1.000 Fans, Elfer-Drama, Rot und ein Storch
Vom Ja-Wort zum Relegationshelden gegen Vogtareuth: Rechtmehring feiert die Eyners
Es hört sich an, wie eine Geschichte aus einem Fußballroman. Vom Traumfreistoß zum Storchenglück: Bei dem Relegationsspiel zwischen SC 66 Rechtmehring und dem SV Vogtareuth war alles dabei, was ein Regionalfußballfreitag vor knapp 1000 Zuschauern braucht. Und nach über 120 Minuten gibt es für Robert Eyner gleich zwei Happy Ends binnen neun Stunden.
Höslwang/Rechtmehring/Vogtareuth – „Ich hab um 13 Uhr geheiratet. Dann sind wir mit der Verwandtschaft zum Essen gegangen. Und anschließend mit der kompletten Clique zum Relegationsspiel gefahren.“ Ein Tag, der Robert Eyner wohl aus mehreren Gründen für immer in Erinnerung bleiben wird. Dabei sah es zu Beginn der Partie für den SC Rechtmehring keineswegs nach einem besonderen Fußballspiel aus. Bereits nach drei Minuten hatten die Vogtareuther, die bereits im letzten Jahr die Relegationshürde nehmen mussten, eine riesige Möglichkeit zur Führung. Doch dann, wie aus dem Nichts, das Tor von Eyner: Ein Handfreistoß, knapp 20 Meter vor dem Tor, wird zum Hingucker. Der 30-Jährige schlenzt den Ball sehenswert in den langen Winkel – keine Chance für SV-Keeper Quirin Neugebauer.
So stand es nach nur zwölf Minuten 0:1. Der Torschütze ist nach dem Spiel von seinen Emotionen überwältigt: „Das Spiel war für mich sehr, sehr schwierig. Weil ich heute schon einen sehr wichtigen Tag hinter mir hatte. Das war schon eine emotionale Achterbahnfahrt. Das war dann für mich umso schöner, den Freistoß zu machen. Ich bin emotional wahrscheinlich durch.“ Beide Mannschaften taten sich im weiteren Verlauf spielerisch schwer. Umso gefährlicher wurden die Standardsituationen. Nur fünf Minuten nach einem Pfostenschuss des SCR lenkte ein kurioser Zwischenfall die Aufmerksamkeit der rund 1.000 Zuschauer vom Spielgeschehen ab: Ein Storch kreiste mehrfach über dem Spielfeld des Höslwanger Sportplatzes und suchte sich dann einen VIP-Platz auf einem der Flutlichtmasten. Und offenbar brachte der Vogel den Vogtareuthern tatsächlich Glück.
Rechtmehring: Bräutigam Eyner wird Relegationsheld gegen Vogtareuth
In der 33. Minute war es Michael Altmann, der zum 1:1 traf. Erst im zweiten Nachschuss gelang es dem SV Vogtareuth, den Ball im Netz unterzubringen. Teamleiter Helmut Schenk äußerte sich trotz der guten Leistung seiner Mannschaft kritisch: „Eigentlich haben wir nicht schlecht gespielt. Wir haben vermisst, die zweiten Bälle abzufangen. Da waren wir einfach zu schlecht. Wir haben zu überhastet gespielt. Zu viele Fehler gemacht. Trotzdem hätten wir die ein oder andere Chance gehabt, wenn wir es clever gespielt hätten.“ Mit diesem Spielstand ging es in die Halbzeit. Nach dem Seitenwechsel wirkten beide Teams deutlich nervöser. Die Fehlerquote stieg, Torchancen blieben Mangelware.
