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Antrag auf große Container-Anlage

100 Flüchtlinge in Rosenberg? Warum dieser Vorschlag in Haag hohe Wellen schlägt

Die Container-Anlage an der früheren Romed-Klinik Wasserburg steht schon.
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Das Landratsamt Mühldorf hat bei der Gemeinde Haag wegen eines Container-Standorts angefragt. Hier zu sehen ist die Unterkunft an der früheren Romed-Klinik in Wasserburg.

100 Geflüchtete sollen in Rosenberg in einer großen Container-Anlage untergebracht werden: Warum diese Idee in Haag für große Diskussionen sorgt und wie die Marktgemeinde jetzt entschieden hat.

Haag – Der Haager Gemeinderat hat in seiner jüngsten Sitzung über die Unterbringung von Geflüchteten beraten. „Das Landratsamt Mühldorf hat auf die zunehmende Not hingewiesen, Unterkünfte für Zuwanderer aus verschiedenen Ländern bereitzustellen“, erklärte Bürgermeisterin Sissi Schätz (SPD). Momentan beherberge die Marktgemeinde rund 50 Geflüchtete. Vonseiten des Landratsamts sei ein Grundstück in Rosenberg, in der Nähe der Bogensportanlage, angefragt worden, so Schätz.

Geplant sei dort ein zweistöckiger Container-Riegel, in dem circa 100 Personen Platz finden würden. Das Grundstück soll mit Infrastruktureinrichtungen für Wasser, Abwasser und Strom erschlossen werden. Die Nutzung wäre vorerst auf zwei Jahre beschränkt. Die Anfrage des Landratsamts löste im Gremium eine große Debatte aus.

„Grundsätzlich sehe ich die Notwendigkeit, Unterkünfte zur Verfügung zu stellen. Aber ich habe ein Problem mit einem großen Container in einem kleinen Ort wie Haag. Ich halte nichts von der Zentralisierung von Geflüchteten“, sagte Eva Rehbein (SPD). Dem stimmte auch Bernd Schneider (CSU) zu. „Ich bin dagegen, dass so viele Leute auf einem Haufen wohnen“.

„Integration funktioniert am besten, wenn Leute in Wohnungen und Häusern unterkommen“

Dr. Florian Haas, Gemeinderatsmitglied in Haag

„Haag liegt laut den Unterlagen vom Landratsamt etwas unter dem Durchschnitt, was die Anzahl der aufgenommenen Zuwanderer angeht“, erklärte Dr. Florian Haas (PWG). „Aber manche Kommunen nehmen ja laut diesen Dokumenten gar niemanden auf. Ich bin hin und her gerissen. Integration funktioniert am besten, wenn Leute in Wohnungen und Häusern unterkommen“, war seine Meinung. Schätz entgegnete, dass sie nicht wisse, ob alle Zahlen von ukrainischen Geflüchteten aufgelistet seien, weswegen die Unterlagen der Behörde möglicherweise nicht korrekt wären.

Auch Hermann Jäger (PWG) war skeptisch, was die Statistik anging. „Ich traue den Angaben nicht. Viele Ukrainer, die in der Marktgemeinde leben, sind meiner Meinung nach nicht angegeben“, meinte er. Auch er sprach sich gegen eine Zentralisierung aus. „Häuser und Wohnungen sind die bessere Lösung“, fand er.

Stefan Högenauer (CSU) schloss sich der Mehrheit des Gremiums an. „Ein Standort für 100 Personen, die unter so schwierigen Bedingungen ins Land kommen – da sehe ich schon Konfliktpotenzial. Das haben wir vergangenes Jahr in Oberndorf gesehen. Wir müssen die Befürchtungen der Bürger ernst nehmen. Irgendwas außerhalb des Ortes ist völlig ungeeignet. Es soll ja kein Ghetto entstehen. Es ist nur die Frage, wo wir in Haag eine solche Container-Anlage hinstellen könnten“, so Högenauer.

Auch Egon Barlag (FWG) war gegen die „geballte Unterbringung“ der Zuwanderer. „Wir sollten beim Landratsamt nachfragen, ob sie mit kleineren Einheiten einverstanden wären“, schlug er vor. Das sei aber aus „organisatorischen Gründen“ nicht möglich, erklärte die Rathauschefin. „Es sollen auch ein bis zwei Stellen für Hausmeister geschaffen werden, das würde sich bei einer kleineren Container-Anlage nicht rentieren“.

