun? Der gravierende Unterschied ist, dass es sich nicht um einen üblichen Sitz handelt – sondern um ein Medizinprodukt. 

Was ist ein EKG?

Ein Elektrokardiogramm (EKG) ist ein medizinisches Verfahren zur Aufzeichnung der elektrischen Aktivität des Herzens über einen bestimmten Zeitraum. Es wird häufig verwendet, um die Herzgesundheit zu überprüfen und mögliche Herzprobleme zu diagnostizieren. Mithilfe von Elektroden, die an der Haut angebracht werden, misst das EKG die elektrischen Signale, die das Herz bei jedem Schlag erzeugt.

Das EKG liefert wichtige Informationen über den Herzrhythmus und die Herzfrequenz und kann Hinweise auf Erkrankungen wie Herzrhythmusstörungen, Herzinfarkte oder andere Herzprobleme geben. Da es nicht invasiv und schnell durchführbar ist, gehört das EKG zu den grundlegenden diagnostischen Werkzeugen in der Kardiologie.

Denn mit dem EKG-Seat können – wie der Name bereits verrät – Elektrokardiogramme (EKG) erstellt werden. Heißt: Die Messungen, die für gewöhnlich beim Arzt vorgenommen werden, können ganz einfach auf dem Klo gemacht werden. „Das Ziel hinter unserem neuen Standbein Hamberger Medical ist es, Leben zu retten”, erklärt Stephan Oswald, Director Strategic Development bei Hamberger Medical. „Wir haben einen hohen einstelligen Millionenbetrag investiert, um das Produkt zu entwickeln und eine klinische Studie durchzuführen“, so Oswald weiter.

Romed-Kardiologe: „Dachte, der Herr verschaukelt mich“

Maßgeblich beteiligt an dieser Studie war auch Prof. Dr. Christian Thilo, Chefarzt der Kardiologie am Romed-Klinikum Rosenheim. „Ich hatte einen Patienten, der Zugang zum Prototypen des WC-Sitzes hatte. In einer Sprechstunde hat er dann das EKG auf den Tisch gelegt und mich gefragt, was ich davon halte“, berichtet der Arzt gegenüber dem OVB. „Auf dem EKG war Vorhofflimmern zu erkennen und die Qualität war gut, also habe ich ihn gefragt, wo er das denn hat machen lassen. Dann sagte er mir, er hätte das auf der Toilette gemacht. Ich dachte wirklich, der Herr verschaukelt mich”, sagt Dr. Thilo und lacht.

Doch so lustig das Thema zu Beginn klingen mag, umso ernster ist der Hintergrund. „Das Vorhofflimmern ist die häufigste Herzrhythmusstörung weltweit und Ursache Nummer eins für einen Schlaganfall”, sagt Dr. Thilo. Daher wird sich seit Jahren bemüht, Vorhofflimmern frühzeitig zu erkennen – und zwar bevor es zum Schlaganfall kommt. „Herz-Kreislauf-Erkrankungen sind weltweit das größte Gesundheitsproblem”, merkt auch Oswald an. „Unser Körper ist eigentlich nicht darauf ausgelegt, älter als 30 zu werden. Dabei haben wir eine Bevölkerung, die immer älter wird. Etwa 20 Millionen Menschen in Deutschland sind derzeit über 65 Jahre alt.“

Prof. Dr. Christian Thilo, Chefarzt der Kardiologie am Romed-Klinikum Rosenheim, zeigt sich begeistert vom EKG-WC-Sitz.

Langzeit-Herz-Überwachung auf der Toilette

Und der EKG-Seat kann eben genau das – und das quasi in Arztpraxis-Qualität. Anders als beispielsweise bei der Messung über Gadgets wie eine Apple-Watch wird beim EGK-WC-Sitz eine Sechs-Kanal-Messung durchgeführt, die deutlich genauer ist, wie Dr. Thilo erklärt. Hinzu kommt, dass die Kontrollen beim Kardiologen oftmals nicht ausreichen. „Viele Patienten bemerken das Vorhofflimmern gar nicht“, erklärt Dr. Thilo. Häufig sei Vorhofflimmern mit einer schnellen und unregelmäßigen Herzfrequenz verbunden. „Das ist für die Patienten unangenehm und leistungsmindernd. Andere Patienten mit an sich gesunden Herzen oder mit normaler Herzfrequenz spüren den unregelmäßigen Herzschlag gar nicht.“