Kein Fußballfest für die Zuschauer – doch Rechtmehrings Trainer Peter Boschner zeigte sich dennoch hochzufrieden: „Wir haben eine unglaublich geile Saison gespielt. Das letzte Relegationsspiel ist 22 Jahre her. Damals haben wir auch gewonnen. Fügt sich ganz gut, dass wir es wieder gemacht haben.“
In der zweiten Halbzeit passierte spielerisch wenig – umso spannender wurde es in der Verlängerung. Michael Boschner erhielt nach einem gelbwürdigen Foul eine Zehn-Minuten-Zeitstrafe. Bei den Vogtareuthern sorgte das für lautstarken Protest, da Boschner bereits verwarnt worden war. Doch Schiedsrichter Christian Babjar blieb bei seiner Entscheidung. Mittlerweile stand das ganze Stadion. In der 113. Minute dann ein Aufschrei unter den SCR-Fans: Nur zwei Minuten nach seiner Rückkehr auf das Feld sah Michael Boschner wegen eines unnötigen Fouls Gelb-Rot. Die Grün-Weißen mussten die letzten sieben Minuten in Unterzahl überstehen. Es blieb beim 1:1 – die Entscheidung musste im Elfmeterschießen fallen.
Vogtareuth scheitert dieses Mal in der Relegation gegen Rechtmehring
Dort wurde es nochmals kurios. Nach je drei Elfmetern stand es 3:3. Für die Vogtareuther trat Christoph Haunolder an, traf – und jubelte provokant in Richtung der Rechtmehringer Fans. Die Konsequenz: Rot. Der letzte Vogtareuther Schütze trat an – und verschoss. Alexander Boschner parierte stark, schnappte sich selbst den Ball und verwandelte eiskalt. Der Ball landete links oben im Netz – die grünen Fans stürmten das Feld. Ein zweiter Held war geboren. Der 27-jährige Keeper brachte seine Emotionen nach der Kreisklassen-Rückkehr nach sieben Jahren auf den Punkt: „Man fühlt sich gut. Ist natürlich schön, wenn es dann so passt.“
Elfmeterschießen entscheidet: Rechtmehring steigt auf, Vogtareuth muss runter
Auch sein Vater – Trainer Peter Boschner – lobte ihn, wie schon im Top-Spiel gegen den Meister aus Reichertsheim: „Ist natürlich top, wenn du als Torwart den letzten Elfer hältst und selber tust ihn dann rein. Das war aber vor paar Tagen schon klar. Er hat daheim gesagt: Wenn es Elferschießen gibt – er schießt mit Sicherheit.“ Auf der anderen Seite herrschte verständlicherweise Frust. Die Stimmung bei den Vogtareuthern war am Boden. Coach Schenk gab sich dennoch kämpferisch und zuversichtlich: „Wir gehen auf alle Fälle positiv in die neue Saison. Wir haben das im Vorhinein besprochen. Es hat passieren können, dass wir absteigen. Wichtig ist, dass wir ned auseinanderbrechen – und der Zusammenhalt ist überragend.“
Trainer Boschner hob nach dem Schlusspfiff nicht nur die Leistung seine Schützlinge hervor, sondern die der Fans: „Natürlich gehört beim Elferschießen ein Quäntchen Glück dazu. Aber du musst die Elfer auch erstmal reintun. Riesen-Kompliment – aber nicht nur an die Spieler, sondern auch an die Fans. Und auch an das ganze Dorf. Man sieht ja: Es sind fast alle da. Das ist auch eine unglaubliche Sache.“ Auch Robert Eyner verwandelte seinen Elfmeter – ein weiteres Highlight an seinem ganz besonderen Tag. „Das ist mit Sicherheit eine der unbeschreiblichen Sachen, die man machen kann. Vor allem hier in Eiselfing ist eine sehr geile Kulisse. Der Freistoß – wenn der drin ist, dann läufst zu deiner Kurve. Von uns waren unfassbar viele Leute da. Ich glaube, es gibt fast keine geileren Gefühle.“ Für die Rechtmehringer heißt es jetzt: feiern, feiern, feiern. Laut Alexander Boschner geht’s erst aufs Frühlingsfest nach Wasserburg – und danach ins Sportheim Rechtmehring. (mck)
