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„Höre ich zum ersten Mal“

Ringen um Millionen-Projekt in Haag: Warum die Milchwerke Jäger dabei eine Hauptrolle spielen

Die Marktgemeinde Haag muss nächstes Jahr ein Großprojekt stemmen. Die Milchwerke Jäger sind dafür ausschlaggebend.
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Die Marktgemeinde Haag muss nächstes Jahr ein Großprojekt stemmen. Die Milchwerke Jäger (hinten links zu sehen) sind dafür ausschlaggebend.

Großprojekt in Haag: Welche Sanierung die Marktgemeinde im nächsten Jahr angehen muss, was das Ganze kostet und warum die Milchwerke Jäger dafür ausschlaggebend sind.

Haag – Nachsitzen für den Gemeinderat Haag: Da die Zeit in der vergangenen Sitzung nicht ausgereicht hatte, um sämtliche Tagesordnungspunkte durchzusprechen – unter anderem wurden die Pläne fürs InnKlinikum vorgestellt, ein Standort für eine Container-Anlage für Geflüchtete gesucht und das Konzept für das „Landkreiswerk“ präsentiert – musste sich das Gremium erneut zusammensetzen.

In der jüngsten Sitzung stellten die beiden Experten, Luca Noceti und Dr. Kostas Athanasiadis von der Dr.-Ing. Steinle Ingenieurgesellschaft für Abwassertechnik, die Machbarkeitsstudie zur Erweiterung der Haager Kläranlage vor. Bürgermeisterin Sissi Schätz (SPD) erklärte, dass das Wasserwirtschaftsamt (WWA) zwar eine kurzfristige Erlaubnis erteilt habe, diese laufe aber 2025 aus. „Für eine langfristige Genehmigung ist eine Ertüchtigung der Einrichtung notwendig“, erklärte die Rathauschefin.

Noceti erläuterte dem Gremium die Vor- und Nachteile der vier Varianten, die die Experten ausgearbeitet hätten, wobei Variante 1 der „Ist-Zustand“ der Anlage sei. Konzept 2 sehe ein neues Nachklärbecken mit einem Durchmesser von 20 Metern vor. Dieses sei notwendig, um eine langfristige Erlaubnis vom WWA zu erhalten. Mit dieser Version sei nur ein „kleiner Umbau“ der bestehenden Kläranlage vonnöten, erklärte Noceti.

Große Veränderungen bei Variante 3 und 4

Variante 3 beinhalte ein neues Vor- und Nachklärbecken sowie eine Faulungsanlage. Hier müsse mit „sehr großen Veränderungen“ gerechnet werden. Konzept 4 unterscheide sich von Variante 3 nur dadurch, dass hier noch die Flotatschlamm-Anlage für die Milchwerke Jäger mit einbezogen würden, so der Experte.

Der Vorteil der Variante 4: Die Kläranlage wäre autark und könnte den benötigten Strombedarf selbst erzeugen, zumindest „nominell“, erklärte Noceti. „Es wird Zeiten geben, da gibt es einen Überschuss an Energie und Zeiten, da wird die Anlage den Strombedarf nicht ganz kompensieren können“, erläuterte er. Der Nachteil der Variante 4: die Kosten. Mit über 13,5 Millionen Euro sei dieses Modell das teuerste, Variante 3 schlage mit zwölf Millionen Euro zu Buche und Variante 2 mit über vier Millionen Euro.

Stufenweiser Ausbau möglich

Das Fazit der Experten: Die Nachklärbecken müssen erweitert und der Mischwasserzufluss erhöht werden. Das Vorklärbecken bringe weitere Kapazität, aber nur bei der Umsetzung der Pläne mit Faulungs- und Flotatschlamm-Anlage werde die Einrichtung energietechnisch autark. Weiter sei ein „stufenweiser Ausbau“ möglich, nur das Nachklärbecken sei „ein Muss“. Athanasiadis wies darauf hin, dass eine sukzessive Verbesserung wahrscheinlich die bessere Lösung sei, da in den kommenden Jahren möglicherweise eine staatliche Förderung denkbar sei.

