„Ist uns nicht gelungen“
Ausgerechnet im Gastro-Zoff: FDP gibt sich Ampel geschlagen – Mehrwertsteuer steigt
Die FDP fährt eine Schlappe in der Ampel ein – beim Großthema Gastronomie. Das hat wohl auch mit Christian Lindners Budget zu tun.
Berlin – Gerade Bayerns Gastwirte hielten zuletzt den Protest hoch – erfolglos: Seit der Nacht auf Freitag (17. November) ist klar: Die Mehrwertsteuer in der Gastronomie steigt von 7 auf 19 Prozent. Das haben die Fraktionen in der Ampel-Koalition in den Haushaltsverhandlungen entschieden, trotz Widerstands der FDP. SPD und Grüne wollten den Satz nach einer Sonderregelung wieder anheben.
„Es ist uns leider nicht gelungen, die Verlängerung zu einem gemeinsamen Koalitionsprojekt zu machen“, erklärte der FDP-Abgeordnete Christoph Meyer. Damit geben die Liberalen in einem weiteren prestigeträchtigen Punkt klein bei. Die CSU hatte zuletzt auch Versagen von FDP-Verkehrsminister Volker Wissing beim ampelintern ebenfalls umstrittenen Kampf um den Verbrennungs-Motor gerügt.
Mehrwertsteuer in der Gastronomie steigt: FDP gibt sich geschlagen
Pikanterweise könnte die Entscheidung indirekt auch mit den jüngsten Finanzierungs-Problemen im Ampel-Haushalt zusammenhängen – und mit der von FDP-Chef Christian Lindner vehement verteidigten Schuldenbremse. Das Urteil des Bundesverfassungsgerichts habe „die Haushaltsspielräume zusätzlich eingeschränkt“, räumte Meyer ein.
„Alle Pläne zur Verlängerung der reduzierten Umsatzsteuer in der Gastronomie standen von Anfang an unter Finanzierungsvorbehalt“, sagte er zudem. Eine Rolle hätten auch die Länder gespielt. Selbst bei einer Einigung in der Koalition sei „die Zustimmung der Länder und die Übernahme ihres Kostenanteils an den insgesamt 3,6 Milliarden Euro vollkommen offen“ gewesen.
19 Prozent Mehrwertsteuer in der Gastro: CSU rügt insbesondere FDP für „ganz miese Abzocke“
In der Ampel verläuft die Frontenbildung immer wieder zwischen SPD und Grünen einerseits und der FDP andererseits. Zuletzt gab es an der Basis der Grünen, aber auch der Liberalen erste Tendenzen zur Loslösung von der Koalition. So forderten 600 Grünen-Mitglieder in einem offenen Brief ein klareres Bekenntnis zu den Grundsätzen der Partei. In der FDP gab es eine Unterschriftensammlung zum Koalitions-Ausstieg. Oft schienen die Liberalen bislang die Oberhand im Bündnis zu behalten. Nun sieht es anders aus.
Die Opposition nutzte das Aus für die niedrigere Gastro-Mehrwertsteuer für harsche Kritik, gerade an der FDP. „Wenn die Ampel wirklich auf die absurde Idee gekommen ist, die Mehrwertsteuer in der Gastro wieder zu erhöhen – dann ist das ganz miese Abzocke“, twitterte CSU-Landtagsfraktionschef Klaus Holetschek schon vor der finalen Entscheidung: „Soviel zum Wort von Christian Lindner und der FDP: Steuererhöhungen nicht mit uns.“
Aus für niedrigere Gastro-Mehrwertsteuer: Dehoga entsetzt – Wirtschaftsexperte lobt Schritt
Die Mehrwertsteuer auf Speisen in der Gastronomie liegt seit Juli 2020 wegen der Corona-Krise und der Folgen des Ukraine-Kriegs vorübergehend bei 7 statt bei 19 Prozent. Diese Regelung läuft nun zum Jahresende aus. Seit Wochen gab es Forderungen, den reduzierte Satz beizubehalten. Auch der Branchenverband Dehoga und die Gewerkschaft Nahrung-Genuss-Gaststätten hatten für eine Verlängerung getrommelt.
„Respekt und Wertschätzung für das, was unsere Gastgeber mit ihren Beschäftigten leisten, hat die Politik mit dieser Entscheidung nicht gezeigt“, sagte Dehoga-Präsident Guido Zöllick nun. Es seien „Tausende Existenzen gefährdet, der Verlust von Lebensqualität und gastronomischer Vielfalt“ drohe. „Der Ampel gebührt Lob, dass sie jetzt endlich stärker priorisiert“, sagte hingegen Friedrich Heinemann vom Zentrum für Europäische Wirtschaftsforschung der Agentur Reuters. (fn mit Material von AFP/rtr)
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