Bitte deaktivieren Sie Ihren Ad-Blocker

Für die Finanzierung unseres journalistischen Angebots sind wir auf die Anzeigen unserer Werbepartner angewiesen.

Klicken Sie oben rechts in Ihren Browser auf den Button Ihres Ad-Blockers und deaktivieren Sie die Werbeblockierung für . Danach können Sie gratis weiterlesen.

Lesen Sie wie gewohnt mit aktiviertem Ad-Blocker auf
  • Jetzt für nur 0,99€ im ersten Monat testen
  • Unbegrenzter Zugang zu allen Berichten und Exklusiv-Artikeln
  • Lesen Sie nahezu werbefrei mit aktiviertem Ad-Blocker
  • Jederzeit kündbar

Sie haben das Produkt bereits gekauft und sehen dieses Banner trotzdem? Bitte aktualisieren Sie die Seite oder loggen sich aus und wieder ein.

Im Gespräch mit dem Chefarzt der Traunsteiner Kardiologie

Herzinfarkt am Berg: „Man sollte seine Grenzen kennen“

Collage: LInks: Bergwachteinsatz in Schönau am Königsee; rechts: Prof. Dr. med. Michael Lehrte
+
Herzinfarkt am Berg, ein unterschätztes Risiko? Prof. Dr. med. Michael Lehrke, Chefarzt der Kardiologie Traunstein, nennt Hintergründe und gibt Tipps, wie man die Gefahr minimiert.

Die Sonne brennt, der Gipfel noch weit entfernt. Durchhalten, weitergehen. Das Herz rast, Atemnot. Spätestens jetzt solltet ihr auf euren Körper hören, rät Prof. Dr. med. Michael Lehrke, Chefarzt der Traunsteiner Kardiologie: „Gute Selbsteinschätzung und eventuell einfach mal einen Schritt langsamer gehen.“ Herzinfarkt am Berg - verstecktes Risiko?

Traunstein – „ein natürlicher Tod aufgrund einer internistischen Erkrankung“ heißt es in der Pressemitteilung der Bergwacht Anfang August. Ein tragisches Unglück am Hochstaufen: Für einen 65-jährigen Wanderer kommt an diesem Samstag (10. August) jede Hilfe zu spät.

Ein Drittel aller Toten am Berg stirbt an Herzinfarkt

Mit dem Begriff „internistische Erkrankung“ ist oft ein Herzinfarkt gemeint. Kein Einzelfall am Berg: Laut den Kliniken Südostbayern stirbt ein Drittel aller Toten am Berg aufgrund von Herzproblemen. Das Problem: Vielen Bergsteigern ist gar nicht bewusst, dass sie gefährdet sind. Vor allem Männer über 34 Jahren, so die Statistik des Deutschen Alpenvereins, sterben im Zuge eines Herz-Kreislauf-Versagens auf Bergtouren.

Bergsteigen bringe die meisten Menschen an ihre Leistungsgrenze, erklärt Professor Michael Lehrke, Chefarzt der Traunsteiner Kardiologie: „Wenn ich dann ein Problem mit der Herzdurchblutung habe, also eine Verengung der Gefäße, kann das bei der maximalen Belastung und zusätzlich bei heißem Wetter limitierend sein.“ Herzrhythmusstörungen bis hin zu Kammerflimmern könne, so Lehrke, die Folge sein.

Medizinische Hilfe am Berg: Oft nur mit Hubschrauber möglich

Wichtig ist dann: Sofort Erste-Hilfe-Maßnahmen einleiten. Am besten mit einem Defibrillator, so Lehrke. Ein Gerät, das Stromstöße abgibt, um die Herzfrequenz zu normalisieren: „Ein solches Gerät hängt oft an öffentlich zugänglichen Orten mit viel Publikumsverkehr aus.“ Am Berg? Fehlanzeige. Hier muss der Patient manuell reanimiert werden, bis der Hubschrauber kommt. Weil jede Minute über Leben und Tod entscheidet, kommt im Gebirge die Hilfe oft zu spät.

Ursache eines Herzinfarktes sind in den allermeisten Fällen Ablagerungen in Schlagadern, sogenannte Plaques. Diese mindern die Durchblutung des Herzmuskels: „Das kann dann im Ruhezustand oft noch keine Probleme machen, aber bei einer erhöhten Belastung wie einer Bergtour fehlt der benötige Sauerstoff.“ Atemnot, aber auch ein Druckgefühl auf der Brust können erste Anzeichen eines Herzinfarktes sein.

Der „schlimme Herzinfarkt“ - Gerinnsel im Gefäß

Bei dieser Variante des Herzinfarktes habe man zumindest noch die Chance, zu reagieren. Wer jetzt langsamer geht, Pausen macht oder umdreht, könne so zumindest für den Moment das Schlimmste verhindern: „Die andere Variante ist, dass ein solches Plaque, also die Ablagerung, einreißt. Vielleicht, weil ich mich sehr anstrenge oder Bluthochdruck habe. Das ist sozusagen der schlimme Herzinfarkt“, erklärt Lehrke. Es bilde sich dann ein Gerinnsel (Thrombus) im Gefäß. Dann helfe es auch nicht mehr, „Ruhe zu geben, weil dann keine Durchblutung mehr da ist.“

Symptome sind vielfätig: Atemnot, Druckgefühl, Übelkeit

Neben der Atemnot und dem Druckgefühl auf der Brust gibt es zahlreiche andere Symptome, die einen Herzinfarkt ankündigen. Oft atypisch zeige sich der Herzinfarkt bei Frauen manchmal fast ganz ohne Symptome. Aber auch Kieferschmerzen, Bauch- oder Rückenschmerzen oder Übelkeit sollten in Kombination mit Atemnot alarmieren. Speziell am Berg, wo Hilfe weit entfernt ist, sollte man das Risiko, einen Herzinfarkt zu erleiden, auf ein Minimum reduzieren.

Wer gehört zur Risikogruppe?

Risikogruppen sind unter anderem Menschen mit Bluthochdruck, einem erhöhten Cholesterinspiegel oder Raucher. Vor allem bei Männern steigt mit zunehmendem Alter die Gefahr der Arteriosklerose an. Professor Lehrke gibt aber zu bedenken, dass man Risikogruppen differenziert betrachten müsse: Ein älterer Mann, der aber gut trainiert ist, regelmäßig Sport betreibe, könne durchaus am Berg an seine Belastungsgrenze gehen, ohne dabei gefährdet zu sein. Lehrke rät generell:

„Ein Gefühl für seinen eigenen Körper entwickeln“

„Ein Gefühl für seinen eigenen Körper entwickeln und nicht als Weekend-Warrior nur einmal die Woche oder einmal im Monat die Maximalbelastung zu haben, sondern sich regelmäßig zu fordern. Dadurch kenne ich dann auch meinen Körper und erkenne Probleme. Darauf muss ich dann auch hören und dem nachgehen.“

Im Ernstfall: „Holen sie Hilfe, dafür gibt es den Hubschrauber“

Ein wichtiger Tipp noch vom Experten: Eine Untersuchung für Bergsport-Begeisterte schadet nicht. Ein Belastungs-EKG oder auch ein Herz-CT bringen Aufschluss über den gesundheitlichen Zustand. „Man muss seine Grenzen kennen“, so der Professor Michael Lehrke, dann klappt es auch mit dem nächsten Gipfel. Und sollte es doch zum Ernstfall am Berg kommen: „Holen sie Hilfe, dafür gibt es den Hubschrauber, nehmen sie dieses Angebot wahr.“

Kommentare