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Start der Radtour

„Ein Zeichen setzen“: Missbrauchs-Betroffene kommen in Maitenbeth an – Einweihung der Stele

Die Radtour der Missbrauchs-Betroffenen ist am 16. Juni gestartet. Hier zu sehen sind die Teilnehmer, wie sie gerade in Maitenbeth angekommen. Dort wurde auch die „Broken-Heart“-Stele eingeweiht.
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Die Radtour der Missbrauchs-Betroffenen ist am 16. Juni gestartet. Eine der Stationen war Maitenbeth. Dort wurde auch die „Broken-Heart“-Stele eingeweiht.

Ein Jahr nach der Bekanntgabe der Missbrauchsfälle durch Pfarrer Ludwig Axenböck hat sich in Maitenbeth viel verändert. Am 16. Juni wurde nun die „Broken-Heart“-Stele zum Gedenken an die Betroffenen eingeweiht. Warum für viele die Heilung nun beginnen kann.

Maitenbeth – Fast ein Jahr ist es her, dass die Erzdiözese München-Freising bekannt gegeben hat, dass es in Maitenbeth „massive Missbrauchsfälle“ durch Pfarrer Ludwig Axenböck gegeben haben soll. Seitdem hat sich in der Kommune viel getan: die Pfarrer-Axenböck-Straße wurde in Kirchplatz umbenannt und am Sonntag (16. Juni) wurde die „Broken-Heart“-Stele, nahe der Pfarrkirche St. Agatha, eingeweiht.

Initiiert wurde das Kunstwerk – in Absprache mit den Betroffenen – von dem Maitenbether Künstler Peter Schwenk. Im Rahmen der Radtour der Missbrauchsbetroffenen, die am 16. Juni in München gestartet ist, wurde die Gedenkstätte in Maitenbeth feierlich eingeweiht.

Um 15 Uhr war es dann so weit: Mit lautem Klingeln kündigten sich die Fahrradfahrer an und fuhren unter Applaus in den Kirchplatz in Maitenbeth ein. Rund 15 Personen sind dieses Jahr bei der Tour dabei. Bei der Einweihung der Stele in Maitenbeth waren rund 50 Leute anwesend, unter anderem auch Schwenk, die Amtschefin im Erzbischöflichen Ordinariat München, Dr. Stephanie Herrmann, Generalvikar Christoph Klingan, Sprecher des Betroffenenbeirats, Richard Kick, Bürgermeister Thomas Stark, Pfarrgemeinderatsvorsitzender Klaus Oberpichler, Bürger, Solidaritätsradler und Betroffene – unter ihnen Helmut Bader und Peter Ernst aus Maitenbeth. Beide wurden in ihrer Kindheit von Pfarrer Axenböck sexuell missbraucht.

Die Radtour der Missbrauchs-Betroffenen ist am 16. Juni gestartet. Eine der Stationen war Maitenbeth.

Sichtlich ergriffen enthüllten Helmut Bader und Peter Schwenk die bis dahin in ein rotes Tuch eingewickelte Stele. Sie zeigt ein Herz, das in der Mitte entzweigebrochen und aus der eine rote Rose ragt. Ein symbolträchtiges Kunstwerk, das sowohl den Schmerz, den die Betroffenen von sexuellem Missbrauch erleiden, verdeutlichen soll, als auch die Heilung, die nach einer solch schrecklichen Erfahrung möglich ist. „Gedenken an die Opfer des langjährigen sexuellen Kindesmissbrauchs durch den örtlichen Pfarrer Ludwig Axenböck (1949-1972)“ ist auf dem Sockel zu lesen.

Helmut Bader (links) und Peter Schwenk bei der Enthüllung der Stele.
Die „Broken-Heart“-Stele in Maitenbeth. Auf dem Sockel zu lesen ist: „Gedenken an die Opfer des langjährigen sexuellen Kindesmissbrauchs durch den örtlichen Pfarrer Ludwig Axenböck (1949 - 1972).“

„Geteiltes Leid ist halbes Leid“, begann Maitenbeths Pfarrer, Marek Kalinka, mit seiner Ansprache. „Wir wollen ein Zeichen setzen mit dieser Stele. Der Missbrauch durch Pfarrer Axenböck soll nicht in Vergessenheit geraten“, so Kalinka. „Wie soll ein gebrochenes Herz heilen? Durch Geduld und Zeit – und durch ein Miteinander. Dann kann es gelingen“. An Helmut Bader gewandt, meinte Kalinka: „Sie sind nicht allein – keines der Opfer. Wir unterstützen Sie und gehen den Weg gemeinsam“.

