Gastronomen kämpfen für Kult-Fastfood
Döner knackt vielerorts 10-Euro-Marke: Wie das Inn-Kebab-Haus Wasserburg dagegen hält
Auch im Inn-Kebab-Haus, ältester türkischer Imbiss in Wasserburg, heißt der Döner nun Drehspieß. Das hat der Beliebtheit keinen Abbruch getan. Doch jetzt droht neues Ungemach: Fleisch ist sehr teuer geworden. Warum Burhan Kaya und David Südemer ihre Preise halten wollen. Und was ihnen zu schaffen macht.
Wasserburg – Selbst an einem Nachmittag ist im Inn-Kebab-Haus in Wasserburg viel los: Burhan Kaya (39) und Geschäftspartner David Südemer (45) schneiden eine Schicht nach der anderen herunter vom Drehspieß, packen auf Wunsch eine Extra-Portion Soße drauf, mal mit Zwiebeln, mal nicht. Die Kunden: hungrige Teenager, Touristen, die sich für die nächste Etappe des Stadtbummels stärken, Leute, die sich nach Feierabend einen Döner gönnen.
Der Dreh-Spieß im Fladenbrot kostet im Stammhaus in der Schustergasse 6,90 Euro, also noch weit entfernt von den zehn Euro, auf die das beliebte türkische Gericht in manchen Großstädten zusteuert. Zehn Euro: Das ist eine Grenze, die den Volkszorn entfacht. Fast so wie beim Eis, wenn die Kugel die zwei Euro-Marke reißt.
Rohstoff-Preise gestiegen
Doch die Rohstoffe werden immer teurer, bedauert Kaya. Tomaten beispielsweise: in diesem Winter kostete das Kilo im Einkauf zwischen 3,70 und 3,90 Euro. Krass auch die Kostenexplosion beim Fleisch. Das Kilo ist seit 2022, als Kaya gemeinsam mit Südemer den Traditions-Imbiss in Wasserburg übernahm, um einen Euro teurer geworden. Auch die Lohn- und Krankenkassen- sowie Energiekosten sind gestiegen. Da ist es laut Kaya eine Erleichterung, dass der Verpächter die Miete im Haupthaus nicht angehoben hat. „Noch können wir unsere Preise halten“, sagt der Inhaber des Imbisses. Ihm und seinem Geschäftspartner Südemer sei es wichtig, die Stammkunden zu halten, das Geschäft also nachhaltig zu betreiben. „Doch die Gewinnspanne wird immer kleiner.“
Trotzdem haben die Inhaber ihre Entscheidung nicht bereut, den ältesten Dönerladen von Wasserburg, gegründet Anfang der 90er Jahre, zu übernehmen. Sie haben beide Erfahrung in der Gastronomie und immer den „Traum vom eigenen Business“ gehabt. „Wir sind ziemlich zielstrebig. Wenn wir uns was in den Kopf gesetzt haben, dann machen wir es auch“, berichtet Kaya schmunzelnd. Er ist daheim mit sechs Schwestern in der Küche groß geworden, hat deshalb das Kochen früh gelernt und tut es bis heute mit großer Leidenschaft, erzählt er. Südemer steht ebenfalls gerne am Dreh-Spieß und an der Salatbar, hatte bereits in Ostdeutschland einen kleinen Laden.
Reinheitsgebot sorgt für neuen Namen
2022 kam die Chance, sich in Wasserburg am Inn selbstständig zu machen: Die beiden gaben ihre Arbeit als Verfahrensmechaniker in Bad Endorf auf und übernahmen den Imbiss. „Jetzt oder nie, haben wir uns gedacht“, berichtet Kaya. Sie renovierten das Kebab-Haus von Grund auf, erneuerten sämtliche Versorgungseinrichtungen, entwickelten ein Logo, schafften moderne Geräte und Möbel an. Ein erfolgreicher Start, der schon 2024 die Chance zur Erweiterung mit einer Filiale in der Ledererzeile ermöglichte. „Inn-Kebab City“, heißt der zweite Laden. Hier gibt es auch den Döner, der Döner heißen darf: Er besteht aus Rindfleisch. Im Haupthaus ist der Dreh-Spieß aus Hähnchen-Fleisch, ein Grund, warum das Reinheitsgebot diesem Döner den Namen aberkannt hat.
