„Haben dem Gegner heute den Zahn gezogen“
Waldkraiburg doppelt durchgereicht: Weildorf krönt sich nach Wahnsinns-Wandel in der Relegation
Ein Jahr nach dem Abstieg aus der Bezirksliga muss VfL Waldkraiburg erneut runter – der zweite bittere Gang in Folge ist besiegelt. DJK Weildorf dagegen feiert den nächsten Meilenstein auf dem Weg zur Kreisliga: Der einstige Abstiegskandidat triumphiert in der Relegation – und zeigt dabei eine beeindruckende Entwicklung.
von Rudi Mayer
Trostberg/Waldkraiburg/Weildorf – Am Donnerstagabend (5. Juni) um 19 Uhr stand im Jahnstadion zu Trostberg die erste Runde im Relegationspoker um den Aufstieg, bzw. den Verbleib in der Fußball-Kreisliga an. Eine mit Hochspannung erwartete Partie zweier Kontrahenten, genauer gesagt der Tabellen-13. der Kreisliga 2, VfL Waldkraiburg, der erst ein Jahr zuvor aus der Bezirksliga abgestiegen war und nun mit der demütigenden Bezeichnung als „Fahrstuhlmannschaft“ zu kämpfen hat, gegen den Tabellenzweiten der Kreisklasse 4, DJK Weildorf, die ebenfalls erst letzte Saison über die Relegation den Klassenerhalt sichern konnten und für viele völlig überraschend heute seitenverkehrt an der Spitze zusammen mit dem SV Ruhpolding der KK 4 steht. Was ist da passiert in Weildorf, wo bekanntermaßen die Neugeborenen schon den Spielerpass in die Windeln gelegt bekommen? Was hat da Cheftrainer Hermann Hiebl auf die Beine stellen können, wie ist es möglich, eine solche Mannschaft komplett auf Erfolg umzupolen? beinschuss.de hatte das zuletzt versucht, zu erklären.
Weildorf mit Wahnsinns-Wandel in Kreisliga-Relegation gegen Waldkraiburg
Pünktlich um 19 Uhr pfiff Schiedsrichter Laurin Schmitt die Begegnung an! Schon die Anfangsphase dieser Partie gehörten den „Gelb-Blauen“ aus Weildorf, als sie bereits in der ersten Spielminute und dem ersten Angriff überhaupt das 1:0 erzielen konnten. Aber HALT – zu früh gefreut, denn Schiedsrichter Schmitt sah sehr zum Unmut der über 500 angereisten Zuschauer, bestens ausgestattet mit Drehsirenen, Pauken und Trompeten, eine sehr umstrittene Abseitsstellung. Aber wie sagt man doch immer so schön: „Du kannst reden, jammern und protestieren, solange du willst, am Ende hat die Entscheidung des schwarzen Mannes mit der schwarzen Pfeife immer Bestand!“
Mit zunehmender Spieldauer übernahm Weildorf immer mehr das Kommando und tauchte teilweise sehr listig und gefährlich vor dem Kasten von Waldkraiburgs Keeper Bekir Karatepe auf, ohne jedoch das Runde in das Eckige zu bringen. Bedingt durch die dicht gestaffelte Abwehr der „Gelb-Blauen“ um „Funkturm“ Peter Koch, der heute, wie die gesamte Mannschaft auch, ein auffällig starkes Spiel ablieferte, konnten die ganz in schwarz gekleideten Waldkraiburger keinerlei Akzente an Torgefährlichkeit setzen, um die vereinzelten, recht gut durchdachten Angriffe mit Erfolg zu belohnen – an der Weildorfer Strafraumgrenze war Ende der Fahnenstange!
Halbzeit! Unsere Zuschauerin Miriam K. meinte schließlich: „Heut passt alles, was fehlt sind die Tore. Ich denke aber, dass Weildorf eine Nuance cleverer ist und auch als Sieger vom Platz gehen wird. Waldkraiburg ist auf manchen Positionen sehr schwerfällig, da fehlt der letzte Kick.“ Anpfiff zur 2. Halbzeit! Wie würde der stark abstiegsbedrohte Verein aus dem Landkreis Mühldorf nun reagieren? Wie viel Pfeile hatte Cheftrainer Maximilian Tschesche noch im Köcher? Wie und wann würde er sie einsetzen? Alles Fragen, die man als einfacher Zuschauer immer gerne unterschätzt, aber im Grunde genommen eigentlich höchsten Respekt verdient für Menschen, die sich in solchen psychischen Ausnahmesituationen dieser Verantwortung an der Seitenauslinie stellen.