Eine Erleichterung für alle Beteiligten

Rosmarie Heimann (PWG) sprach sich für eine Unterbringung im Ort aus. „Im Oberndorfer Schulhaus waren schon immer Geflüchtete. Seit 2015 mehrere Jahre lang, bestimmt 25 bis 30 Personen. Der Helferkreis hat ständig Räder oder Fahrten organisiert, damit die Leute mobil sind. Es wäre gut, wenn die Zuwanderer direkt in Haag wohnen würde. Das wäre eine große Unterstützung, auch für die Helfer“, erklärte sie. „Ein Beispiel: Wir hatten eine Familie, die im März ein Baby bekommen hat. Es war ständig etwas zu organisieren: Arzttermine, Impfen, Einkaufen. Das fällt weg, wenn die Familien alles fußläufig erreichen können“, argumentierte sie. Außerdem seien die Container eine „ordentliche Unterkunft, kein altes Haus“. Für alle Beteiligten sei dies eine Erleichterung, so Heimann.

Das sah Wolfgang Obermaier (FWG) ähnlich. „Die Geflüchteten, die in Oberndorf wohnen, tun mir schon leid, wenn ich sie mit vollgepackten Einkaufstüten nach Hause laufen sehe. Die Zuwanderer sollten im Ort untergebracht sein“, fand er. „Was ist denn mit leerstehenden Wohnungen und Häusern? Da sind viele frei“, schlug er vor. Schätz erklärte, dass das Landratsamt die Akquise mache. „Wir sprechen keine Eigentümer an. Wenn Leerstände da sind, müssen sich die Vermieter selbst an die Behörde wenden“.

„Wir haben eine menschliche Verpflichtung. Wir sollten helfen – und auch der Helferkreis muss entlastet werden“.

Siegfried Maier, Gemeinderatsmitglied in Haag

„Wir haben eine menschliche Verpflichtung. Wir sollten helfen – und auch der Helferkreis muss entlastet werden“, zeigte sich Siegfried Maier (SPD) überzeugt. „Und dennoch müssen wir die Befürchtungen der Bürger berücksichtigen. 100 Personen an einem Ort unterzubringen, das sind meiner Meinung nach zu viele. Das können wir dem Landratsamt ja mitteilen“, sagte er.

„Was haben wir denn für eine Alternative?“, fragte Schneider. „Was passiert, wenn wir gegen die Anlage stimmen?“ „Wenn die Geflüchteten nicht mehr untergebracht werden können und keine Wohnungen zur Verfügung stehen, werden die Landkreis-Turnhallen beschlagnahmt“, erklärte Schätz. „Das wäre in Haag die Realschul-Turnhalle. Es ist aber fraglich, ob es so weit kommt. Bisher war es noch nie erforderlich“, betonte sie. Für Thomas Eberharter (CSU) eine harte Konsequenz. „Wenn die Halle belegt wird, ist Schluss mit Schulsport, Schluss mit Vereinssport“, prophezeite er.

Der Marktgemeinderat nahm den Bedarf des Landratsamtes an Grundstücken zur Unterbringung von Flüchtlingen und Asylbewerbern zur Kenntnis. Das Gremium entschied sich mit 11:8 Stimmen dagegen, dem Landratsamt ein Grundstück als Containerstandort für die Flüchtlingsunterbringung zur Pacht anzubieten.

„Sehr demokratisch und ausgewogen“

Nach der Sitzung erklärte einer der Bürger, der die Diskussion verfolgte, aber nicht namentlich genannt werden will, dass er „positiv überrascht“ sei von der Entscheidung des Gemeinderats. Zunächst habe es so ausgesehen, als ob es „in eine andere Richtung“ gehen würde. Er bewertete die Diskussion als „sehr demokratisch und ausgewogen“ und begrüßte ebenfalls eine „dezentrale Lösung“ für die Geflüchteten. Der Zuhörer sieht nach eigenen Angaben – genauso wie das Gremium – großes Konfliktpotenzial in der angedachten Container-Anlage.

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