Das Ur-Rezept besteht aus Lamm- und Kalbfleisch, berichten die Gastronomen. Das sei vielen Kunden jedoch zu dominant im Geschmack gewesen, weshalb der Döner in Deutschland in der Regel aus Hähnchenfleisch hergestellt worden sei, das neutraler schmecke. Doch dieser Döner darf nun nicht mehr so heißen. Kaya und Südemer mussten neue Speisekarten drucken und auch die Tafeln an der Bestell-Theke ändern. Und viele Fragen beantworten. „Viele Kunden waren irritiert. Es gab und gibt noch immer sehr viel Aufklärungsbedarf“, berichten die Inhaber.
Kayas Vater eine der ersten Gastarbeiter
Mittlerweile haben die Gastronomen die Regelung akzeptiert. Doch sie ist nicht das einzige Problem, das ihnen zu schaffen macht. Auch die vielen bürokratischen Auflagen und der Personalmangel bereiten Sorgen. Gerne würden die Inhaber Asylbewerber einstellen, doch die Kooperation mit den Behörden gestalte sich sehr schwierig. Kaya, dessen Vater einer der ersten Gastarbeiter in Deutschland war, kann nicht verstehen, dass es so schwer ist, arbeitswilligen Flüchtlingen eine Chance zu bieten. Er fühlt sich als echter Bayer, was sogar deutlich herauszuhören ist, weil er Dialekt spricht. Kaya würde gerne Landsleuten aus der alten Heimat die Integration ermöglichen.
Doch in Wasserburg gibt es nach seinen Erfahrungen noch ein Problem, das typisch für die Innstadt sei: die Kontrollen der Mitarbeiter des Zweckverbands Oberland, die im Auftrag der Stadt Parksünder aufspüren. Kaya und Südemer müssen vor ihrem Imbiss in der Schustergasse oft aus- und einladen. Ist der Laden voll, geht es an die Essensausgabe. Dann dauert es mal etwas länger, bis der Lieferwagen wieder weg ist. Mit der Folge, dass es oft ein Knöllchen gibt. Sogar abends, wenn alle Geschäfte rundherum bereits geschlossen haben. 1400 Euro habe das Team im vergangenen Jahr für Strafzettel berappen müssen. „Wir arbeiten hart und lange. Und dann werden uns immer wieder die Strafzettel an die Windschutzscheibe geknallt. Da muss es doch eine Lösung für uns geben“, findet Kaya.
Lieferdienst geplant
Ansonsten fühlt er sich in der Altstadt sehr wohl. Das Kebab-Haus sei beliebt, auch weil es eine eigene Terrasse hat, es ist unter anderem ein Mittelpunkt des Nationenfestes, bei dem sich oft lange Schlangen vor dem Stand entwickeln. Die Zusammenarbeit mit den Ladeninhabern in der Nachbarschaft sei sehr gut. „Es macht Spaß, in Wasserburg zu arbeiten. Es ist ein idealer Geschäftsstandort“, sagt Kaya, der mit der vierköpfigen Familie in Bad Endorf wohnt. In Wasserburg will er bleiben und das Geschäft weiter ausbauen: Geplant ist ein Lieferdienst, vielleicht in Kooperation mit Lieferando.
Ideen haben er und Südemer viele. Manchmal entwickelt sich eine Innovation aus einer Nebensächlichkeit, berichten sie. Im Haupthaus bieten sie auch Pizza und Pasta an. Der Grund: ein Streitgespräch zwischen Kunden vor der Tür, das sie belauscht haben. Er wollte einen Döner mit viel Fleisch, sie lieber was Vegetarisches, also eine Pizza. „Da haben wir gedacht: Dieser Beziehungskonflikt lässt sich lösen“, berichtet Kaya lachend. Doch er findet auch: „Es geht nichts über einen Döner. Ich kann ihn jeden Tag essen.“
