Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

„Sämtliche Kollegen am Limit“

Arzttermin? Keine Chance! Warum die Lage bei den Rosenheimer Fachärzten so schwierig ist

Die Situation der Ärzte in Rosenheim ist angespannt. Das bestätigt auch Dr. Michael Iberer, Vorsitzender des Ärztlichen Kreisverbands Rosenheim.
+
Die Situation der Ärzte in Rosenheim ist angespannt. Das bestätigt auch Dr. Michael Iberer, Vorsitzender des Ärztlichen Kreisverbands Rosenheim.

In Rosenheim wird die Suche nach einem Facharzt-Termin für gesetzlich Versicherte zunehmend zur Geduldsprobe. Warum die Situation für Ärzte und Patienten so schwierig ist, und was sich ändern müsste.

Rosenheim – Einen Termin bei einem Facharzt zu bekommen, kann oft zur Geduldsprobe werden. Auch an Rosenheim herrscht ein Mangel an bestimmten Ärzten. Sucht man beispielsweise als Kassen-Neupatientin eine Gynäkologin, sollte man einiges an Nerven mitbringen. „Wir nehmen keine Neupatienten mehr auf“, hört man dabei am laufenden Band. Vielen bleibt dadurch nur ein Ausweichen auf den Landkreis. Doch auch hier gibt es ein Problem: Nicht jeder hat ein Auto, und nicht jede Praxis ist mit den öffentlichen Verkehrsmitteln zu erreichen.

Vorteil als Privatpatient: Gerücht oder Realität?

Das problematische Bild bestätigt sich auch durch Recherche auf einer Online-Plattform zur Terminvereinbarung. Sucht man als Kassen-Neupatientin nach einem Gynäkologen im Raum Rosenheim, taucht genau eine Ärztin in Prien am Chiemsee auf. Aber: Auch bei dieser Ärztin kann über die Plattform derzeit kein Termin gebucht werden. Der gravierende Unterschied: Als privat versicherter Neupatient könnte man bei der Ärztin in Prien einen Termin vereinbaren – und zwar nur fünf Tage später.

Ein ähnliches Bild ergibt sich bei der Terminsuche bei einem Hautarzt. Auch dort wieder dieselbe Suche nach einer Erstuntersuchung für Neupatienten. Gesetzlich Versicherte müssen sich gedulden. Der erste verfügbare Termin bei einem Arzt in Rosenheim ist in etwa vier Wochen verfügbar. Bei weiteren Hautärzten muss man sich als Patient bis Oktober gedulden. Stellt man die Sucheinstellung auf „privat versichert“ und „Selbstzahler“ erscheint eine breite Auswahl an freien Terminen bei verschiedenen Ärzten für die kommenden 14 Tagen.

„Terminsuche schwieriger als früher“

Dass die „Terminsuche in der ambulanten Versorgung durchaus schwieriger als früher“ ist, bestätigt auch ein Sprecher der Kassenärztlichen Vereinigung Bayern (KVB). Auch dort weiß man, dass besonders bei Fachärzten die Lage schwierig ist. Verschärft wird die Situation laut KVB durch die Abschaffung der Neupatientenregelung im vergangenen Jahr. Dadurch habe sich die Situation noch einmal verschärft – zum Leidwesen der Kassen-Patienten. Denn: Neue Privatpatienten werden laut KVB „adäquat vergütet, aber die gesetzlich krankenversicherten Neupatienten trotz des höheren Aufwands“ nicht.

Was ist die Neupatientenregelung?

Die Neupatientenregelung war eine Regelung im deutschen Gesundheitssystem, die es Ärzten ermöglichte, zusätzliche Vergütungen für die Behandlung von Patienten zu erhalten, die neu in einer Praxis waren oder seit mindestens zwei Jahren nicht mehr behandelt wurden. Diese Regelung sollte Anreize schaffen, mehr Patienten aufzunehmen und Wartezeiten zu verkürzen.

Die Neupatientenregelung wurde im Jahr 2023 abgeschafft, als Teil einer Reform zur Vereinfachung und Kosteneinsparung im Gesundheitssystem. Die Abschaffung erfolgte mit dem Ziel, die finanzielle Belastung der Krankenkassen zu reduzieren und die Vergütungsstrukturen für Ärzte zu vereinheitlichen.

Auch Dr. Michael Iberer, Vorsitzender des Ärztlichen Kreisverbands Rosenheim, weiß, wie schwierig die Facharzt-Situation in Rosenheim tatsächlich ist. Denn den Daten der KVB zufolge besteht eigentlich kein Fachärztemangel. Dem widerspricht Iberer: „Tatsächlich ergibt sich in der Realität ein Mangel an Ärzten mit freien Terminen.“ Dies sei eine Folge der Budgetierung. „Wenn ein Facharzt ‚zu viele Leistungen‘ erbringt, beziehungsweise zu viele Patienten im Quartal behandelt, so wird nur ein Teil der Leistungen vergütet. Für den Rest bekommt er keine Vergütung mehr und zahlt im schlechtesten Fall drauf“, erklärt Iberer. Schließlich sind auch der Betrieb der Praxis sowie verschiedene Untersuchungen mit Kosten verbunden.

Ärzte „arbeiten am Limit“

Besonders eng mit den Terminen ist es laut Iberer bei Neurologen, Dermatologen und fachärztlichen Internisten, also beispielsweise Pneumologen und Kardiologen. Mehr Arbeitsstunden sind allerdings auch keine Lösung. „Sämtliche Kollegen arbeiten am Limit“, weiß Iberer. „60 Stunden-Wochen sind für niedergelassene Ärzte eher die Regel als die Ausnahme.“ Aber nicht nur an Ärzten fehlt es – auch bei den medizinischen Fachangestellten herrscht ein „dramatischer Mangel“. Dies bestätigt die KVB. „Viele Praxen tun sich schwer, den medizinischen Fachangestellten so viel zu zahlen, wie in Kliniken oder sonstigen Einrichtungen bezahlt wird“, sagt der Sprecher. Das habe zur Folge, dass manche Praxen nur noch eingeschränkt Sprechstunden anbieten können. Hinzu kommt dann noch eine Zusatzbelastung durch Bürokratie.

Die Lösung des Problems ist für Iberer klar: „Der Beruf des niedergelassenen Arztes müsste wieder attraktiver gemacht werden.“ Als Maßnahmen könnte er sich unter anderem eine Rückführung der Bürokratie und eine Abschaffung der zuvor erwähnten Budgetierung vorstellen. Bei der KVB stimmt man mit der Meinung Iberers überein. „Wenn der Einkommens-Abstand zwischen einer Anstellung in der Klinik und einer Selbständigkeit in der eigenen Praxis immer kleiner wird, steigert das nicht die Motivation bei jungen Ärzten, die größere Verantwortung in einer selbstständigen Tätigkeit zu übernehmen“, erklärt der KVB-Sprecher. Außerdem fordert die Vereinigung mehr Medizin-Studienplätze, um dem Ärzte-Mangel zu begegnen.

Kommentare