Waldkraiburg muss nach Weildorf-Niederlage in die Kreisklasse runter
Die Ernüchterung dieser Gedankengänge folgte schon wenige Minuten nach Wiederanpfiff, als Jakob Helminger in der 60. Spielminute einen Angriff der Weildorfer vorbei an Torwart Bekir Karatepe zum 1:0 ins Netz jagte. Welch ein Jubel der mitangereiste Fanclub der DJK Weildorf entfachen kann – das muss man gesehen haben! Jetzt war hier der Teufel los! Sirenen heulten auf, die Pauken schallten durch das Stadion und der Trompeter inszenierte ein Spektakel, dass sogar Louis Armstrong blass geworden wäre. Nun hatte es Waldkraiburg sehr eilig, denn das drohende Unheil eines Direktabstiegs lag über dem Rasen wie eine sich abzeichnende Apokalypse. Trainer Tschesche brachte noch Henry Oguti und Romans Mivriniks, um dem Spiel noch eine wirksame Wendung zu geben, aber inmitten der Hoffnung auf den möglichen Ausgleich brachte Leon Lobensommer in der 87. Spielminute mit einem fürchterlichen Geschoss jenseits der 120 km/h direkt unter die Latte die Vorentscheidung in diesem Match. SCHLUSSPFIFF! Waldkraiburg ist damit zum zweiten Mal hintereinander – und somit in die Kreisklasse abgestiegen.
Überglücklich und sichtlich erleichtert stand Weildorfs Cheftrainer Hermann Hiebl nach dem Abpfiff am Spielfeldrand. Sein Team hatte nicht nur das Ergebnis, sondern auch den Matchplan perfekt umgesetzt – entsprechend deutlich fiel sein Fazit aus:
„Es war heute meiner Meinung nach ein hochverdienter Sieg, wir haben taktisch das umgesetzt, was wir uns vorgenommen haben.“ Vor allem die aggressive Grundhaltung seines Teams war für ihn der Schlüssel zum Erfolg: „Wir haben dem Gegner heute den Zahn gezogen, wir waren giftig und präsent.“ Mit Blick auf das bevorstehende Derby gegen den FC Hammerau zeigte sich Hiebl bereits fokussiert, aber auch voller Optimismus: „Jetzt geht’s nochmal um die Wurscht gegen den FC Hammerau, und wenn wir die Leistungen wie gegen den SV Ruhpolding, gegen die wir nie verloren haben, abrufen, dann pack mer das! Mit diesen Jungs und mit diesen Fans kann es eigentlich gar nicht schiefgehen.“
Nach Weildorf-Niederlage in der Relegation: Zweiter Abstieg in Folge für den VfL Waldkraiburg




Trotz aller Freude vergaß der Coach nicht, sportliche Größe zu zeigen – und gratulierte dem Ligakonkurrenten SV Ruhpolding fair zum Titelgewinn: „Übrigens von hier aus nochmals meine sportlichsten Glückwünsche nach Ruhpolding, sie sind verdient Meister geworden.“ Auch Kapitän Florian Berger ließ sich die Freude über den überzeugenden Auftritt nicht anmerken – im Gegenteil: Er wirkte gelöst, euphorisch, aber zugleich auch fokussiert auf die nächste Aufgabe. „Ich denke, wir haben heute gezeigt, dass wir das Leistungsvermögen für eine höhere Klasse haben.“ Vor allem die Konzentration und Zielstrebigkeit seines Teams hob er hervor: „Wir haben heute hoch konzentriert und am Schluss auch effizient Fußball gespielt.“ Mit Blick auf das Derby gegen Hammerau sprühte auch er vor Vorfreude – und Selbstvertrauen: „Jetzt wartet im Derby der FC Hammerau, da wird die Post abgehen, aber nach dem heutigen Spiel bin ich mir sicher, dass wir das schaffen.“ (rm)