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„Flickenteppich“ und Habeck-Schmerz

Aber der Diesel bleibt: Ampel zerlegt sich fast bei der Milliarden-Suche – das Ergebnis verrät einiges

Ein Kompromiss – und zweimal Verlierer-Gefühle: Was der Haushalt über die Ampel-Machtverhältnisse verrät. Und warum kein Friede zu erwarten ist.

Berlin/München – Zwischendurch schien sogar unklar, ob das Kabinett Scholz seine Halbzeit noch als vollwertige Regierung erleben würde: Am 8. Dezember 2021 hatte der Bundestag Olaf Scholz (SPD) zum Kanzler gewählt. Zwei Jahre später stand die Ampel-Koalition am Abgrund. Der geplatzte Rechentrick um den Klimafonds hatte für 2024 ein riesiges Haushaltsloch hinterlassen. Und die Ideen der ungleichen Partner SPD, Grüne und FDP zur Problemlösung klafften denkbar weit auseinander.

Rechtzeitig vor dem Jahreswechsel zu verabschieden ist das Budget nun nicht mehr. Aber einen gemeinsamen Plan konnten Scholz, sein Vize Robert Habeck (Grüne) und FDP-Chef Christian Lindner am Mittwoch (13. Dezember) immerhin verkünden. Nach einer jener Nachtsitzungen, die die Ampel einst so dringend vermeiden wollte. Ein Blick in die Haushaltspläne der Koalition verrät aber noch mehr – über Konfliktlinien, Durchsetzungskraft und auch die kommenden Streitpunkte. Erkennbar ist ein harter Abwehrkampf auf allen Seiten. Ein Überblick:

Haushalt 2024: FDP bleibt im Ampel-Streit um Schuldenbremse hart – auf den ersten Blick

Ein felsenfestes Ja zur Schuldenbremse. Und ein Nein zu Steuererhöhungen. Mit diesem Vorsatz war die FDP in die Haushalts-Neuverhandlungen gegangen. Auf den ersten Blick trägt Lindner ein paar satte Erfolge davon: Die Schuldenbremse bleibt und für 2024 ist zunächst auch keine Ausnahmeregel geplant. Die Erhöhung des Steuergrundfreibetrags und Industrie-Hilfe aus seinem „Wachstumschancengesetz“ boxte der Liberalen-Chef ebenfalls durch die heiklen Verhandlungen. Das mögliche Zugeständnis hatte Lindner schon im Vorfeld angedeutet. „Klimaschädliche Subventionen“ könnten fallen. „Subventionen“ klingt schließlich auch nicht nach einem Wunschinstrument eingefleischter Marktliberaler.

Robert Habeck blickte sichtlich mit gemischten Gefühlen auf die Ergebnisse der Ampel-Haushaltsverhandlungen.

Nicht nur, aber auch die CSU machte indes schnell rot-grüne Flecken auf Lindners vermeintlich weißer Verhandler-Weste aus. Das Ergebnis sei „vor allem auch mal wieder Ausdruck gebrochener Versprechen der FDP“, rügte Markus Söders Generalsekretär Martin Huber. Er verwies auf die „dritte Steuererhöhung“: Gemeint waren Erbschaftssteuer, die Mehrwertsteuer in der Gastronomie – und nun ein Aus eines Privilegs für die Landwirte. Bisher wurde Agrardiesel mit 440 Millionen Eure pro Jahr gefördert. Der Bauernverband rügte eine „Kampfansage“. Bayerns Wirtschaftsminister Hubert Aiwanger (Freie Wähler) warnte vor steigenden Lebensmittelpreisen.

Auch ob die Schuldenbremse wirklich unverändert Bestand hat, bleibt abzuwarten. Die Grünen forderten umgehend Nachbesserung. Und Scholz dachte schon an Ausnahmen, etwa bei Problemen im Ukraine-Krieg oder zugunsten der Flut-Geschädigten im Ahrtal. An anderer Stelle biss sich die FDP ohnehin die Zähne aus, etwa beim Kerosin. So richtig Ernst machen wollten die in Umfragen bedrohlich schwächelnden Liberalen dann wohl doch nicht. Doch gerade die Union wird im Ringen um die Wählergunst weiter Druck machen.

