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Besuch bei der Kälber-Auktion in Mühldorf

Verrückte Preise in verrückten Zeiten: Preise für Kälber gehen in Mühldorf durch die Decke

Josef Frank Zuchtverband Fleckvieh Mühldorf
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Josef Frank vom Zuchtverband Mühldorf beim Kälbermarkt in der Tierzuchthalle.

Sie finden, Kalb- und Rindfleisch sind momentan sauteuer? Warum die Preise geradezu explodieren. Ein Besuch beim Kälbermarkt in Mühldorfs Eberweinhalle.

Mühldorf – Rund um die Tierzuchthalle an der Mühlenstraße in Mühldorf herrscht geschäftiges Treiben. Der Parkplatz ist voller Autos mit Viehanhängern hinten dran. Auch ein großer Bulldog mit einem XXL-Anhänger steht vor der Eberweinhalle. Die einen liefern ihre Kälber an, die anderen sind mit leeren Anhängern gekommen, um darin ihre Einkäufe heimzubringen.

Kälber so teuer wie noch nie

Es ist Mittwoch, Tag des Kälbermarkts, der in Mühldorf alle zwei Wochen stattfindet. Rund 900 Kälber im Alter von sechs bis acht Wochen stehen zur Versteigerung an. Gerade beginnt die Auktion der weiblichen Zuchtkälber. Die Interessenten haben eine Liste der Tiere in der Hand und ihren „Winker“, ein Klemmbrett mit ihrer Bieternummer. Knapp 150 „Mädchen“ stehen in mehreren Boxen bis zu ihrem Aufruf bereit, drängeln sich hin und her, ab und zu ist ein quäkendes „Muh“ zu hören. Ein Kalb nach dem anderen wird nach aufsteigender Nummer aus den Boxen in eine Einzelbox geschickt. Bei dem Gewirr der vielen Kälber, alle fast gleich groß und alle mit braun-weißem Fell, wundert sich der Laie, wie geordnet das abläuft.

Das erste Kalb stammt von Hardcore

Das Kalb 801 steht schon allein im Ring, damit es besser zu taxieren ist. Auktionator Lenz Vorbuchner eröffnet den Handel, nennt Nummer und Gewicht des Tieres und dann geht das Bieten los. Ganz ohne Hektik und still. Nur Vorbuchner ist zu hören. Nennt die Gebote und manche Bieter beim Namen. Man kennt sich. In nicht mal einer Minute ist das Kälbchen für 530 Euro verkauft. Nachfolgende Tiere werden schon deutlich teurer gehandelt. Immer auch eine Frage der Abstammung. Die Namen der Väter stehen mit auf der Liste – Hardcore, Methusalix, Haschmich oder Eintracht heißen die.

Markttag ist Großkampftag für den Zuchtverband. Und ein durchaus lukrativer Tag für die Anbieter der Kälber. Denn die Preise sind momentan auf einem Höchststand. „Für die Käufer sind die hohen Preise nicht so toll, sie müssen ja deutlich mehr pro Tier auf den Tisch legen, dafür erzielen sie aber aktuell auch höhere Preise für ihre Schlachtbullen“, weiß Josef Frank, Verbandsverwalter des Zuchtverbands Fleckvieh Mühldorf.

„Vor einem Jahr hätte sich keiner vorstellen können, dass die Preise derart explodieren“, sagt Frank. Der Blick in die Verkaufsstatistik des Verbands zeigt: Am 20. März 2024 gab es männliche Kälber pro Kilogramm für 5,46 Euro, weibliche für 3,54 Euro. Am 19. März 2025 wurde bei den Stierkälbern in Mühldorf eine Schallmauer durchbrochen: Sie wurden für 10,21 Euro pro Kilo verkauft, die Mädels für 5,83 Euro. „Damit ist ein Niveau erreicht, dass vielleicht nicht mehr höher geht. Aber wir leben in verrückten Zeit, keiner weiß, was als Nächstes passiert.“

Am 19. März 2025 hat der Kilopreis für Stierkälber in Mühldorf die 10 Euro-Schallmauer durchbrochen.