Dazu kommt, dass Vorhofflimmern auch für kurze Zeit auftreten könne. „Und diese paar Minuten oder oft sogar Sekunden fängt man in der Regel nicht mit einem Zwölf-Kanal-EKG alle drei Monate beim Hausarzt ein“, sagt der Kardiologe. „Deswegen braucht es eine Langzeitüberwachung. Und dafür ist das WC natürlich gut geeignet, da man sich dort im Zweifel vier-, fünfmal am Tag befindet.“

Und: „Die Messung mit dem Sitz ist erstaunlich intuitiv. Jeder weiß, wie er sich hinsetzen soll", merkt Dr. Thilo an. „Man hat ja quasi lebenslange Erfahrung.“ Um das EKG zu erstellen, muss der WC-Sitz lediglich mit dem Smartphone gekoppelt werden. Dann setzt man sich und legt zusätzlich noch die beiden Daumen auf eine dafür vorgesehene Fläche. Kurz stillhalten. Und schließlich hat man sein EKG auf dem Smartphone. Sollte ein Vorhofflimmern erkannt werden, wird dies direkt analysiert und dem Nutzer angezeigt. Medizinische Kenntnisse sind also nicht notwendig. 

Über eine Smartphone-App wird man durch die EKG-Messung geführt. Auch die Auswertungen und Analysen können dort eingesehen werden.

Kardiologe: „Wie genial!“

Dr. Thilo ist merklich begeistert von der Innovation aus Stephanskirchen. „ Als mir bewusst wurde, dass man bei einer Alltagstätigkeit ein EKG ableiten kann, haben bei mir natürlich alle Alarmglocken geläutet. Wie genial!“ Besonders, da in den vergangenen Jahren die Häufigkeit des Vorhofflimmerns deutlich zugenommen habe.

Und auch für die Firma Hamberger ist das neue Produkt eine Möglichkeit, dem schwächelnden Geschäft in der Baubranche entgegenzuhalten. „Wir haben erkannt, dass der Markt für Bodenbeläge derzeit schwierig ist”, erklärt Oswald. „Mit dem Bereich der Medical Devices besteht auch als Rosenheimer Unternehmen noch einmal die Möglichkeit zu zeigen: Das haben wir entwickelt. Das ist eine Innovation. Wir retten Menschenleben.“

EKG-Sitz-Entwicklung: Private Beweggründe bei Hamberger

Doch es ist nicht nur das Geschäftliche. „Im familiären Umfeld haben wir eine Person mit Vorhofflimmern und daher natürlich auch ein besonderes Interesse daran, das Thema voranzubringen”, erklärt Geschäftsführer Peter Hamberger. „Das waren auch persönliche Beweggründe.” Die Idee zu haben, sei das eine. „Selbst betroffen zu sein, ist dann nochmal etwas anderes.”

Betroffen ist auch Katharina Rosen, wie sich nach ihrem WC-Sitz-Test herausstellte. „Ich bin mit der Auswertung der App zum Hausarzt gegangen und habe dann erstmal ein Langzeit-EKG bekommen”, erzählt sie. Daraufhin wurde festgestellt, dass sie eine leichte Herzrhythmusstörung hat. Diese ist zwar noch nicht so ausgeprägt, dass sie Medikamente einnehmen muss, aber für Rosen ist es nun ein guter Ansatzpunkt, wie sie sagt. „Ich habe schon manchmal dieses Herzrumpeln“, sagt sie. „Das war jetzt schon beruhigend, zu wissen, was los ist.“ 

So viel kostet der EKG-WC-Sitz

Allerdings: So erschwinglich wie ein „normaler“ WC-Sitz ist der EKG-Seat bisher nicht. Aktuell kostet er im Online-Shop rund 2500 Euro. „Wir haben derzeit einen Preis, der für ein Medizinprodukt fair ist, aber nicht vergleichbar mit einem handelsüblichen WC-Sitz”, weiß auch Oswald. „Aber der EKG-Seat ist ja auch eine Investition in die persönliche Gesundheit.“ Und im Ernstfall kann der Hamberger WC-Sitz aus Stephanskirchen sogar Leben retten.

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