„Es tut mir weh“: Habecks Grüne schlucken bittere Pillen – hebeln aber auch Lindner aus

Auch die Grünen mussten Schlappen einstecken. Habeck klang zwischen den Zeilen einmal mehr angegriffen. „Das tut mir weh“, räumte er mit Blick auf Kürzungen auf E-Auto-Prämien und Solarförderung ein. Das sei der Preis für das Erhalten des Klimafonds – samt der Unterstützung für den Heizungstausch. Habecks Gesamturteil: Es sei eine „gemeinsame Kraftanstrengung insgesamt gelungen“. Triumph klingt anders.

Allerdings hat die Partei letztlich doch auch einiges erhandelt. Zu nennen ist vor allem der nun doch schneller steigende CO₂-Preis. Den hatten Klima-Experten schon länger gefordert – und die Grünen konnten die Bremsung um Koalitionsvertrag nur mühsam verteidigen. Jetzt muss Geld her. Und die Grünen konnten den CO₂-Preis offenbar als geeignete Quelle platzieren. Das könnte dem Klima helfen, aber für Verwerfungen sorgen. Die Energiepreisbremse war bereits zuvor gekippt, jetzt werden fossile Brennstoffe schneller teurer. Schon ab 1. Januar.

Kabinett Scholz: Nach dem Ampel-Aus kommt Rot-Grün ohne Mehrheit

Olaf Scholz spricht zur Energiepolitik.
Olaf Scholz (SPD) ist der neunte Bundeskanzler der Bundesrepublik Deutschland. Politisch wird er dem konservativen Flügel der Sozialdemokraten zugerechnet. Lange Zeit galt er als reiner „Scholzomat“ – ein Spitzname, den er sich wegen seiner mechanisch wirkenden Sprechblasen in seiner Zeit als Generalsekretär unter Kanzler Gerhard Schröder verdiente. Kurz nach dem russischen Einmarsch in die Ukraine kündigte er in einer Sondersitzung des deutschen Bundestages einen Wandel der deutschen Politik an: „Wir erleben eine Zeitenwende.“  © Britta Pedersen/dpa
Robert Habeck auf Deutschlandtour.
Robert Habeck ist Bundesminister für Wirtschaft und Klimaschutz im Kabinett Scholz sowie Stellvertreter des Kanzlers. Vom 27. Januar 2018 bis zum 14. Februar 2022 hatte er zusammen mit Annalena Baerbock den Bundesvorsitz der Partei Bündnis 90/Die Grünen inne. Habeck ist auch als Schriftsteller tätig. Gemeinsam mit seiner Ehefrau Andrea Paluch veröffentlichte er mehrere Romane, u.a. Hauke Haiens Tod (2001). © Soeren Stache/dpa
Jörg Kukies kommt zu Beginn der Sitzung des Bundeskabinetts im Kanzleramt.
Am 7. November 2024 hat Jörg Kukies das Amt des Finanzminister übernommen. Der Sozialdemokrat Kukies ist derzeit Staatssekretär im Kanzleramt und gilt als einer der wichtigsten Berater von Kanzler Scholz. Er ist sein Mann für Wirtschaft und Finanzen und verhandelt für ihn die Abschlussdokumente der G7- und G20-Gipfel.  © Michael Kappeler/dpa
Christian Lindner im Kanzleramt in Berlin am 27. Juli 2022.
Christian Lindner ist Bundesminister der Finanzen im Kabinett Scholz. Der FDP-Politiker ist seit dem 7. Dezember 2013 Bundesvorsitzender der Liberalen. Schon 2017 sah es lange so aus, als würde die FDP an der Regierung beteiligt sein. Doch nach vierwöchigen Sondierungsgesprächen zur Bildung einer Jamaika-Koalition erklärte Lindner die Verhandlungen schließlich für gescheitert. Seine Begründung: „Es ist besser, nicht zu regieren, als falsch zu regieren!“ © Emmanuele Contini/Imago
Nancy Faeser (SPD), alte und neue Landesvorsitzende der SPD in Hessen und Bundesinnenministerin, freut sich über ihre Wiederwahl.