Zu viele Landwirte schmeißen hin

Woher kommt diese Preissteigerung? „Da schlägt der Strukturwandel durch, immer mehr Landwirte geben ihre Viehhaltung auf“, weiß der Fleckvieh-Experte. Besonders die arbeitsintensiven Milchviehbetriebe würden weniger. „Aber es ist ja nicht nur die viele Arbeit. Die politischen Rahmenbedingungen machen den Landwirten das Leben zusätzlich schwer, die ganzen Kontrollen, Auflagen und Dokumentationspflichten.“ Dazu ein Milchpreis, der oft nicht zum Überleben reichte und dann noch das schlechte Ansehen der Landwirtschaft in der Öffentlichkeit, als Klimaverpester etwa. Trotzdem würden die Kälber in der Region Mühldorf nicht ausgehen. Frank: „Bei uns gibt es nur ein Minus von zwei Prozent bei den Stückzahlen, andere Regionen liegen bei minus fünf Prozent.“

Hofnachfolger flüchten in andere Berufe

Der Kreisobmann des Bayerischen Bauernverbandes Ulrich Niederschweiberer bestätigt, dass es immer weniger Kälber gibt und die Preise nach oben schießen: „Das zieht sich vom Kalb bis zum Schlachtbullen, von weniger Milch bis zu weniger Schlachtvieh im Schlachthof.“ Hat früher ein Tierhalter aufgegeben, wurde das von anderen Betrieben aufgefangen. „Das funktioniert heute nicht mehr, denn zu viele kleine und auch große Betriebe geben auf.“ Nachfolger von Vollerwerbsbetrieben verabschieden sich in andere Berufe. „Man muss schauen, wie das noch weitergeht“, sagt der Kreisobmann.

Bauernkreisobmann Ulrich Niederschweiberer hat selbst einen Milchviehbetrieb. Weibliche Kälber behält er, Stierkälber werden verkauft.

Wenig Angebot, hohe Nachfrage

Dass die gestiegene Milchleistung pro Kuh für weniger Kälber sorgt, sei aber falsch. Niederschweiberer hat selbst einen Milchviehbetrieb in Mößling: „Ich kann pro Liegeplatz eine Kuh halten, das Milchkontingent gibt es nicht mehr.“ Die weiblichen Kälber seiner Kühe behält er als Nachzucht, als künftige Milchkühe, verkaufen tut er nur die Stierkälber. Die derzeit für Kälber bezahlten Preise würden endlich mal stimmen. „Die sind gut für die Landwirte“, so Niederschweiberer. Wenig Angebot, hohe Nachfrage. „Nicht mal der Ausbruch der Maul- und Klauenseuche hat die Preise einbrechen lassen, das hat es noch nie gegeben.“

Eine kleine Handbewegung genügt

Zurück in die Tierzuchthalle. Die Bieter verfolgen aufmerksam den Aufruf der Tiere, wissen ganz genau, welches gute Gene für die Zucht mitbringt. Ein leichtes Winken mit ihrem Brett, ein kaum merkliches Zucken mit der Kälberliste – Auktionator Vorbuchner und später seinem Kollegen Matthäus Kobold entgeht kein Gebot. Nach den weiblichen Kälbern sind die Stierkälber in der Halle nebenan dran. Hier fallen die Preise deutlich höher aus. Denn als Mastbullen bringen sie am Ende richtig Schlachtgewicht auf die Waage und damit den größten Gewinn.

Mäster tragen großes Risiko

Im Landkreis Mühldorf wird auf Bullenmast gesetzt. Dafür werden die Stierkälber knapp eineinhalb Jahre bis zu einem Gewicht von rund 800 Kilo gemästet, das bringt circa 450 Kilo Schlachtgewicht, das derzeit mit rund sechs Euro vergütet wird. Ein guter Preis, aber der Mäster arbeitet immer auf Risiko. Denn zu den aktuell rund 1000 Euro für den Einkauf eines Kalbes kommen über die Monate noch die Futterkosten bis zur Schlachtreife obendrauf, auch Stallhaltung und Tierarzt schlagen zu Buche. „Und dabei weiß der Mäster nicht, wie der Preis in eineinhalb Jahren stehen wird.“

Wer selbst einmal eine der Versteigerungen erleben will, ist in der Tierzuchthalle herzlich willkommen. Einfach auf der Tribüne Platz nehmen und nicht zu viele Handbewegungen machen. Nicht, dass Sie am Ende die Halle mit einem Kälbchen im Schlepptau verlassen. Termine und Infos gibts im Internet.

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