Klaus Breitreiner fragte wegen der Photovoltaikanlage nach, die laut Gemeinderatsbeschluss im Zuge der Sanierung der Kläranlage dort errichtet werden soll. Die beiden Experten und Hans Jahna, Klärmeister der Anlage in Haag, zeigten sich von der Idee nicht überzeugt. „Von Oktober bis März haben wir dort nur begrenzt Tageslicht, weil die Einrichtung in einer Senke liegt“, erklärte Jahna. „Es sollte gut überlegt sein, ob es sinnvoll ist, eine Photovoltaikanlage zu installieren“, meinte er. Bernd Schneider (CSU) wollte wissen, wie hoch die Abwassergebühren für die Bürger „pro Variante“ seien. „Es spielen viele Faktoren mit rein, es ist ein kompliziertes Kalkulationsregelwerk“, erklärte Schätz.

Täglich Fahrten nach Rosenheim nötig

Herbert Zeilinger (WFH) sprach sich für die Variante 4 aus. „Wenn die Kläranlage elektrotechnisch autark läuft, ist das eine gute Sache. Wenn wir uns für diese Investition entscheiden, werden die Kosten jährlich weniger“, so Zeilinger. Wenig Sinn mache für ihn die Anschaffung der Photovoltaikanlage. Eva Rehbein (SPD) und Egon Barlag (FWG) befürworteten ebenfalls die Variante 4 und einen sukzessiven Ausbau. Auch Sabine Binsteiner-Maier (SPD) sprach sich dafür aus. „Wir sollten die Milchwerke Jäger unterstützen, die täglich ihren Klärschlamm nach Rosenheim fahren müssen. Wenn die Touren wegfallen, schont das noch dazu die Umwelt“.

Dem entsprach auch Stefan Högenauer (CSU). Er sei „ein großer Fan“ der stufenweisen Vorgehensweise. „Es spricht viel für die Faulungsanlage, aber der Kostenunterschied zwischen den Varianten ist enorm. Das sind acht bis neun Millionen mehr“, verdeutlichte er. „Diese Summe muss von den Bürgern bezahlt werden. Außerdem haben wir zahlreiche Konkurrenzprojekte, die wir finanziell stemmen müssen. Wir sollten uns das gut überlegen“, regte er an.

Hermann Jäger (PWG), Inhaber der Milchwerke Jäger, warf ein, dass er von der Variante 4 „zum ersten Mal etwas hört“. „Wir sind selbst dran, eine Biogasanlage zu entwerfen, damit wir den Klärschlamm nicht mehr jeden Tag wegfahren müssen. Die Planung mit der Faulungs- und Flotatschlamm-Anlage ist für mich ein völlig neuer Aspekt. Das sollten wir vorher erst besprechen“, so Jäger.

Gespräche führen

Auch Breitreiner und Högenauer waren von dieser Neuigkeit überrascht. „Das muss erst mit den Milchwerken Jäger geklärt werden. Wenn das Unternehmen selbst für den Abtransport des Klärschlamms sorgt, brauchen wir die Variante 4 nicht. Dann reicht ein neues Nachklärbecken aus“, sagte Breitreiner. Für Högenauer ist es „völlig absurd“, etwas zu beschließen. „Wir müssen erst Gespräche mit dem Unternehmen führen“, verdeutlichte er, woraufhin die Bürgermeisterin entgegnete, dass „heute nichts entschieden“ werde. „Die Beschlussfassung lautet nur, Variante 4 zu favorisieren“, erklärte sie.

Rehbein schloss sich an und erläuterte: „Wir geben eine Richtung vor, das ist ja auch eine Absicherung für die Milchwerke Jäger“. Barlag fragte nach, ob sich das Unternehmen gegen die Variante 4 stellen würde, was Jäger verneinte: „Grundsätzlich bin ich dafür“, sagte er.

Der Gemeinderat stimmte mit 10:5 für die Kenntnisnahme der Machbarkeitsstudie. Weiter beschloss das Gremium, die Variante 4 zu favorisieren. Der Ausbau soll stufenweise vonstattengehen. Außerdem sprach sich der Gemeinderat mit 10:5 Stimmen gegen die Installation der Photovoltaikanlage aus.

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