Nancy Faeser führt im Kabinett Scholz als erste Frau das Bundesministerium des Innern und für Heimat. Die Juristin ist seit dem 2. November 2019 Vorsitzende der SPD Hessen. Zuvor war sie 16 Jahre lang Abgeordnete des Hessischen Landtags und ab 2019 als Vorsitzende der hessischen SPD-Fraktion auch Oppositionsführerin. Zudem war sie Spitzenkandidatin der SPD bei der Landtagswahl in Hessen 2023. Als Abgeordnete im Landtag erhielt sie zwei Drohbriefe, die mit NSU 2.0 unterschrieben waren. © Andreas Arnold/dpa
Annalena Baerbock ist im Kabinett Scholz Bundesministerin des Auswärtigen. Sie ist die erste Frau, die dieses Amt innehat. Bei der Bundestagswahl 2021 trat sie als Kanzlerkandidatin der Grünen an, die sich aber mit 14,8 Prozent der Zweitstimmen mit Platz drei hinter SPD und Union begnügen mussten. Von Januar 2018 bis Februar 2022 war sie gemeinsam mit Robert Habeck Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen.
Annalena Baerbock ist im Kabinett Scholz Bundesministerin des Auswärtigen. Sie ist die erste Frau, die dieses Amt innehat. Bei der Bundestagswahl 2021 trat sie als Kanzlerkandidatin der Grünen an, die sich aber mit 14,8 Prozent der Zweitstimmen mit Platz drei hinter SPD und Union begnügen mussten. Von Januar 2018 bis Februar 2022 war sie gemeinsam mit Robert Habeck Bundesvorsitzende von Bündnis 90/Die Grünen. © Thomas Imo/Imago
Marco Buschmann FDP, Bundesjustizminister, stellt Eckpunktepapier zum Selbstbestimmungsgesetz vor.
Marco Buschmann war bis zum 7. November 2024 Bundesminister der Justiz im Kabinett Scholz. Der FDP-Politiker war von Oktober 2017 bis Dezember 2021 Erster Parlamentarischer Geschäftsführer der Bundestagsfraktion. Im Herbst 2020 warnte er während der Corona-Pandemie vor einer Verfassungskrise. Buschmann war auch Mitkoordinator der erfolgreichen Verfassungsklage der Bundestagsfraktionen von CDU/CSU und FDP gegen den Berliner Mietendeckel. Nach dem Rauswurf von Finanzminister Christian Lindner verließ Buschmann die Ampel.  © Jürgen Heinrich/Imago
Volker Wissing, Bundesverkehrsminister FDP, vor der Kabinettssitzung im Berliner Kanzleramt Bundeskanzleramt in Berlin
Volker Wissing wurde nah dem Ampel-Aus für sein Ausscheren aus dem Kurs von FDP-Parteichef Christian Lindner belohnt. Der Bundesminister für Digitales und Verkehr erhielt zusätzlich das Justizressort. Einer der letzten großen Ampel-Fans in der FDP zog nach dem Koalitionsbruch Konsequenzen: In einem beispiellosen Schritt trat er aus der Partei aus und bleibt bis zu den geplanten Neuwahlen als Parteiloser im Amt. Der Jurist war vom 19. September 2020 bis zum 23. April 2022 Generalsekretär der FDP. Wissing gibt als Hobby Weinbau an, vor allem im familieneigenen Weingut.  © Stefan Boness/Imago
Hubertus Heil besucht die Gemeinschaftsunterkunft für Geflüchtete in Berlin-Spandau.
Hubertus Heil ist im Kabinett Scholz Bundesminister für Arbeit und Soziales – ein Amt, das der SPD-Politiker bereits seit dem 14. März 2018 innehat. Heil ist seit Dezember 2019 stellvertretender Bundesvorsitzender der Sozialdemokraten. Von November 2005 bis November 2009 und von Juni bis Dezember 2017 war er Generalsekretär seiner Partei. Heil spricht sich für einen Mindestlohn von mindestens 12 Euro aus, eine Erhöhung des Rentenalters auf über 67 Jahre lehnt er ab. © M. Popow/Imago