Nach den Fürbitten und einem gemeinsamen „Vater unser“ vor der neu eingeweihten Gedenkstätte zollte Klingan den Teilnehmern der zweiten Radreise von Missbrauchsbetroffenen aus dem Erzbistum München und Freising „großen Respekt“. „Sie bleiben mit der Tour selbst in Bewegung und bringen ganz sicher auch wieder Bewegung in die Orte, zu denen sie sich jetzt aufmachen“, zeigte er sich überzeugt. „Gerade da, wo sexueller Missbrauch stattgefunden hat durch Mitarbeiter der Kirche, sind zuerst und besonders natürlich die Betroffenen in den Blick zu nehmen“, so der Generalvikar.

Pfarrer Marek Kalinka bei seiner Ansprache (rechts).

Botschaft „Here we are“ soll ankommen

„Das Thema Aufarbeitung ist und bleibt wichtig“, betonte er. Deshalb sei die Erzdiözese „dem Betroffenenbeirat als Initiator und Planer der Tour sehr dankbar“ für sein Engagement. Klingan bat für die Teilnehmer um eine weitere „sichere, unfallfreie Fahrt“ – eine der Teilnehmerinnen war auf dem Weg von München nach Maitenbeth gestürzt, verletzte sich aber nur leicht und konnte die Weiterfahrt gleich wieder aufnehmen. Der Generalvikar wünschte „ein wohlbehaltenes Ankommen an den Zielorten, gute Gottesdienste und Veranstaltungen und nicht zuletzt auch ein gedeihliches Miteinander in der Gruppe. So möge ihre klare Botschaft ,Here we are‘ auch in den Pfarreien vor Ort ankommen.“

Peter Ernst war beim ersten Treffen zur Besprechung der Radtour dabei und „hat sich direkt angemeldet“. Er war bei der ersten Etappe am Sonntag dabei – von München über Poing und Edling nach Maitenbeth. Helmut Bader fährt die gesamte Tour mit. „Ich war vergangenes Jahr bei der Tour nach Rom auch dabei, das habe ich auch geschafft“, erzählt der 64-Jährige. Für ihn sei die Reise besonders anstrengend, nicht nur mental, sondern auch körperlich, da Bader seit Jahren an Diabetes Typ I leide. „Ich habe meine Insulinpumpe dabei, meine ganzen Katheter, sämtliche Medikamente. Dafür brauche ich extra einen zweiten Koffer“, berichtete er im Vorfeld der Radreise im Gespräch mit der Redaktion.

Pfarrer Marek Kalinka (von rechts) mit Generalvikar Christoph Klingan, Dr. Stephanie Herrmann und Klaus Oberpichler.

Einweihung der Stele „etwas besonderes“

„Einfach ist es nicht“, betonte er – und dennoch war für „von vornherein klar“, dass er auch dieses Jahr wieder an der beschwerlichen Radtour teilnehmen werde. „Erstens bin ich mittlerweile Mitglied im Betroffenenbeirat und zweitens führt unsere Reise ja auch über Maitenbeth. Allein die Einweihung der „Broken-Heart“-Stele ist für mich schon etwas Besonderes“, verdeutlichte Bader. „Unsere Gemeinde ist anderen Kommunen in Sachen Aufarbeitung wirklich meilenweit voraus“, findet der Betroffene. „Ich kann gar nicht in Worte fassen, was in Maitenbeth im vergangenen Jahr alles passiert ist – und wie viel mir das bedeutet“.

Nach der Einweihung der Stele in Maitenbeth ging es am Sonntag noch nach Wasserburg. Von der Innstadt wird am Montag (17. Juni) weitergeradelt nach Babensham und Schnaitsee. Endstation an diesem Tag ist Garching an der Alz. Am Dienstag (18. Juni) geht es von Garching aus weiter nach Tacherting, Seebruck und Unterwössen. Am Mittwoch (19. Juni) fahren die Missbrauchsbetroffenen mit Begleitern weiter nach Prien und Rosenheim. Am Donnerstag (20. Juni) führt die Tour von Rosenheim nach Niklasreuth und endet am Freitag (21. Juni) am Schliersee.

Die Fahrt knüpft an die Radpilgerfahrt nach Rom mit einer Audienz bei Papst Franziskus im Vorjahr an und führt unter anderem an Orte im Erzbistum, wo Missbrauch geschehen ist. Organisator ist der Betroffenenbeirat der Erzdiözese München und Freising, die Tour wird von der Erzdiözese finanziell und organisatorisch maßgeblich unterstützt, wie die Institution ausdrücklich betont. Pro Tag werden zwischen 25 und 65 Kilometer mit dem Fahrrad zurückgelegt. Wer die Missbrauchsbetroffenen aus Solidarität auf dem Rad begleiten möchte, ist herzlich dazu eingeladen.

Die Grafik zeigt die Radtour der Betroffenen.

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