Boris Pistorius ist als Nachfolger von Christine Lambrecht ins Chefbüro des Verteidigungsministeriums im Bendlerblock gerückt. Pistorius gehört dem SPD-Parteivorstand an und gilt als erfahrener Polit-Manager. Von 1980 bis 1981 absolvierte er seinen Wehrdienst, anschließend studierte er Rechtswissenschaften in Osnabrück und Münster. Pistorius war zuvor seit 2013 Innenminister in Niedersachsen.
Boris Pistorius ist als Nachfolger von Christine Lambrecht ins Chefbüro des Verteidigungsministeriums im Bendlerblock gerückt. Pistorius gehört dem SPD-Parteivorstand an und gilt als erfahrener Polit-Manager. Von 1980 bis 1981 absolvierte er seinen Wehrdienst, anschließend studierte er Rechtswissenschaften in Osnabrück und Münster. Pistorius war zuvor seit 2013 Innenminister in Niedersachsen. © Michael Kappeler/dpa
Verteidigungsministerin Lambrecht besucht Marder-Kompanie
Bis zum 19. Januar 2023 hatte Christine Lambrecht das Amt der Verteidigungsministerin inne. Die SPD-Politikerin stand zumeist unter einem immensen Druck. Kritische Stimmen warfen ihr fehlende Sachkenntnis, die schleppend angelaufene Beschaffung für die Bundeswehr, aber auch ihr Auftreten in der Öffentlichkeit vor. Irritation rief schließlich eine Neujahrsbotschaft hervor, in der sie begleitet von Silvesterfeuerwerk in Berlin über den Ukraine-Krieg sprach. © Robert Michael/dpa
Cem Özdemir (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft läuft beim Treffen der G7 Agrarminister zum Eingang des Schlosses Hohenheim.
Cem Özdemir ist Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft im Kabinett Scholz. Özdemir ist der erste Bundesminister mit türkischem Migrationshintergrund. Von November 2008 bis Januar 2018 war er Bundesvorsitzender der Grünen. Im Dezember 2021 wurde er zum stellvertretenden Vorsitzenden des gemeinnützigen Vereins „Gegen Vergessen – Für Demokratie“ gewählt. Nach dem Ampel-Aus übernahm er auch das Ministerium für Bildung und Forschung.  © Bernd Weißbrod/dpa
Lisa Paus (Bündnis 90/Die Grünen), Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend, spricht beim hybriden Gipfeltreffen „Women7-Summit“.
Elisabeth „Lisa“ Paus ist seit dem 25. April 2022 Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend im Kabinett Scholz. Sie ist die Nachfolgerin von Anne Spiegel, die zuvor von diesem Posten zurückgetreten war. Paus gehört zum linken Parteiflügel der Grünen. Sie ist seit 2009 Abgeordnete im Deutschen Bundestag.  © Bernd von Jutrczenka/dpa
Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier übergibt im Schloss Bellevue anlässlich des Amtswechsels im Bundesfamilienministerium die Entlassungsurkunde an Anne Spiegel (Bündnis 90/Die Grünen), bisherige Bundesministerin für Familie, Senioren, Frauen und Jugend.
Vorgängerin von Lisa Paus war Anne Spiegel, die am 25. April 2022 die Entlassungsurkunde von Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier erhielt. „Es war zu viel“, hatte die Grünen-Politikerin vorher bekennen müssen. Ihr Verhalten als Ministerin für Klimaschutz, Umwelt, Energie und Mobilität in Rheinland-Pfalz nach der Flutkatastrophe im Sommer 2021 wurde vom Untersuchungsausschuss des Landtags bis ins Detail untersucht. Die Kritik wurde zum Sturm – ihr Amt als Bundesfamilienministerin gab Spiegel deshalb auf. In ihrer Rücktrittserklärung betonte Spiegel, dass sie das Amt nicht länger belasten wolle und entschuldigte sich für begangene Fehler. © Bernd von Jutrczenka/dpa
Karl Lauterbach (SPD), Bundesgesundheitsminister, beantwortet auf einer Pressekonferenz Fragen von Journalisten zum Infektionsgeschehen und zur Impfentwicklung.
Karl Lauterbach ist Bundesminister für Gesundheit im Kabinett Scholz. Der SPD-Politiker ist Professor am Universitätsklinikum Köln und dort Leiter des Instituts für Gesundheitsökonomie und Klinische Epidemiologie. Wegen seines Bundestagsmandats ist er derzeit beurlaubt. Während der Pandemie ist er für viele zu einer Reizfigur geworden. Als Minister konnte er sich mit seiner Forderung nach einer allgemeinen Corona-Impfpflicht nicht durchsetzen.  © Wolfgang Kumm/dpa
Steffi Lemke, Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz beim Treffen der G7 Klima-, Energie- und Umweltministerinnen und -minister.
Steffi Lemke hat im Kabinett Scholz den Posten als Bundesministerin für Umwelt, Naturschutz, nukleare Sicherheit und Verbraucherschutz inne. Die Politikerin von Bündnis 90/Die Grünen absolvierte ein Studium der Agrarwissenschaft an der Humboldt-Universität zu Berlin, das sie 1993 als Diplom-Agraringenieurin abschloss. Von 2002 bis 2013 war sie politische Bundesgeschäftsführerin ihrer Partei. © Chris Emil Janssen/Imago
Bettina Stark-Watzinger im Portrait bei der Bundespressekonferenz zum Thema Veroeffentlichung des nationalen Bildungsberichts Bildung in Deutschland.
Bettina Stark-Watzinger ist Bundesministerin für Bildung und Forschung im Kabinett Scholz. Seit 2017 ist sie Abgeordnete im Deutschen Bundestag und seit März 2021 Vorsitzende der FDP Hessen. Ihr Studium der Volkswirtschaftslehre an der Johannes Gutenberg-Universität in Mainz und der Johann Wolfgang Goethe-Universität in Frankfurt am Main schloss sie 1993 als Diplom-Volkswirtin ab. Sie ist Mitglied im Stiftungsrat der Karl-Hermann-Flach-Stiftung. © Imago
Svenja Schulze SPD, Bundesministerin fuer wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung, aufgenommen im Rahmen der Konferenz fuer globale Ernaehrungssicherheit im Auswaertigen Amt in Berlin.
Svenja Schulze ist Bundesministerin für wirtschaftliche Zusammenarbeit und Entwicklung der Bundesrepublik Deutschland im Kabinett Scholz. Die SPD-Politikerin ist Mitglied der Arbeiterwohlfahrt, der IG Bergbau, Chemie, Energie (IG BCE), ver.di, im Naturschutzbund Deutschland (NABU) und im Verein Slowfood. Sie ist Mitbegründerin des Netzwerkes „Frauenzeiten“. © Florian Gaertner/Imago
Klara Geywitz im Kanzleramt in Berlin am 27. Juli 2022. Kabinettssitzung in Berlin.
Klara Geywitz ist Bundesministerin für Wohnen, Stadtentwicklung und Bauwesen im Kabinett Scholz. Zudem ist sie Beauftragte der Bundesregierung für den Berlin-Umzug und den Bonn-Ausgleich. Im Dezember 2019 wurde sie zu einer der stellvertretenden Bundesvorsitzenden der SPD gewählt. Geywitz gehört seit 2014 dem Vorstand der Stiftung für deutsch-polnische Zusammenarbeit an. © Emmanuele Contini/Imago
Wolfgang Schmidt hisst die Regenbogenfahne am Bundeskanzleramt in Berlin.
Wolfgang Schmidt ist Bundesminister für besondere Aufgaben und Chef des Bundeskanzleramtes im Kabinett Scholz. In dieser Funktion ist er außerdem Beauftragter der Nachrichtendienste des Bundes. Schmidt, der seit 1989 der SPD angehört, gilt als engster Vertrauter von Olaf Scholz. © Christian Spicker/Imago

Gefallen könnte der Grünen-Basis auch, dass bei der Bahn nicht gespart wird, auch wenn der Bund dafür wohl einiges an Tafelsilber privatisieren wird. Gleiches gilt für die Kerosinsteuer auf Inlandsflüge. Die hatte FDP lange verhindern wollen. Und Familienministerin Lisa Paus betonte die „gute Nachricht“, dass in ihrem Ressort nicht gekürzt werden soll. Auf der anderen Seite: Ein Aus für das Dienstwagen-Privileg hatten die Grünen schon lange lautstark gefordert und den Wunsch unlängst untermauert. Der war aber wohl mit der FDP nicht umzusetzen.

Beim Diesel-Privileg (abseits der Landwirtschaft) hatte sich auch die SPD gewehrt. Generalsekretär Kevin Kühnert verwies auf Krankenpfleger, Erzieher und Rentner, die mit Dieselautos unterwegs seien. Wie kompliziert die Lage auch grünenintern ist, zeigte eine Aussage aus dem Kabinett: Landwirtschaftsminister Cem Özdemir selbst sprach von einem „problematischen“ Fall, wenn Agrardiesel teurer wird und auch die Kfz-Steuer-Befreiung für Landwirte fallen sollte.

SPD hält das Bürgergeld – Ist Scholz der Gewinner?

Ist die SPD die Gewinnerin im Haushalts-Streit – falls das nach der Blamage in Karlsruhe überhaupt möglich ist? Die Kanzlerpartei hat jedenfalls eine ihrer Grundfesten verteidigt: Die im November beschlossene Bürgergeld-Erhöhung bleibt. Zwar muss Arbeitsminister Hubertus Heil 1,5 Milliarden einsparen. Die sollen aber großteils rund um das Bürgergeld herum herbeigekratzt werden. Einmal durch bessere Vermittlung in Arbeit. Aber auch, und das ist zumindest ein SPD-Wermutstropfen, nach Informationen des Handelsblatts auch durch schärfere Sanktionen für Menschen, die sich nicht vermitteln lassen wollen.

Nicht nur Diesel und Dienstwagen-Privileg, sondern auch der Fortbestand der Pendler-Pauschale dürften im Sinne der Sozialdemokraten sein. Für Erhöhungen letzterer war die SPD in der Ampel stets offen. Und dann ist da noch das bedingungslose Ja für die Unterstützung der Ukraine. Ein Thema, das weit über den Haushaltszoff in Berlin hinausreicht – aber Scholz gerade auch als Signal ins Ausland wichtig gewesen sein dürfte. Da wäre dann auch die gesuchte „Notlage“ für eine Pause bei der Schuldenbremse gefunden.

Parteiintern gab es jedenfalls Applaus. „Es ist gut, dass der Bundeskanzler Führungsstärke bewiesen hat“, sagte der Hamburger SPD-Fraktionschef Dirk Kienscherf mit Blick auf die Ergebnisse. Ein Satz, den Sozialdemokraten nach den vergangenen zwei Jahren sicherlich gerne aussprechen.

Der Ampel-Haushalt steht: Sollbruchstelle Heizen und Energie? Warum kein Frieden zu erwarten ist

Den Koalitionsbruch hat die Ampel offenbar abgewendet – nach dem selbstverschuldeten Milliarden-Loch im Etat konnte es aber keine echten Gewinner auf der Regierungsbank geben. Weitere bittere Pillen für die Basis aller drei Parteien könnten den Ärger im neuen Jahr weiter befeuern. Zugleich haben sich SPD, Grüne und FDP weitere Baustellen gelassen. Und möglicherweise bedrohliche offene Fragen.

Eine davon etwa: Was passiert, wenn die Energiepreise angesichts der Weltkrisen doch wieder steigen sollten? Eine Energiepreisbremse ist nicht mehr im Angebot und der CO₂-Preis könnte die Problemlage verschärfen. Dabei ist das Thema Heizen ohnehin längst eine offene Flanke der Ampel. Wobei die Auswirkungen zunächst vergleichsweise überschaubar erscheinen: Eine Musterfamilie mit einem Heizbedarf von 20.000 Kilowattstunden habe jährliche Mehrkosten von 78 Euro beim Gas und 96 Euro bei einer Ölheizung zu erwarten, errechnete das Portal Verivox. Doch es läppert sich: Auch die Netzentgelte beim Strom werden steigen. Das Unternehmen 50Hertz, ein Betreiber der Stromautobahnen, schätzt, dass das für einen Haushaltskunden mit durchschnittlichem Verbrauch von 3500 Kilowattstunden im Jahr Mehrkosten von rund 60 Euro bedeutet. 

Und dann ist da auch noch der Streit um die Schuldenbremse. Offenbar hat sich die FDP beim Thema Ahrtal zu einem Zugeständnis bereiterklärt – hier warb die Koalition um weitere Hilfe auf Schuldenbasis. Doch die Grünen dachten schon kurz nach dem Kompromiss an eine wesentlich größere Reform. Dann sind da auch noch Begehrlichkeiten bei der SPD: Chef Lars Klingbeil forderte jüngst höhere Steuern für Reiche; ein Graus für die FDP. Nur eines scheint nach dem Mittwoch im politischen Berlin sicher: Fortsetzung folgt. Vorerst. Und der nächste Haushalt kommt bestimmt. (fn)

Rubriklistenbild: © IMAGO/Emmanuele Contini

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